Europa

Dank NATO-Waffen ist Donezk für Zivilisten kein sicherer Ort – ein Bericht

Westliche Medien ignorieren weiterhin, wie die Ukraine Waffen der NATO einsetzt, um unschuldige Zivilisten im Donbass zu töten. Doch im Westen regt sich Widerstand gegen diese kaum mehr verdeckte Beteiligung am Krieg in der Ukraine.
Dank NATO-Waffen ist Donezk für Zivilisten kein sicherer Ort – ein Bericht© Eva Bartlett

Von Eva Bartlett

Tag für Tag beschießen Kiewer Truppen die Ostukraine, so auch 19. September vor zwei Wochen. An jenem Montag hat die Ukraine in der Donezker Volksrepublik 16 Zivilisten, darunter zwei Kinder, mit 155-mm-Granaten ermordet, wie Denis Puschilin, der Leiter der DVR, bekannt gab. Die Projektile trafen zwei Stadtteile und beschädigten Wohn- und Gewerbegebäude, darunter auch einen Markt, der bereits zuvor einen tödlichen Angriff erlebt hatte.

Die Schrecken des Todes sind nichts Neues für die Einwohner von Donezk und auch für die hier anwesenden Journalisten. Immer wieder wird die Stadt zum Ziel ukrainischer Angriffe, wie etwa auch der Attacke, die am 4. August das Zentrum der Stadt traf und dabei sechs Menschen tötete, darunter eine 11-jährige Schülerin, zusammen mit deren Großmutter und der Ballettlehrerin des Kindes.

Aber das Gemetzel an jenem Montag war noch schlimmer als alles, was ich zuvor in den Monaten meiner Berichterstattung hier gesehen hatte. Menschliche Extremitäten, die auf der Straßen liegen – Teile einer Hand, eines Fußes, eines Ohrs. Jemand hat das Handy eines Getöteten auf dessen Leib gelegt. Das Telefon klingelte fortwährend, aber der fröhliche Klingelton passte so gar nicht zu dem leblosen Körper und der Szene der Verwüstung mit dem Gestank des Todes.

Für die meisten Menschen ist "Krieg" ein Begriff weit weg und Todesfälle werden durch die Medien mit der Zahl der Opfer und der zerstörten Gebäude zur "Normalität", so dass das Publikum, wenn von getöteten Zivilisten zu hören oder lesen ist, nicht wirklich versteht, wie dies in Wahrheit aussieht oder riecht. Für die Einheimischen in Donezk jedoch wurde das in mehr als acht Jahren der Angriffe durch die Ukraine auf eine ganz eigene, zynische Weise zu einer tragisch-grotesken Form von Normalität, in der nach jedem Angriff die eine Routine des Aufräumen und der Beseitigung der Leichen beginnt.

Als ich am Ort des Angriffs eintraf, fegten Einheimische bereits Glasscherben zusammen und nahmen die Bretter von den Fenstern, um ihre Geschäfte wieder zu öffnen. Inspektoren des russischen Untersuchungskomitees waren vor Ort, sammelten Granatsplitter ein und vermaßen den Einschlagort der Granate, um das Kaliber und deren Flugbahn zu bestimmen. Als ich sie danach fragte, was passiert sei, antworteten sie höflich, dass sie bis zum Abschluss ihrer Ermittlungen nichts sagen können. Währenddessen traf ein Rettungsfahrzeug der Stadt ein und Beschäftigte begannen, die Leichen und Körperteile mit Tragen einzusammeln und abzutransportieren.

Etwa 100 Meter davon entfernt klaffte ein Loch in der Wand eines Wohnhauses. Die Granate schlug genau dort ein, wo daneben noch ein Hinweis der Richtung zum nächsten Schutzkeller angebracht ist. Die Türen zu den Stufen in die Schutzräume bleiben im Allgemeinen stets offen, damit jeder bei Beschuss noch eine Chance hat zu überleben, wenn er es bloß rechtzeitig noch zu diesem Eingang und in den Keller schafft.

