Bericht: Litauen bereitet Gebietsansprüche auf Kaliningrader Gebiet vor
Russland besetze zu Unrecht das kulturhistorische Gebiet "Kleinlitauen". Diese noch verdeckt verbreitete Doktrin sei Teil des strategischen NATO-Plans das Kaliningrader Gebiet von Russland zu entfremden. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht des russischen analytischen Portals RuBaltic, das am Mittwoch veröffentlicht wurde.
In diesem 60-seitigen Dokument setzt sich sein Autor, der Journalist, Politikwissenschaftler und Mitglied der Gesellschaftskammer des Kaliningrader Gebiets Alexander Nossowitsch, mit militärischen und pseudohistorischen Aspekten der langfristig angelegten Strategie auseinander. Am Mittwoch stellte er seinen Bericht im Rahmen der Online-Fachkonferenz "75 Jahre Kaliningrader Gebiet: Die geopolitischen Herausforderungen eines feindlichen Umfelds" vor.
"Die Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Schaffung von Spannungen rund um Kaliningrad sind nach wie vor wichtige Bestandteile der Strategie zur 'Eindämmung' Russlands", heißt es in der Präambel. Die westlichen Staaten hätten das Kaliningrader Gebiet jahrzehntelang als Quelle ständiger Bedrohung für ein "freies Europa" bezeichnet, Russland werde die übermäßige Militarisierung seines westlichen Außenpostens vorgeworfen.
"Gleichzeitig wird auf Betreiben westlicher analytischer Zentren die Abtrennung Kaliningrader Gebiets von Russland als die zuverlässigste Garantie für die Sicherheit der osteuropäischen NATO-Länder angesehen." Eines dieser Zentren sei das NATO Strategic Communications Centre of Excellence, das in Riga im August 2021 eröffnet wurde und vor allem auf aus dem Arsenal des Kalten Krieges stammende psychologische Methoden der Kriegsführung setze.
Der Autor zitiert dazu ausführlich führende US-Militärs wie etwa den ehemaligen Oberbefehlshaber des United States European Command (USEUCOM) und NATO-Kommandeur in Europa Philip Mark Breedlove und ehemaligen Nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten Robert O'Brien.
Das russische Gebiet zwischen Polen und Litauen sei eine "Festung", durch die sich die Truppen des Bündnisses (NATO) ihren Weg bahnen müssten. "Wir müssen sicherstellen, dass wir sie besiegen können", sagte Breedlove im Jahre 2016 während einer Anhörung im US-Senat. Weitere rhetorische Maßstäbe setzte O'Brien in einem Interview mit der Bild im Mai 2020:
"Was die Russen in der Region Kaliningrad vorhaben, ist ein Dolch im Herzen Westeuropas."
In Bezug auf Kaliningrad habe sich nicht nur bei Journalisten oder Politikern aus der NATO-Peripherie eine "Sprache des Hasses" gebildet, sondern auch bei den höchsten Amtsträgern in den USA, schlussfolgert der Politologe. Die militärische Lösung des "Problems" sei aus westlicher Sicht dennoch unrealistisch, betont er. In dieser Situation gewinnen die Narrative an Bedeutung, die den russischen Anspruch auf das Gebiet in Frage stellen.
Der schleichenden "Germanisierung" der Region und Herausbildung der sogenannten "Königsberger Identität" wurde zwar mit der Schließung einiger deutschen NGOs vorerst ein Riegel vorgeschoben. Moskau beobachte die Situation ganz genau. An dieser Stelle kommt im Bericht der russische Außenminister Sergei Lawrow zu Wort. "Ich weiß, dass es auch hier Versuche gibt, die Situation zu destabilisieren. Wir wissen, dass einige Ideologen unter unseren ausländischen Partnern versuchen, die sogenannte Königsberger Identität zu implantieren", soll er bei seinem Besuch in Kaliningrad im August 2021 gesagt haben.
Die Gefahr des Separatismus kommt laut der Studie auch von einer anderen, weniger bekannten Seite – aus Litauen. Der russische Analytiker weist auf die Doktrin des sogenannten Kleinlitauen hin. Für ihn steht es außer Zweifel, dass diese historische Region, auch als "Preußisch-Litauen" bekannt, eine wichtige Rolle vor allem in der Kulturgeschichte des litauischen Volkes spielte. Heute umfasst sie das heutige Gebiet Klaipėda in Litauen und den Osten der russischen Kaliningradskaja Oblast. Nossowitsch weist aber darauf hin, dass kurz vor dem Zweiten Weltkrieg die litauischstämmige Bevölkerung in Ostpreußen nur noch wenige zehntausend Menschen zählte und weitgehend germanisiert war. Beim Vorrücken der Roten Armee, als die Hitler-Truppen aus dem sowjetischen Hinterland zurückgeschlagen wurden, floh sie zusammen mit den Deutschen aus Ostpreußen.
Aus dieser Tatsache werde nun in Litauen die Genozid-Doktrin konstruiert. Dies sei in Litauen nun der offizielle Standpunkt, betont der Autor. "Die Ankunft der Roten Armee in Ostpreußen und die Niederlage des Nationalsozialismus in seiner eigenen Höhle – dem Gebiet des Dritten Reiches – bezeichnet Litauen als Völkermord an der Zivilbevölkerung." Seit 2007 werde der 16. Oktober in der Republik Litauen jedes Jahr als Tag des Gedenkens an die Opfer des Völkermords an den Bewohnern von Kleinlitauen begangen.
"Im Oktober 1944 begann im größten Teil Kleinlitauens der Völkermord an den Einwohnern – mehr als 300.000 Menschen wurden getötet und 100.000 deportiert", heißt es in der offiziellen litauischen "Geschichtsfabrik" – dem Zentrum für Völkermord- und Widerstandsforschung.
