Kahlschlag vor der Offensive? Youtube löscht Kanäle der Donbass-Republiken
Die Google-Tochter Youtube hat mehrere Medienressourcen der selbst ernannten Republiken Donezk und Lugansk von ihrer Plattform entfernt. Der Schritt erfolgte nachts, ohne Vorwarnung und Angaben zu den Gründen. Das geht aus einer Erklärung des staatlichen Rundfunkunternehmens GTRK der Volksrepublik Lugansk (LVR) hervor:
"Ohne Vorwarnung wurden die Youtube-Konten der GTRK LVR, des Informationszentrums Lugansk, der Volksmiliz LVR, der Volksmiliz DVR und des Informationsministeriums DVR gelöscht!"
Die offizielle Begründung "Verstoß gegen die Gemeinschaftsregeln" lässt GTRK nicht gelten, da nicht angegeben sei, gegen welche Vorschriften verstoßen worden sei. In der Erklärung wird auf die Gleichzeitigkeit der Löschung verschiedener Akteure hingewiesen: eines Fernseh- und Radiosenders, einer Nachrichtenagentur, einer staatlichen Behörde und des Verteidigungsministeriums.
"Sie alle haben nur eines gemeinsam: Sie sind Informationsressourcen der Donbass-Republiken, die seit acht Jahren um ihre Unabhängigkeit kämpfen."
Das war allerdings nicht die einzige Medienrestriktion im Kontext der Ukraine-Krise. Gleichzeitig wurden die Konten der ukrainischen Youtube-Kanäle 112, Perwy Nesawisimy und UkrLive gesperrt, wie die betroffene Medien selbst berichten. Diese Sender waren im letzten Jahr ohne Gerichtsbeschluss vom ukrainischen Rundfunk ausgeschlossen worden. Die ukrainische Regierung suchte seitdem Wege, die Kanäle auch von Youtube zu verjagen. Die Kanäle lassen gemäßigte regierungskritische Stimmen zu Wort kommen und liefern Standpunkte, die in Kiew tendenziell als "prorussisch" ausgelegt werden.
Lugankser Journalisten brachten diese Maßnahmen mit einer Flut von Nachrichten aus den USA, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine über eine angeblich von Russland vorbereitete Aggression gegen die Ukraine in Verbindung. Diese seien Provokationen der ukrainischen, britischen und US-amerikanischen Geheimdienste, um die Stimme des Donbass im Fall eines ukrainischen Angriffs zum Schweigen zu bringen. Der Informationsraum werde im Sinne Kiews "gereinigt", um "die bevorstehenden Verbrechen von der Weltöffentlichkeit zu verbergen". Sie riefen die UNO dazu auf, den Vorfall zum Thema zu machen.
"Wir appellieren an die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Frau Bachelet, und den OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit, Herrn T. Ribeiro, auf diese empörende Situation öffentlich zu reagieren", so GTRK.
Der Präsident der Volksrepublik Lugansk Leonid Passetschnik nannte die gleichzeitige Löschung der Youtube-Kanäle einen "Informationskrieg des Westens gegen die Donbass-Republiken ohne Regeln". Am Freitag wurden die Seiten der Lugankser Volksmiliz und ihres Pressedienstes auch von Facebook gesperrt.
Diese Nachrichten beunruhigen Experten und Kenner der Region. Dies sei Teil einer komplexen Spezialoperation, schrieb der russische Kriegskorrespondent Alexander Koz auf seinem Telegram-Kanal. Zum Vergleich wies er auf mediale Blockaden während des ersten Donbass-Krieges im Jahr 2014 hin:
"Das alles erinnert mich an 2014, als Kiew das Informationsfeld sorgfältig von Andersdenkenden gesäubert hatte, bevor es den Krieg im Donbass entfesselte. Zuerst waren russische Kanäle abgeschaltet worden, dann wurde russischen Journalisten die Einreise ins Land verboten, und dann begannen die Administratoren der sozialen Medien, jeden zu sperren, der ein anderes Bild als die offizielle Ukraine über das Gemetzel im Donbass zeichnete. Ich hatte selbst drei Facebook-Konten, von denen zwei dauerhaft gesperrt wurden. Und dann haben sie zwei von ihnen ohne jede Erklärung gelöscht."
Die unbelegten Behauptungen der US-Offiziellen über die russische Vorbereitung einer gefälschten Attacke auf den Donbass als fabrizierter Vorwand für den Krieg sind Koz zufolge eine Kampagne zur Entmenschlichung russischer Medien. Es sei kein Zufall, dass die New York Times, die Washington Post und Reuters gleichlautende Fake News veröffentlichten, wonach Russland "ein brandaktuelles Propagandavideo mit Leichen und Schauspielern, die Trauernde darstellen, sowie Bilder von zerstörten Gebieten vorbereitet, um die Invasion zu rechtfertigen".
"Jetzt kann jede russische Reportage aus dem Kriegsgebiet als inszeniert bezeichnet werden."
Auch der ukrainische Journalist und Moderator des gelöschten Fernsehsenders 112 Denis Scharkich warnte vor bevorstehenden Provokationen. "Perwy Nesawisimy und UkrLive wurden von Youtube entfernt. Die Reste der Oppositionsmedien werden mit absoluter Unverfrorenheit unter Druck gesetzt. Was ist das für eine Redefreiheit? Ein kalter Krieg wurde wiederbelebt, der sich zu einem bewaffneten Konflikt ausweiten könnte. Die Medien der Opposition haben sich vor allem bemüht, den Hass in der Gesellschaft zu verringern", schrieb Scharkich auf seiner Facebook-Seite.
"Es ist offensichtlich, dass es sich um eine Informationsvorbereitung für den Krieg handelt. Unser Land wird aktiv in die Katastrophe getrieben, sowohl von außen als auch von innen."
Meldungen über False-Flag-Attacken
Die USA beschuldigten Russland am Donnerstag erneut, eine Operation unter falscher Flagge vorzubereiten. Diesmal beschuldigte Washington Moskau, ein Propagandavideo mit Krisendarstellern, inszenierten falschen Explosionen und militärischer Ausrüstung der NATO, wie z. B. türkischen Drohnen, als Vorwand für einen Einmarsch in die Ukraine in den kommenden Tagen zu erstellen.
Die Behauptung war erstmals am Donnerstagmorgen von der Washington Post veröffentlicht worden, die sich auf einen ungenannten US-Beamten berufen hatte, der Einschätzungen des US-Geheimdienstes zitiert hatte. Sie wurde dann von CNN und anderen Sendern aufgegriffen. Am Donnerstagnachmittag erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums Ned Price, dass die US-Regierung diese Geheimdienstinformationen "veröffentlicht" habe, und wiederholte die Beschreibung des angeblichen Videos, die in den Berichten der Post und von CNN enthalten war.
Das Video sei "vollständig vom russischen Geheimdienst fabriziert" und "eine von mehreren Optionen, die die russische Regierung als Vorwand für eine militärische Aggression gegen die Ukraine entwickelt und diese möglicherweise damit rechtfertigt", so Price. Er fügte hinzu, dass die USA diese Behauptung öffentlich machen, um Russland von seiner "destruktiven und destabilisierenden Desinformationskampagne" gegen die Ukraine abzubringen.
Auf die Frage eines Korrespondenten, ob er Beweise für diese Behauptung vorlegen könne, sagte Price, seine eigene Erklärung sei ein Beweis und stamme aus Informationen, die der US-Regierung bekannt seien.
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