Die Opfer eines weiteren ukrainischen Angriffs, der am Samstag davor stattfand, hatten diese Chance nicht. Dabei war das Zentrum von Donezk wurde gegen Mittag innerhalb von 30 Minuten von etwa zehn Granaten getroffen worden. Mindestens vier Zivilisten wurden getötet, darunter eine Frau, die ich noch am Boden liegen sah. Einige Minuten später wurde ihre Leiche weggebracht. Eine der Granaten traf ein Auto, das die Straße entlangfuhr, setzte es in Brand und tötete dabei zwei Zivilisten. Als ich dort ankam, war das Fahrzeug bereits ausgebrannt Die Toten waren bereits fortgeschafft und Arbeiter der Stadt bereits damit beschäftigt, die Straßenschäden zu reparieren und Trümmer und Glassplitter von den Bürgersteigen zu fegen.

Am Donnerstag zuvor, ebenfalls gegen Mittag, beschoss die Ukraine das Zentrum von Donezk und traf diesmal einen belebten Markt. Bei diesem Beschuss starben sechs Menschen auf den umliegenden Straßen sowie in einem Bus, der ausbrannte.

Westliche Waffen töten Zivilisten im Donbass

Stets, wenn Stimmen aus Russland und dem Donbass beklagen, dass die Ukraine die Zivilisten im Donbass mit westlichen Waffen tötet, ist die Antwort darauf Schweigen, Spott oder die Umkehrung jeder Realität: Es wird dann behauptet, Russland würde den Donbass bombardieren – was jeder Bewohner hier leicht widerlegen kann, der seit über acht Jahren unter ukrainischem Beschuss leidet.

Auch die Kriegsberichterstatterin Christelle Neant schrieb über die Angriffe vom Samstag:

"Nachdem ich Adrien Bocquet, der Experte für NATO-Waffen beim JCCC ist (Joint Monitoring and Coordination Centre on Ukraine's War Crimes – Vereinigtes Beobachtungs- und Koordinationszentrum für die Kriegsverbrechen der Ukraine), die Fotos des Granatsplitter, die ich vor Ort aufgefunden hatte, übermittelt habe, bestätigte er mir, dass diese Splitter von einer amerikanischen 155-mm-Granaten stammen, entweder von französischen Kanonen vom Typ Caesar oder von Kanonen vom Typ TRF1 abgefeuert.

Letztere ist die berüchtigte TRF1-Kanone, die verbotene 155-mm-Streumunition abfeuern kann, die ich bereits im Juni erwähnt hatte und von denen die westliche Presse uns versichert hatte, dass Frankreich sie nicht an die Ukraine geliefert habe, nur um Anfang September zu erfahren, dass Paris diese tatsächlich an Kiew verkauft hat!"

In Deutschland, Frankreich und Italien fanden unlängst unter dem Motto #StopKillingDonbass Protestaktionen statt, bei denen die Lieferung westlicher Waffen an die Ukraine anprangert und ein sofortiger Stopp dieser Lieferungen gefordert wurde. Es war ziemlich passgenau, dass diese Aktionen just einen Tag nach der neuerlichen Bombardierung des Zentrums von Donezk stattfanden.

Diesen Veranstaltungen folgte auch die Veröffentlichung einer Petition gegen Waffenlieferungen an die Ukraine, in der es heißt:

"Heute beliefern unsere Länder, im Gegensatz zu den in Artikel 2 der UN-Charta festgelegten Grundprinzipien, insbesondere den Prinzipien der souveränen Gleichheit und der friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten, die Ukraine mit Waffen, die zu massiven Todesfällen und Verletzungen von Zivilisten im Donbass führen, einschließlich von Kindern."

Abschließend heißt es dort:

"Wir fordern ein Ende der Finanzierung des Staatsterrorismus und des Völkermords an der Bevölkerung des Donbass sowie der seit 2014 andauernden Verletzungen der Genfer Konventionen von 1949 und anderer Akte des humanitären Völkerrechts."

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es in Donezk für Zivilisten keinen sicheren Ort mehr. Nichts ist mehr vor ukrainischen Angriffen mehr sicher, auch nicht Entbindungskliniken oder geschäftige Märkte. Dieses eklatante Problemfeld scheint jedoch für die Berichterstattung westlicher Massenmedien außer Sichtweite, quasi ein Tabu zu sein.

Mehr zum Thema - Zehntausende Bewohner der Region Charkow könnten Opfer der Kiewer "Justiz" werden

Übersetzt aus dem Englischen

Eva Bartlett ist eine kanadische freie Journalistin und Aktivistin. Sie hat Jahre vor Ort in Konfliktzonen im Nahen Osten verbracht, insbesondere in Syrien und Palästina (wo sie fast vier Jahre lang lebte). Sie twittert unter @EvaKBartlett

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.