Diese und andere "Erkenntnisse" wie etwa die Behauptung, die Sowjetunion habe das Gebiet Kaliningrad nur vorübergehend für 50 Jahre erhalten und müsse es nun zurückgeben, bezeichtet Nossowtisch als grobe Fälschungen und Mythen. Die Lügen seien so dreist, dass offenbar damit gerechnet wird, dass das offizielle Moskau sie deshalb ignorieren werde. Davor warnt Nossowitsch.
Er zählt Dutzende Publikationen in der litauischen Presse aus den letzten Jahren, die diese Theorien stützen. "Wer wird Russland daran erinnern, dass Königsberg nicht zu ihm gehört?" oder "Die Hoffnung auf die Rückgabe der preußisch-litauischen Gebiete an Litauen" heißt es in den Schlagzeilen.
Zahlreiche litauische Vereine und NGOs mit besten Verbindungen in die USA und Kanada seien mit der Pflege des kleinlitauischen Erbes betraut, deren Einfluss bis auf russisches Gebiet reicht. In Litauen reden mittlerweile auch schon die bekanntesten Politiker ganz offen von der "russischen Annexion". So sagte der für seine russophobe Positionen bekannte Ex-Präsident Litauens, der "Vater der Nation" Vytautas Landsbergis, im letzten Jahr:
"Wir müssen wissen, was für einen Nachbarn wir im Osten und sogar auf der Seite des annektierten Kaliningrader Gebiets haben: den russisch-weißrussischen Unionsstaat mit zwei Köpfen und zwei Schwänzen, der jederzeit wie eine Zange losgelassen werden kann, um uns zu zermalmen."
Informationen über die angebliche Rechtsmäßigkeit litauischer Ansprüche gelangen illegal auch nach Kaliningrad – in Form von kostenlosen Zeitungen, Schulheften, Hotelflyern, Touristeninfos und sonstigen Druckerzeugnissen, die von der russischen Aufsichtsbehörde nicht erfasst werden können. Die Strategie ziele darauf ab, das Massenbewusstsein auf diesem Wege langfristig den Gedanken vorzubereiten, Russland befinde sich als Besatzer in Kaliningrad. Wichtige Akteure im Westen seien mit dieser Doktrin schon vertraut.
"Der Zweck der Verbreitung dieser Mythologie ist die Revision der Nachkriegsgrenzen und der rechtlichen Eigentumsverhältnisse des Kaliningrader Gebiets."
Außerdem eröffne eine solche "kreative Geschichtsinterpretation" litauischen Politikern die Möglichkeit, von Russland Reue und Entschädigung für die Opfer des "litauischen Holocausts" zu verlangen. Die Position von Vilnius zum Schicksal Kleinlitauens sei immer mit der Forderung nach einer Entmilitarisierung des Kaliningrader Gebiets verbunden, betont der russische Kenner der Region und zitiert die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaitė in ihrer Rede an die Nation vor dem Seimas (dem litauischen Parlament) im Jahre 2014:
"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, das Kaliningrader Gebiet ist die Wiege der litauischen Literatur und Kunst, aber hier werden die Waffen gegen uns geschwungen."
Diese Position sei für die Kaliningrader völlig inakzeptabel, betonte Nossowitsch auf der Online-Konferenz, die von der russischen internationalen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja organisiert worden war. Er merkte an, dass es Litauen angesichts der Blockadepolitik an der Grenze zu Russland gar nicht um die Pflege der litauischen Kultur oder die Sorge um 12.000 Litauer gehe, die in der russischen Exklave leben. "Da sie ihre Verwandten oft hinter der Grenze haben, leiden vor allem sie unter dem Abbruch der Beziehungen." Der Autor erinnert daran, dass Litauen sich viele Jahre weigerte, seinen Beitrag zur Finanzierung des Museums des Urvaters der modernen litauischen Literatur Kristijonas Donelaitis auf dem Territorium des Kaliningrader Gebiets zu leisten. Die Finanzierung habe dann das russische Kaliningrad übernehmen müssen.
Zum Schluss seiner Studie behauptet der Autor, dass Litauen in Wirklichkeit weder an einem "kleinen" noch an einem "großen" Litauen interessiert sei und in fremdem Interesse handele. "Wenn Litauen selbst seinen Herrschern etwas bedeuten würde, wäre es kein aussterbendes Land, das europäische und weltweite Rekorde in Bezug auf Entvölkerung, Abwanderung junger Menschen, Alkoholismus und Selbstmord aufstellt". Die territoriale Integrität der Russischen Föderation werde von einem Land untergraben, das nicht über die Ressourcen verfügt, sein eigenes kleines Territorium zu entwickeln.
"Wenn die Beziehungen zur Wiege der litauischen Kultur für die litauische Regierung wirklich wichtig wären, würde sie die Beziehungen zwischen Litauen und dem Kaliningrader Gebiet unterstützen und ausbauen, anstatt sie zu zerstören, wie es in der Realität der Fall ist."
Diese Politik setzt der Autor zahlreicher Bücher über die Region mit der Politik der Aufgabe der nationalen Interessen in Verbindung. Sie habe sich nicht den litauischen Interessen, sondern "transatlantischer Solidarität" und den "Werten der Gemeinschaft der Demokratien" verpflichtet.
"Mit anderen Worten: den Interessen der USA in Europa, von denen das wichtigste darin besteht, Russland 'einzudämmen'."
Die noch versteckte Förderung der "Kleinlitauen"-Doktrin habe deshalb nichts mit Phantomschmerzen eines kleinen ressourcenarmen osteuropäischen Landes zu tun. Es gehe dabei um die wahren Akteure im Hintergrund, deren Einsätze in diesem Spiel sehr hoch sind.
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