Europa

Poroschenko: Minsker Abkommen II diente dazu, Zeit zu gewinnen

Das Abkommen Minsk II, das die Ukraine unter dem Präsidenten Petro Poroschenko unterzeichnet hatte, sollte dem Land Zeit verschaffen, ein stärkeres Militär aufzubauen, so der Oligarch. Somit gab der Ex-Präsident zu, dass Kiew nie vorhatte, das Abkommen umzusetzen.
Poroschenko: Minsker Abkommen II diente dazu, Zeit zu gewinnen© STR/NurPhoto via Getty Images

Der ehemalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat zugegeben, dass der Waffenstillstand 2015 im Donbass, den er als Präsident der Ukraine mit Russland, Frankreich und Deutschland ausgehandelt hatte, lediglich ein Ablenkungsmanöver war, um Kiew Zeit für den Wiederaufbau seines Militärs zu verschaffen.

Er äußerte sich diese Woche entsprechend in Interviews mit mehreren Nachrichtensendern, darunter die Deutsche Welle und der ukrainische Zweig des staatlichen US-Senders Radio Free Europe. Poroschenko verteidigte auch die Bilanz seiner Präsidentschaft im Zeitraum der Jahre 2014 bis 2019. Über das Friedensabkommen sagte er:

"Wir haben alles erreicht, was wir wollten."

"Unser Ziel war es, erstens die Bedrohung zu stoppen oder zumindest den Krieg zu verzögern, um acht Jahre für die Wiederherstellung des Wirtschaftswachstums und den Aufbau starker Streitkräfte zu sichern."

Dabei verwies der Ex-Präsident auf die Strategeme von Sun Tzu, die eine Inspiration für die Täuschung gewesen seien. Um einen Krieg zu gewinnen, müsse man nicht unbedingt militärische Gefechte gewinnen, betonte Poroschenko und bezeichnete die von ihm getroffene Vereinbarung in dieser Hinsicht als einen Gewinn für die Ukraine. Der Oligarch wurde bei einer erdrutschartigen Wahl zu seinen Ungunsten und für den Präsidenten Wladimir Selenskij nicht wiedergewählt. Dieser hatte den Wählern versprochen, im Gegensatz zu seinem Vorgänger den Frieden im Donbass zu sichern.

In den Interviews sprach Poroschenko über seine Rolle bei der Aushandlung der Minsker Vereinbarungen, sowie eines Fahrplans für die Aussöhnung zwischen seiner Regierung und den Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Der ehemalige Präsident bestätigte, dass Kiew nicht in gutem Glauben zu den Gesprächen gekommen war, sondern nach einer militärischen Niederlage einfach nur eine Galgenfrist wollte.

Die Vereinbarungen umfassten eine Reihe von Maßnahmen zur Eindämmung der Feindseligkeiten im Donbass und zur Versöhnung der Kriegsparteien. Die ersten Schritte waren ein Waffenstillstand und ein von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwachter Abzug schwerer Waffen von der Frontlinie, die bis zu einem gewissen Grad erfüllt wurden.

Anschließend sollte Kiew den Rebellen eine Generalamnestie gewähren und den Gebieten Donezk und Lugansk weitgehende Autonomie zugestehen. Die ukrainischen Truppen sollten die Kontrolle über die von den Rebellen gehaltenen Gebiete übernehmen, nachdem Kiew ihnen eine Vertretung zugestanden und sie anderweitig als Teil der Ukraine wieder eingegliedert hatte.

Poroschenkos Regierung weigerte sich, diese Teile des Abkommens umzusetzen, da sie behauptete, sie könne nicht weitermachen, solange die Grenze zwischen den aufständischen Republiken und Russland nicht vollständig gesichert sei. Stattdessen befürwortete er eine von ukrainischen nationalistischen Kräften initiierte Wirtschaftsblockade der Rebellengebiete. Selenskijs Präsidentschaft gab dem Friedensprozess zunächst Auftrieb, doch geriet er nach einer Reihe von Protesten rechtsradikaler Kräfte wieder ins Stocken, die damit drohten, den neuen ukrainischen Präsidenten zu beseitigen, falls er seine Wahlversprechen einlösen würde.

Das Versagen Kiews bei der Umsetzung des Fahrplans und die anhaltenden Feindseligkeiten mit den Separatisten gehörten zu den Hauptgründen, die Russland bei seiner Sonderoperation in der Ukraine Ende Februar anführte. Einige Tage vor Beginn des Manövers erkannte Moskau die abtrünnigen ukrainischen Republiken als souveräne Staaten an, bot ihnen Sicherheitsgarantien an und verlangte, dass Kiew seine Truppen zurückziehe. Selenskij weigerte sich, dem nachzukommen.

Nun forderte der Oppositionsabgeordnete Poroschenko die westlichen Staaten auf, Kiew mehr schwerere Waffen zu liefern, damit die ukrainischen Soldaten "die Aufgabe [des Westens] erfüllen" und Europa gegen Russland verteidigen können. Er forderte außerdem weitere Sanktionen gegen Moskau und einen möglichst baldigen Beitritt seines Landes zur EU und zur NATO.

Der Ex-Präsident behauptete, der russische Präsident Wladimir Putin sei derjenige, der die Minsker Vereinbarungen gebrochen habe. Es sei sein Verdienst, dass die Ukraine nicht innerhalb weniger Tage in die Hände Russlands gefallen sei, wie es einige westliche Beamte vorausgesagt hatten. Das Land habe sich dank der von seiner Regierung durchgeführten Militärreformen gegen den Angriff gewehrt. Moskau nannte keinen Zeitplan für seine Militäroperation in der Ukraine, sondern erklärte lediglich, dass sie wie geplant verlaufe.

Der ukrainische Oligarch forderte auch die "Entputinisierung" Europas, seines Landes und Russlands selbst. Dies bedeute, dass der russische Einfluss in anderen Ländern einzudämmen und Putin zu stürzen sei. Nur so könne die Welt vor einer "existenziellen Bedrohung" bewahrt werden, die der russische Staatschef darstelle, so Poroschenko.

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