Heuschreckenplage am Horn von Afrika – Möglicher Vorläufer einer epidemischen Hungersnot
Katastrophe mit Ansage
Während das Coronavirus China fest im Griff hält, erfährt die Region am Horn von Afrika die schwerste Heuschreckenplage seit Jahrzehnten. Die Krise kommt aber nicht von ungefähr. Bereits Ende Juli 2019 warnte die Welternährungsorganisation FAO vor dem Ausbruch einer möglichen Heuschreckenplage im Jemen. Heute stellt das Land das Epizentrum dieser Krise dar, die sich von dort in alle Richtungen ausbreitet. Ende Januar sagte die FAO in einer Meldung voraus, dass sich die Plage in süd- und südwestlicher Richtung weiter ausbreiten könnte. Dies ist mittlerweile geschehen.
In ihrem letzten Krisenupdate meldet die FAO, dass die ersten Schwärme ausgereifter Insekten Uganda und Tansania erreicht haben. Betroffen sind somit weite Teile Ostafrikas, der Arabischen Halbinsel und Südwestasiens. Der Jemen, Äthiopien und Pakistan verbuchen die schlimmsten Verwüstungen. Aber auch in Pakistan ist die Situation bedenklich. In der ersten Februarwoche erklärte Islamabad wegen der Heuschreckenplage den nationalen Notstand.
Die Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria
Nach dem Schlüpfen bildet die sogenannte Wüstenheuschrecke (Schistocerca gregaria) bisweilen Schwärme von mehreren Millionen Tieren, die an einem Tag unter günstigen Windbedingungen bis zu 150 Kilometer zurücklegen können. Die Tiere leben rund drei Monate. Während dieser recht kurzen Lebensspanne legen die Weibchen rund 300 Eier. Insekten dieser Art verzehren täglich ungefähr das Äquivalent ihres eigenen Körpergewichtes an Nahrung – zwei Gramm. Die hohe Reproduktionsrate, das Fressverhalten und die Mobilität dieser Tiere stellen das Kernproblem dar und sorgen dafür, dass die Krise sich stetig verschärft.
Mit den Heuschrecken kommen die Probleme. Es ist der schlimmste Ausbruch von Wüstenheuschrecken in der Region seit Jahrzehnten, von dem derzeit insgesamt 13 Nationen betroffen sind. In Äthiopien, Kenia und Somalia wurden bereits Zehntausende Hektar Acker- und Weideland beschädigt. In der Region, in der 11,9 Millionen Menschen ohnehin keine gesicherte Lebensmittelversorgung haben, könnte dies schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Die Welternährungsorganisation erklärt die Situation wie folgt:
Das Zerstörungspotential ist enorm: Ein Heuschreckenschwarm von einem Quadratkilometer kann dieselbe Menge an Nahrungsmitteln verzehren wie 35.000 Menschen.
Krisenmanagement auf Erfassung und Dokumentation beschränkt
Es gibt praktisch nichts, was man einem Schwarm einer solchen Größenordnung entgegensetzen kann. Aufgrund fehlender technischer Mittel sind den Mitarbeitern der FAO die Hände gebunden. Sie müssen sich darauf beschränken, die Ausmaße der Plage mithilfe von Drohnen und Ultraschallgeräten zu erfassen und zu dokumentieren. Professionelle, effektive Gegenmaßnahmen sind nicht einmal im Ansatz vorhanden. Die Menschen vor Ort greifen derweil auf die einzigen Optionen zurück, die sie haben. An einigen Orten versucht man, die Eier mit Pestiziden abzutöten – mithilfe von Handpumpenspritzen, die die wenigen Helfer auf dem Rücken tragen. Andere versuchen, die ausgewachsenen Insekten zu verjagen, indem sie mit Holzstöcken Lärm erzeugen oder die Tiere schlicht von den Pflanzen herunterklopfen, aufscheuchen und zum Weiterflug zwingen. Dass diese Methoden wenig Erfolg haben, ist selbsterklärend. Alphonse Owuor, Mitarbeiter der FAO vor Ort des Geschehens, sagte gegenüber dem Medienportal Al Jazeera:
Falls die Wetterbedingungen und die Fortpflanzung anhalten, so wie es im Moment in Somalia und dem nördlichen Kenia der Fall ist, kann sich die Population auf das Fünfhundertfache erhöhen.
Am Horn von Afrika droht eine Hungersnot
Bereits jetzt fliehen Hunderttausende vor der immensen Zerstörung in andere Regionen und die größeren Städte ihrer jeweiligen Länder. Vor dem Hintergrund der negativen Prognosen ist zu erwarten, dass die Anzahl der Menschen, die vor der Plage fliehen, erheblich steigen wird. Hierdurch verschlechtert sich die Situation zusätzlich, da die Bauern ihre angeschlagenen Felder zurücklassen. Somit ist ein totaler Ernteausfall in den unmittelbar betroffenen Regionen garantiert. Dies macht mittelbar einen Zusammenbruch der Nahrungsmittelversorgung für weitere Regionen wahrscheinlich. Am Horn von Afrika droht eine weitere Hungersnot, die nach unbestätigten Schätzungen mehreren Millionen Menschen das Leben kosten könnte.
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