Nach gescheitertem Militäreinsatz in Gaza: Wie Israel durch Anschlagserie das Blatt wenden will
Von Armin Schmitt
Das blutige Massaker in Iran und die Ermordung eines Anführers der Hamas in Libanon sowie den gezielten Anschlag auf einen General der iranischen Revolutionsgarde haben die gefährlichen Spannungen im Nahen Osten weiter erhöht, nachdem Israel seine Ziele in Gaza verfehlt hat.
Nach dem gezielten Anschlag auf den Vizechef des Politbüros der Hamas, Saleh al-Aruri, am 2. Januar in der libanesischen Hauptstadt Beirut warnte die Hisbollah Israel vor einer Eskalation des Konflikts mit dem Libanon. Der Mossad-Terroranschlag in der libanesischen Hauptstadt, der von einer Drohne ausgeführt wurde, war nicht nur ein Affront gegen die libanesische Regierung. Er war vor allem eine Provokation gegen die mächtige Schiitenorganisation Hisbollah. Sie ist mit der Hamas verbündet und kontrolliert die dicht besiedelten südlichen Vorstädte von Beirut, wo sich die tödliche Explosion ereignete. Bei dem Anschlag sollen neben al-Aruri weitere Kommandeure der palästinensischen Widerstandskämpfer getötet worden sein.
Israel hatte zudem Ende Dezember den iranischen General Sayyed Razis Mousavi durch einen gezielten Luftangriff auf eine Farm nahe Damaskus ermordet. Der Sprecher der iranischen Revolutionsgarden, Ramezan Sharif, warf seinerzeit Israel vor, mit der Ermordung Mousavis den Krieg auf andere Länder ausweiten zu wollen.
In der Vergangenheit hat es immer wieder gezielte Luftangriffe auf ranghohe Revolutionsgardisten in Syrien gegeben, die Israel zugeschrieben wurden. Schon seit Beginn der blutigen Militäroperation der IDF sieht sich Israel einem "Mehrfrontenkrieg" gegenüber. Einige Tage vor dem jüngsten Terroranschlag in Iran erklärte der israelische Verteidigungsminister, dass Tel Aviv an sechs von sieben Fronten bereits reagiert habe.
Bei zwei Terroranschlägen nahe dem Grab des 2020 ermordeten iranischen Topgenerals Qassem Soleimani am Dienstag wurden mehr als 100 Menschen getötet und zahlreiche weitere Menschen verletzt. Am vierten Jahrestag seiner Ermordung kam es zu diesem Massaker in der iranischen Stadt Kerman. Soleimani wird in Iran als Kriegsheld gefeiert. Er war am 3. Januar 2020 bei einem US-amerikanischen Luftangriff im irakischen Bagdad gezielt ermordet worden. Mit mindestens 100 Toten (darunter sechs Kinder) ist dieser jüngste Angriff mittlerweile der tödlichste Terroranschlag in der Geschichte der Islamischen Republik Iran. Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei hat nach der Terrorattacke in Kerman eine scharfe Reaktion angekündigt. "Sie sollen wissen, dass diese katastrophale Tat eine harte Antwort nach sich ziehen wird, so Gott will", sagte der Religionsführer am Mittwoch. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass Israel daran beteiligt sei, sagte demgegenüber der Sprecher des US-amerikanischen Außenministeriums, Matthew Miller, als erste Reaktion auf das Massaker in Kerman.
Israel hat seine Ziele in Gaza-Krieg verfehlt, während es derzeit seine Einheiten stückweise aus dem Gazastreifen zurückzieht. Der Schritt erfolgt, nachdem die IDF in den vergangenen Wochen wahllos Infrastrukturen in Gaza bombardiert und abertausende Zivilsten und Kinder durch Luftangriffe getötet hatte. Israel ist es allerdings nicht gelungen, Hamas-Funktionäre in Gaza zu töten oder israelische Geiseln freizubekommen. Hinzu kommt, dass die Hamas weiterhin Raketen auf Israel abfeuert: In der Neujahrsnacht hatte es in mehreren israelischen Städten erneut Raketenalarm gegeben. Israel erwartet nun Krieg "im Verlauf dieses ganzen Jahres".
"Die Ziele des Krieges erfordern einen längeren Kampf, und wir bereiten uns entsprechend vor", sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Dies ist indes ein klares Anzeichen für die gescheiterte Bodenoffensive in Gaza.
Es besteht nun die Gefahr, dass Israel vor diesem Hintergrund einen ausgewachsenen Regionalkrieg provozieren will, um vom Versagen der IDF in Gaza abzulenken. Zumal Südafrika wegen der israelischen Kriegsverbrechen in Gaza kürzlich vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag Klage eingereicht hat. Die Zeit läuft gegen Israel und die Achse des Widerstands ist sich dessen bewusst, dass sie bei einem möglichen Vergeltungsschlag auch Israels Kalkül in Betracht ziehen sollte. Teheran machte bereits deutlich, mit einer "Kombination aus direkten und von anderen ausgeführten Aktionen innerhalb der Achse des Widerstands" auf Mossad-Aktionen in der Region reagieren zu wollen.
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