Vorwahlen in Argentinien: Hoher Wahlsieg für die Peronisten – Niederlage für Präsident Macri
von Maria Müller
Die Ergebnisse der Vorwahlen in Argentinien kamen ohne Erklärung fast vier Stunden zu spät an die Öffentlichkeit. Doch dann ließ die große Überraschung alle Zweifel verblassen. Die Opposition hatte mit weitem Vorsprung gewonnen. Das progressive Bündnis "Front für Alle" (Frente para Todos) übertraf mit 47 Prozent die eigenen Erwartungen. Der bisherige Präsident Mauricio Macri und seine Partei "Zusammen für den Wandel" (Juntos por el Cambio) erlitt mit nur 32 Prozent der Stimmen eine eindeutige Niederlage.
Damit ist der endgültige Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober für Alberto Fernández und dessen Vize-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zum Greifen nah. Die Vorwahlen der Kandidaten für die Präsidentschaft und die Provinzregierungen gelten in Argentinien allgemein als Vorschau zu den Hauptwahlen.
Mehr zum Thema - Argentinien im Wahlkampf: Ex-Präsidentin Kirchner verkündet überraschende Entscheidung
"Wir wollen ein neues Argentinien schaffen, in dem die Risse, die Spaltungen und die Rachegedanken keinen Platz mehr haben", rief der Kandidat Fernández vor einer Menge von euphorischen Anhängern. Und: "Wir werden wieder aufbauen, was andere zerstört haben."
Eine Reihe von kommunalen Wahlergebnissen der vergangenen Monate deuteten in den Provinzen Argentiniens bereits darauf hin, dass sich die Regierungspartei von Mauricio Macri auf Talfahrt befand – obwohl sie an einigen Orten die bisherigen Stimmen halten konnte. Die katastrophale Wirtschaftspolitik der Regierung hat zu über einer Million hungernder Kinder geführt, ein Drittel der Bevölkerung zurück in die Armut katapultiert und eine Inflation von über 50 Prozent hervorgebracht.
Bei den landesweiten Kandidatenwahlen vom vergangenen Sonntag musste Macri fast überall Verluste hinnehmen. Doch sie bewegten sich meist zwischen ein und vier Prozent. Die krasse Niederlage kam daher nicht in erster Linie durch ein massives Abwandern der konservativen Stammwählerschaft zustande. Ausschlaggebend war vor allem eine neue Geschlossenheit der peronistischen Bewegung und deren hohe Wahlbeteiligung.
Analytiker vermerken allerdings, dass sich die Mittelschicht Argentiniens in Bewegung befindet und dem Macri-Lager den Rücken zukehrt. "Das ist eine Welle, die vor einigen Monaten begann und deren Ende noch nicht abzusehen ist", kommentierte ein argentinischer Fernsehjournalist die neuen Stimmerverhältnisse.
Der unter Cristina Fernández de Kirchner amtierende Wirtschaftsminister Axel Kicillof und jetzige Kandidat für das Gouverneursamt in Buenos Aires erhielt fast 50 Prozent. Damit ließ er die bisherige, durchaus beliebte Gouverneurin und Macri-Anhängerin María Eugenia Vidal mit ihren nur 30 Prozent weit hinter sich.
Ein Großteil des Zuwachses für die progressive "Front für Alle" kommt aus dem Spektrum der abgespaltenen Peronisten. Vor allem die Partei "Föderaler Konsens" mit seinem Anführer Roberto Lavagna musste herbe Verluste von über zwölf Prozent hinnehmen. Diese Wähler finden sich unter den rund zwölf Prozent Zugewinn der "Front für Alle" des Teams Fernández-Fernández wieder. Lavagna war Wirtschaftsminister in der Regierung von Néstor Kirchner, profilierte sich anschließend an der Spitze einer unabhängigen, sogenannten dritten Kraft.
Alles in allem zeichnet sich hier der Trend zu einer neuen Einheit der Peronisten ab, die vom Wahlvolk ganz demonstrativ vollzogen wurde. Die Führungsspitze von "Föderaler Konsens" will sich jedoch weiterhin außerhalb der progressiven Koalition als dritte Kraft behaupten und so das Zünglein an der Waage spielen. Man wolle auf jeden Fall einen Wahlsieg Macris verhindern.
Bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober genügen 45 Prozent der Stimmen für einen Wahlsieg. Das Team Fernandez-Fernandez hat diese Grenzlinie bereits überschritten. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, im Oktober schon in der ersten Runde zu gewinnen. So bliebe dem Land ein zweiter Urnengang, die "Ballotage", erspart.
Mauricio Macri hielt noch vor Bekanntgabe der Ergebnisse eine kurze Rede, in der er zugab, "eine sehr schlechte Wahl gemacht zu haben." Dabei kritisierte er die Umfrageergebnisse und Wahlprognosen, die allesamt ein falsches Bild verbreitet haben. Demnach würde der Peronismus nur einen sehr knappen Sieg erringen. Die Wirklichkeit strafte die Umfragefirmen der Lügen.
Die Reaktion der Finanzmärkte auf den Wahlsieg der Progressiven war am Montag entsprechend panisch. Der argentinische Peso wurde um 30 Prozent abgewertet. Noch am vergangenen Freitag, als die letzten Umfragen Mauricio Macri begünstigten, stiegen alle Werte in die Höhe. Die argentinische Börse beendete diesen Tag mit einem hohen Abschluss, der Vertrauensindex in die argentinische Wirtschaft stieg an, ebenso der Dollar.
Doch am Montag verzeichnete die argentinische Börse hohe Verluste, argentinische Aktien fielen in den Keller. Der Dollarpreis verteuerte sich um ein Drittel. Die argentinische Zentralbank erhöhte den Zinssatz bis auf 74 Prozent, und verkaufte 100 Millionen Reserve-Dollar, um die Abwertung des Peso zu bremsen. Auch an der Wall Street erlitten die argentinischen Aktien einen schwarzen Montag, besonders die aus dem Energie- und Bankensektor.
Der Dollar-Preis hat eine zentrale Bedeutung für die Politik und Wirtschaft in Argentinien. Die Mittel- und Oberschicht sichert ihre Ersparnisse in Dollars, um sie gegenüber den häufigen Krisen zu schützen. Sein Wert beeinflusst in großem Ausmaß die Inflation. Nicht nur wegen der importierten Güter, sondern auch weil die kleinen Dienstleister und kleinen Fabriken schnell die Preise erhöhen, um eigene Verluste zu verringern.
In seiner Wahlkampagne kündigte der nun siegreiche Präsidentschaftskandidat Alberto Fernández an, den extrem hohen Zinssatz der argentinischen Zentralbank (60 Prozent) herunterzufahren. Außerdem werde er versuchen, Macris Anleihe beim Internationalen Währungsfond (IWF) in der Höhe von 57.000 Millionen Dollar neu zu verhandeln.
Es wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen, inwieweit das große internationale Kapital bereit und in der Lage sein wird, demokratische Wahlen zu respektieren, ohne das entsprechende Land durch Wirtschafts- und Finanzsanktionen in den Abgrund zu treiben.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.