Nahost

Gaza: Israel beginnt angekündigte Bodenoffensive – UN spricht von "ethnischer Säuberung"

Die israelischen Streitkräfte (IDF) gaben am Sonntag bekannt, dass sie im Rahmen einer neuen Großoffensive "umfangreiche Bodenoperationen" in mehreren Gebieten des Gazastreifens begonnen haben. UN-Menschenrechtskommissar Türk spricht von einem Verstoß gegen das Völkerrecht und erkennt eine "ethnische Säuberung".
Gaza: Israel beginnt angekündigte Bodenoffensive – UN spricht von "ethnischer Säuberung"© Screenshot: X/IDF/Oren Cohen/Flash90

Die IDF-Truppen sind im Rahmen der benannten Operation "Gideons Streitwagen" (Gideon’s Chariots) sowohl in den nördlichen als auch in den südlichen Teil des Gazastreifens vorgedrungen. Ein Sprecher der israelischen Streitkräfte erklärte zu dem angekündigten Vorgehen am Sonntag, dass demnach fünf Divisionen im Gazastreifen operieren. Dies wäre damit "das erste Mal seit Anfang 2024, dass sich eine so große Anzahl von Soldaten in der Enklave befindet". Nach einer Welle von Luftangriffen in der Nacht auf Sonntag, bei denen nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden bereits mehr als 100 Menschen getötet wurden, hat die israelische Armee damit nun die groß angelegte Bodenkampagne gestartet. Der österreichische UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk kritisierte das Vorgehen mit scharfen Worten und sprach von erkennbarer "ethnischer Säuberung".

Die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) bestätigten, dass sie mit "umfangreichen Bodenoperationen" im nördlichen und südlichen Teil der Enklave begonnen haben, während die Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln in Katar weitergehen. In einer Stellungnahme vom Sonntag erklärte das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, das Verhandlungsteam in Doha arbeite daran, "alle Möglichkeiten für eine Einigung auszuschöpfen", betonte jedoch, dass "jede mögliche Einigung die Freilassung aller Geiseln, die Ausweisung von Hamas-Mitgliedern aus dem Gazastreifen und die vollständige Entwaffnung des Gebiets beinhalten müsse".

Unbeeindruckt von der internationalen Kritik, wurden nach Angaben der IDF seitens der israelischen Luftwaffe in der vergangenen Woche mehr als 670 Ziele der Hamas angegriffen. Nach Angaben des Gaza-Gesundheitsministeriums wurden dabei allein bei den unerbittlichen Luftangriffen in der Nacht zum Sonntag mehr als 100 Menschen getötet, womit sich die Zahl der Todesopfer in einer Woche auf weit über 400 erhöht hat, wie die Times of Israel berichtete. Mit der Operation "Gideon’s Chariots" solle zunächst die Kontrolle in einigen Gebieten des Gazastreifens erlangt und eine Rückkehr der Hamas verhindert werden. 

Die verbliebenen Hilfskräfte in Gaza teilen dazu mit, dass die überlasteten Krankenhäuser immer mehr Mühe haben, die stetig steigenden Zahlen von Verwundeten zu bewältigen. "Die Krankenhäuser sind mit der steigenden Zahl der Verletzten – darunter viele Kinder – überfordert und haben mit einem erheblichen Mangel an medizinischen Hilfsgütern zu kämpfen", so der Sprecher des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen, Khalil al-Deqran. So wurde letzte Woche das wichtige "Europäische Krankenhaus" in Khan Yunis bei einem Luftangriff so schwer beschädigt, dass es nicht mehr nutzbar ist. 

Volker Türk, seit 2022 UN-Chef für Menschenrechte, fand zum Ende der Vorwoche eindeutige Worte zu der mutwilligen und drastischen Eskalationsstrategie der israelischen Angriffe im Gazastreifen. Am Freitag letzter Woche erklärte er wörtlich:

"Dieser jüngste Bombenhagel ... und die Verweigerung humanitärer Hilfe unterstreichen, dass offenbar eine permanente demografische Verschiebung im Gazastreifen angestrebt wird, die gegen das Völkerrecht verstößt und einer ethnischen Säuberung gleichkommt."

"Wir müssen die Uhr dieses Wahnsinns anhalten", so Türk weiter. In einem X-Beitrag der UN heißt es am heutigen Montag:

"Wenn nicht sofort gehandelt wird, könnte fast ein Viertel der Bevölkerung in eine Hungersnot getrieben werden. Nahrungsmittelhilfe muss jetzt in den Gazastreifen gelangen, um eine Katastrophe zu verhindern."

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza sind seit März mehr als 3.000 Menschen durch die jüngsten IDF-Attacken getötet worden. Nach Angaben israelischer Beamter zielt die jüngste Operation rein darauf ab, strategische Gebiete im Gazastreifen einzunehmen und zu halten, die Militär- und Regierungsnetzwerke der Hamas zu zerschlagen und die Gruppe daran zu hindern, humanitäre Hilfe abzufangen.

Das israelische Militär hat am Montag die Bewohner von Chan Yunis – der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens – aufgefordert, "unverzüglich zu fliehen und vor einem 'beispiellosen Angriff' gewarnt", so Al Jazeera. Der eindeutige Vertreibungsbefehl, den der israelische Militärsprecher Avichay Adraee auf X veröffentlichte, gilt demnach auch für die nahe gelegenen Gebiete Bani Suhaila und Abasan. "Von diesem Moment an wird das Gouvernement Chan Yunis als gefährliche Kampfzone betrachtet", heißt es weiter wörtlich in der Mitteilung.

Auf einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Bagdad teilte UN-Generalsekretär António Guterres am Samstag mit, er sei "beunruhigt" über die eskalierende Gewalt und forderte einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand. So heißt es in einem X-Beitrag vom 17. Mai:

"Ich betone, dass die UN sich an keiner Operation beteiligen werden, die nicht im Einklang mit dem Völkerrecht und den humanitären Grundsätzen – Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität – steht. Ich wiederhole meinen Aufruf zur vollen Unterstützung der Arbeit von UNRWA. Und ich lehne die wiederholte Vertreibung der Bevölkerung ab – ebenso wie jede Frage der Zwangsumsiedlung außerhalb des Gazastreifens."

Der Sender NBC News mutmaßt über ein Vorhaben der Regierung von US-Präsident Trump, wonach Palästinenser final nach Libyen umgesiedelt werden sollen (RT DE berichtete).

UN-Organisationen warnen seit Monaten vor einem gravierenden Mangel an lebenswichtigen Gütern in dem Gebiet.

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