Europa

Frankreich erwägt Autonomie für Korsika

Nach der Attacke auf einen inhaftierten korsischen Nationalisten in Frankreich hatten Proteste und Ausschreitungen zwei Wochen lang Korsika beherrscht. Nun kommt Bewegung in den jahrzehntealten Konflikt um den politischen Status der Mittelmeerinsel: Frankreichs Innenminister Darmanin hat am Mittwoch Zugeständnisse in Aussicht gestellt. Auch die Autonomie für die Korsikaner ist kein Tabu mehr.
Frankreich erwägt Autonomie für KorsikaQuelle: AFP © Pascal POCHARD-CASABIANCA / AFP

Nach zweiwöchigen Protesten und Ausschreitungen auf Korsika kommt Bewegung in die Frage der Autonomie für die französische Mittelmeerinsel. Vor einer zweitägigen Reise auf die Insel sagte Innenminister Gérald Darmanin der Zeitung Corse-Matin am Mittwoch, er sei "bereit, bis zur Autonomie zu gehen". Darüber, wie diese Autonomie aussehen kann, müsse diskutiert werden. Es gehe um eine "beispiellose Diskussion um die institutionelle Frage".

Zur Voraussetzung machte er allerdings die Wiederherstellung der Ruhe. Es könne in einer Demokratie unter dem Druck von Brandsätzen und der Allgegenwart der Ordnungskräfte keinen aufrichtigen Dialog geben.

Ausgelöst wurden die Proteste mit Dutzenden Verletzten durch den Angriff auf den 1998 wegen Mordes am damaligen Präfekten verurteilten Nationalisten Yvan Colonna. Ein Mitgefangener attackierte Colonna im Gefängnis in Arles vor rund zwei Wochen. Colonna liegt nun im Koma. Demonstranten warfen Frankreich vor, mitschuldig an dem Angriff auf Colonna zu sein. Sie stören sich daran, dass dieser nicht nach Korsika verlegt worden war.

Der Innenminister räumte im Interview mit Corse-Matin auch eine Verantwortung des Staates im Zusammenhang mit dem Angriff auf den nationalistischen Aktivisten ein:

"Es gibt eine Verantwortung des Staates als Beschützer der Personen, die unter seiner Verantwortung stehen, in diesem Fall der Gefangenen."

Experten sehen den Grund der gewaltvollen Proteste eher darin, dass nationalistische Forderungen in den vergangenen Jahren nicht erreicht wurden und ein echter Dialog mit der Regierung in Paris nicht stattfindet.

Das Verhältnis zwischen Korsika und der Regierung in Paris gilt seit langem als schwierig. Jahrzehntelang kämpften korsische Separatisten für mehr Eigenständigkeit, oft mit Gewalt. Die Untergrundorganisation FLNC legte 2014 die Waffen nieder. Etwa zeitgleich gewannen gemäßigte Nationalisten politisch an Bedeutung. Mittlerweile haben sie die Mehrheit im Regionalparlament und fordern einen Autonomiestatus.

Korsika hat eine Fläche von 8.760 Quadratmetern und zählt etwa 340.000 Einwohner. Die Insel gehörte im Mittelalter viele Jahrhunderte zur Republik Genua. 1769 verkaufte Genua sie an Frankreich, seitdem zählt Korsika zum französischen Staatsgebiet und hat derzeit den Status einer Region. Bis zu 100.000 Korsikaner betrachten sich als eigenständiges Volk und sprechen Korsisch, eine mit dem toskanischen Italienisch verwandte Sprache. Einige Linguisten betrachten sie als einen italienischen Dialekt.

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(rt/dpa)

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