Streit mit Uruguay wegen Freihandelsabkommen mit China – Die Ergebnisse des Mercosur-Gipfels
Eine Analyse von Maria Müller
Das 60. Gipfeltreffen der Präsidenten des Südlichen Gemeinsamen Marktes (Mercosur) endete diesen Donnerstag in der Stadt Luque in Paraguay. Die Mitgliedsländer verpflichteten sich zu einer koordinierten Zusammenarbeit, um die nachteiligen Auswirkungen der hohen Lebensmittel- und Kraftstoffpreise zu bewältigen. Die Präsidenten Paraguays, Mario Abdo Benítez, Argentiniens, Alberto Fernández, und Uruguays, Luis Lacalle Pou, diskutierten gemeinsam die Probleme der Region, während Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro kurzfristig abgesagt hatte. Er teilte sich per Videokonferenz seinen Kollegen mit.
Bei dem Treffen wurden Themen wie Ungleichheiten in den Handelsbeziehungen, Vereinbarungen mit anderen Ländern und Wirtschaftsregionen, Energieknappheit und die globale Krise infolge der COVID-19-Pandemie angesprochen. Auch der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine stand auf der Tagesordnung.
Zum Abschluss des Gipfels äußerten die Präsidenten in einer gemeinsamen Erklärung ihre "Besorgnis über die nachteiligen Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine auf die Lieferketten von Lebensmittelprodukten aufgrund steigender Kosten und des Angebotsrückgangs".
In diesem Sinne einigten sich die Präsidenten auf die Notwendigkeit, "gemeinsame Ansätze vorzuschlagen, um regionale Wertschöpfungsketten zu stärken, die produktiven Vorteile der Region zu nutzen, Investitionen zu fördern und an einer dynamischen Agenda für Außenbeziehungen zu arbeiten".
Fernández erinnerte daran, dass bei seinen letzten Besuchen und Interventionen in internationalen Foren klar wurde, dass "Europa die Energie Lateinamerikas verlangt". Er betonte, dass Argentinien, Bolivien und Chile über die größten Lithiumreserven der Welt verfügen. "Sie sollten zusammenarbeiten, um davon zu profitieren", schlug Fernández vor.
Das individuelle Verhandeln Uruguays mit China
Das Freihandelsabkommen (FTA) mit China, das Uruguay zurzeit im Alleingang vorbereitet, hatte die größten Erwartungen des Gipfels geweckt. Andere Mitglieder stellten das Vorgehen Uruguays infrage, da es die Statute des Wirtschaftsbundes verletze.
Der argentinische Staatschef überlegte in seiner Rede, der Block dürfe sich nicht durch Einzelprojekte aufspalten und "individuelle Lösungen suchen", da das "kurzlebig" sei. Im Gegenteil sei es notwendig, gegenüber China gemeinsam vorzugehen, wenn eine kommerzielle Verständigung mit dem asiatischen Riesen konkretisiert werden könne.
"Ich weigere mich überhaupt nicht, das zu analysieren, was mein Freund Lacalle Pou Flexibilität nennt, ich möchte nur, dass wir weiterhin zusammen reisen", sagte Fernández.
Der Präsident Uruguays hielt jedoch an der Idee fest, die bilateralen Verhandlungen fortzusetzen. Allerdings schloss er einen gemeinsamen Weg nicht aus. Er sagte:
"Wir werden vorankommen, und wenn wir mit Partnern gemeinsam handeln können, desto besser."
Und weiter:
"In wenigen Tagen verhandeln unsere Arbeitsgruppen mit den chinesischen Teams, um das Freihandelsabkommen voranzubringen."
Lacalle Pou versicherte, dass seine Regierung nach Abschluss dieser Verhandlungen "als Erstes" mit den Mercosur-Partnern Gespräche führen werde, um ein gemeinsames Vorgehen abzuklären.
Der paraguayische Präsident Abdo Benítez verdeutlichte seine Position zu diesem Thema, das bereits im Vorfeld des Gipfels zu Spannungen geführt hatte. Er betonte:
"Die globale kritische Situation erfordert mehr denn je, dass wir unsere Energien darauf konzentrieren, gemeinsame politische Position zu erarbeiten, die es ermöglichen, die Bedürfnisse unserer Völker zu befriedigen."
Und weiter:
"Man muss die Auswirkungen auf jedes der beteiligten Länder abschätzen, wenn man Handelsabkommen individuell mit verschiedenen Volkswirtschaften aushandelt."
Brasiliens Jair Bolsonaro schickte eine Videobotschaft, in der er den erzielten Konsens zur Senkung des Gemeinsamen Außenzolls (AEC) um zehn Prozent begrüßte. Die Maßnahme werde einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Inflation leisten.
Bolsonaro betonte, dass es notwendig sei, die Handels- und Investitionsströme in Lateinamerika und der Karibik fortzusetzen und auszuweiten, regionale Wertschöpfungsketten zu stärken und die Anfälligkeiten für internationale Krisen zu verringern.
Am Ende des Treffens weigerte sich Lacalle Pou jedoch, eine gemeinsame Pressemitteilung zum regionalen Integrationsprozess zu unterzeichnen. Laut der uruguayischen Zeitung El País war die Ablehnung darauf zurückzuführen, dass eine seiner Forderungen, den Block "zu modernisieren und flexibler zu machen", nicht in den Text aufgenommen wurde. Offensichtlich bestehen die Differenzen aufgrund seiner einseitigen Verhandlungen mit China nach wie vor.
Abkommen mit Singapur und weitere Ergebnisse
Am Mittwoch wurde während der ordentlichen Sitzung der Außenminister aller Mitgliedsländer der Abschluss des Verhandlungsprozesses mit Singapur über die Unterzeichnung eines "State of the Art"-Abkommens offiziell angekündigt. Der Wirtschaftsblock betonte, dass die Übereinkunft mit Singapur das erste seiner Art mit einem Land aus Südostasien ist.
Ebenfalls am Mittwoch beschloss der Gipfel, eine Videoansprache des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij an die Präsidenten des Regionalblocks nicht zuzulassen. Es habe keinen Konsens darüber gegeben.
Ein weiteres Ergebnis war schließlich die Bereitschaft der Vertragsstaaten, den Beitrittsprozess Boliviens in den Block zu beschleunigen, um "den südamerikanischen Integrationsprozess zu stärken".
Uruguay erhielt die temporäre Präsidentschaft des Blocks von Paraguay.
Mehr zum Thema - Mercosur-Gipfel: Uruguays Bemühen um ein Handelsabkommen mit China verursacht Spannungen
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.