EU-Parlamentarierin Tatjana Schdanok in Riga festgenommen
Am 13. Mai protestierten Hunderte von Menschen in der lettischen Hauptstadt gegen den Abriss des Denkmals für sowjetische Soldaten im Siegespark. Der Rathausplatz, an dem die Kundgebung begann, wurde von der Polizei gesperrt. Unter den protestierenden Einwohnern Rigas befand sich auch Tatjana Schdanok, die Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der Partei "Russische Union Lettlands" (RSL) ist. Wegen ihrer Teilnahme an den Protesten wurde die Abgeordnete heute in Riga festgenommen. Dies meldete das Portal EurAsiaDaily.
Am Vorabend hatte Schdanok in einem Interview mit dem Portal infoliepaja.lv gesagt:
"Vor einem Vierteljahrhundert war die Europäische Union anders, die politische Atmosphäre war anders. Immerhin gab es weniger opportunistische Regeln und Ansätze. Leider hat die Europäische Union inzwischen die schlechte Angewohnheit, den Rest der Welt in Menschenrechtsfragen zu kritisieren, während sie ihre eigenen offensichtlichen Probleme ignoriert."
Auch RIA Nowosti bestätigt, dass die Polizei in Riga die Europa-Abgeordnete einzig aus dem Grund festgenommen hat, weil sie an einer Kundgebung gegen den Abriss des Denkmals für die Befreier teilgenommen hatte. Dies hatte zuvor auch die "Russische Union Lettlands" in ihren sozialen Netzwerken berichtet.
Die TASS zitiert aus einer Erklärung der Partei:
"Der Rathausplatz ist blockiert. Die Behörden haben Angst vor der Stimme des Volkes. Abgeordnete der RSL sind vor dem Stadtrat von Riga. Die Polizei hat die Europaabgeordnete Tatjana Schdanok festgenommen."
Die Behörden der lettischen Hauptstadt waren nicht bereit, eine Kundgebung zur Verteidigung des Denkmals zuzulassen. Dennoch versammelten sich Menschen, die mit der Entscheidung des Gemeinderats nicht einverstanden waren, vor dem Rathausplatz in Riga.
Die "Russische Union Lettlands" hat ein Video veröffentlicht, in dem der Co-Vorsitzende der Partei, Miroslaw Mitrofanow, die Menschen auf dem Platz in der Nähe des Denkmals auffordert, nicht hinter die Polizeisperren zu gehen. Er begründete sein Gesuch damit, dass die Kundgebung nicht genehmigt worden sei. Ihm zufolge befürchteten die Behörden von Riga, dass zu viele Menschen kommen würden.
Die kommunalen Dienste der lettischen Hauptstadt haben am 9. Mai mit einem Traktor die am Denkmal der Befreier von Riga niedergelegten Blumen entfernt. Auch in diesem Jahr brachten Anwohner Blumen zu der Gedenkstätte. Die Polizei sperrte daraufhin den Zugang zum Denkmal.
Sondergesetzgebung für den Abriss
Am Donnerstag, dem 12. Mai, kündigte das lettische Parlament Saeima ein Abkommen mit Russland über den Schutz sowjetischer Denkmäler auf, und genehmigte damit den Abriss des Denkmals der Befreier von Riga. Zuvor hatte der Radiosender Sputnik berichtet, dass der russische Außenminister Sergei Lawrow die Situation mit den Denkmälern in den baltischen Staaten als "internationalen Skandal" bezeichnete.
Unterdessen wird von dpa gemeldet, dass das sowjetische Siegesdenkmal in der Hauptstadt Riga tatsächlich demontiert werden kann. In einer außerordentlichen Sitzung beschloss der Stadtrat am Freitag mehrheitlich den Abbau des umstrittenen Monuments und wies die städtische Denkmalbehörde an, alle erforderlichen Maßnahmen dafür zu ergreifen. Bei nicht genehmigten Protesten von Angehörigen der zahlenmäßig starken russischen Minderheit wurden mehrere Personen nahe dem Rathausplatz festgenommen, der während der Sitzung von Polizisten umstellt worden war. Auch in Russland kam es zu Kundgebungen vor der lettischen Botschaft in Moskau gegen die Abriss-Entscheidung.
Zuvor hatte der Vorsitzende des Stadtrats von Riga, Mārtiņš Staķis, erklärt, dass das lettische Parlament ein Sondergesetz verabschieden müsse, das den Abriss des Denkmals erlaube. Das Justizministerium wurde angewiesen, eine rechtliche Begründung für den Abbau des Denkmals für sowjetische Soldaten in Pārdaugava vorzulegen.
Am 12. Mai unterstützte die lettische Saeima in zweiter und letzter Lesung ein Gesetz zur Aussetzung des bilateralen Abkommens mit Russland über Gedenkstätten und Denkmäler, das den Abriss des Denkmals der sowjetischen Soldaten in Riga ermöglichen würde. Damit wurden mehrere Änderungen an einem 1994 vereinbarten zwischenstaatlichen Abkommen mit Russland beschlossen. Dies wurde vom Außenministerium in Moskau und von der russischen Botschaft in Riga scharf verurteilt.
Wann das aus einem 79 Meter hohen Obelisken und mehreren riesigen Bronzestatuen bestehende Denkmal abgebaut werden kann und soll, ist noch unklar. Die Polizei hatte unter der Woche bereits den Zugang zu der Anlage gesperrt, nachdem es dort zu unerlaubten Versammlungen gekommen war, bei denen einige Teilnehmer auch ihre Unterstützung für Russland zum Ausdruck brachten.
Repressionen gegen pro-russische Bekenner
Außer Schdanok wurde noch mindestens eine weitere Person verhaftet, wie der ukrainische Oppositionspolitiker Oleg Zarjow auf seinem Telegram-Kanal mitteilte: Ein junger Mann, der am 10. Mai mit einer russischen Fahne zum Rigaer Befreierdenkmal kam, wurde nun in Riga verhaftet. Er sei, wie es heißt, wegen "Völkermordes" angeklagt worden. Das Video von dem Demonstranten namens Alexander wurde auf etlichen Telegram-Kanälen verbreitet. Der Mann zeigte die russische Flagge während einer Wiederholung der Zeremonie, bei der die Menschen Blumen am Denkmal niederlegten. Dabei wurde auch zur heutigen Kundgebung auf dem Rathausplatz aufgerufen.
Lettland hat zudem weitere 102 Russen wegen ihrer Unterstützung der russischen Militäroperation in der Ukraine auf eine bestehende schwarze Liste gesetzt. Sie dürfen auf unbestimmte Zeit nicht mehr in das baltische EU- und NATO-Land einreisen, wie das Außenministerium in Riga am Freitag mitteilte. Bei den Betroffenen handelt es sich den Angaben zufolge vorwiegend um Kulturschaffende. Lettland hatte nach Beginn des Krieges in der Ukraine bereits mehr als 30 Kulturschaffende auf seine schwarze Liste gesetzt.
Zuvor soll am 9. Mai gegen eine junge Frau in Lettland eine Geldstrafe von 350 Euro verhängt worden sein, weil sie ein Sweatshirt mit der englischsprachigen Aufschrift "Russia" getragen hatte. Darüber hatte Zarjow ebenfalls auf seinem Kanal berichtet.
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(rt/dpa)
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