Afrika

"Demonstration des Hirntodes der NATO": Macron zum "gefährlichen Spiel" der Türkei in Libyen

Der Libyen-Konflikt entzweit weiter die NATO. Mit scharfen Worten verurteilt Frankreichs Präsident Macron das Verhalten der Türkei in dem Konflikt. Indes droht Ägypten mit einer Intervention im libyschen Nachbarland. Ankara zeigt sich unbeeindruckt.
"Demonstration des Hirntodes der NATO": Macron zum "gefährlichen Spiel" der Türkei in LibyenQuelle: AFP © Ludovic Marin/AFP

Er spricht von einem "gefährlichen Spiel" und sieht sich darin bestätigt, der NATO im vergangenen Jahr einen "Hirntod" attestiert zu haben: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron prangert die türkische Haltung im Libyen-Konflikt an.

Insbesondere ein Vorfall vor zwei Wochen sorgt für Ärger in der transatlantischen Militärallianz. Türkische Fregatten hatten am 10. Juni den Frachter Cirkin vor der libyschen Küste begleitet, der offiziell medizinische Güter nach Tunesien bringen sollte. Nachdem zunächst griechische Soldaten im Rahmen der EU-Marinemission Irini erfolglos versucht hatten, aufgrund eines begründeten Verdachts auf Waffenlieferungen den Frachter zu inspizieren, nahm die französische Tarnkappenfregatte Courbet Kurs auf die Cirkin.

Sobald sich die französische Fregatte jedoch dem Frachter näherte und Kontakt aufnahm, erfasste sie die türkische Fregatte TCG Gökova mit der Radarmarkierung mehrmals als Ziel. Angesichts des "extrem aggressiven" Manövers der türkischen Marine sprach Paris anschließend von einem "türkischen Problem" innerhalb der NATO.

Der Vorfall sei laut Macron "eine der schönsten Demonstrationen" seiner Bemerkung über den "Hirntod der NATO", die er im vergangenen Jahr gemacht hatte, nachdem die Türkei Truppen nach Syrien entsandt hatte, ohne ihre Verbündeten zu konsultieren. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte daraufhin, sein französischer Amtskollege befinde sich selbst "in einem Zustand des Hirntodes".

"Die Türkei spielt in Libyen ein gefährliches Spiel und verstößt gegen alle Verpflichtungen, die sie auf der Berliner Konferenz eingegangen ist", sagte Macron am Montag und bezog sich dabei auf das Treffen in der deutschen Hauptstadt im Januar, bei dem man sich auf eine Waffenruhe und die Durchsetzung eines Waffenembargos einigte.

Mehr zum Thema - Schlüsselloch nicht gefunden – Die Hoffnungen der Libyen-Konferenz haben sich nicht erfüllt 

Er habe bereits Gelegenheit gehabt, das auch Erdoğan "sehr deutlich" zu sagen, so der französische Staatschef. "Wir werden die Rolle, die die Türkei heute in Libyen spielt, nicht tolerieren", kündigte Macron an und forderte "ein Ende der ausländischen Einmischung und der einseitigen Handlungen derjenigen", die den Krieg in Libyen beförderten und dadurch die eigene Position zu stärken versuchten.

Ankara sieht sich im Recht – Kairo droht mit Intervention

Die Äußerungen des französischen Präsidenten erfolgten nach einem Treffen mit dem tunesischen Präsidenten Kais Saied in Paris, bei dem es vermutlich unter anderem um die aktuelle Lage in Libyen ging. Ankara unterstützt dort die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch, während Frankreich als Unterstützer seines Gegners Chalifa Haftar gilt, dessen Libysch-Nationale Armee (LNA) den Osten des Landes kontrolliert.

"In Libyen unterstützen wir die legitime Regierung, und die französische Regierung unterstützt einen illegitimen Kriegsherrn und gefährdet die Sicherheit der NATO, die Sicherheit im Mittelmeerraum, die Sicherheit Nordafrikas und die politische Stabilität Libyens", sagte am Montag der Sprecher des türkischen Präsidenten, Ibrahim Kalin.

Macron sieht das völlig anders. Das Engagement der Türkei in Libyen und ein Abkommen über Seegrenzen zwischen Ankara und der Regierung von Tripolis seien "weder mit dem Völkerrecht vereinbar, noch mit dem, was wir von einem NATO-Mitglied erwarten dürfen". Das Verhalten sei nicht mit den Zielen der Europäer und Libyens Nachbarländern im Mittelmeerraum vereinbar, so Macron.

Mehr zum Thema - Libyen-Konflikt mit der Türkei: Zypern ist der Schlüssel

Frankreich ist nicht das einzige Land, das wegen des türkischen Vorgehens in Libyen Alarm schlägt. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi sagte am Samstag, dass die Sicherheit seines Landes mit der Libyens verbunden sei. Ägypten sei berechtigt, in Libyen einzugreifen, um seine Westgrenze zu schützen. Al-Sisi deutete an, dass Kairo im Nachbarland direkt zur Unterstützung der LNA intervenieren könnte – mit der Rückendeckung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate. 

Ägypten habe ein "berechtigtes Anliegen", kommentierte daraufhin Macron. Anfang Juni schloss sich Frankreich einer von Ägypten geführten Allianz an, die sich gegen die Türkei und Ankaras Politik in der Ägäis und Libyen richtet. Auch Griechenland schloss sich dem Bündnis ab, dem ebenfalls Zypern und die Vereinigten Arabischen Emirate angehören.

Von der Interventionsdrohung des ägyptischen Präsidenten zeigt sich Ankara unbeeindruckt. Al-Sisis Aussagen hätten "keine Grundlage", sagte ein hoher türkischer Beamter, der anonym bleiben wollte, am Montag gegenüber Reuters. Die Türkei werde sich nicht davon abhalten lassen, Tripolis zu unterstützen.

"Sisi hat weder die Macht noch den Mut, dies zu versuchen", sagte auch der stellvertretende Vorsitzende der Regierungspartei AKP, Yasin Aktay. Er fügte hinzu, dass sich Algerien einer direkten Intervention Ägyptens widersetzen würde, und wies darauf hin, dass die Türkei NATO-Mitglied ist. 

Libyen, einst das wohlhabendste Land Afrikas, wurde im Jahr 2011 in Chaos und Bürgerkrieg gestürzt, nachdem die NATO eine Rebellion gegen die Regierung von Oberst Muammar al-Gaddafi militärisch unterstützt hatte. Seitdem kämpfen verschiedene Milizen um Macht und Einfluss in dem ölreichen Land.

Mehr zum Thema - Türkei führt die EU vor – Ratlosigkeit bei Regierungssprechern 

 

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.