Europa

"Mehr Öl in den Brennofen des Hasses" – Reaktionen auf Massenmord an Kriegsgefangenen

Die Ukrainer prahlen offenbar mit ihren Kriegsverbrechen. Anders ist die Zurschaustellung der Folgen einer Massenerschießung nicht zu erklären. Die Reaktionen in Russland signalisieren, dass diese grausame Botschaft nicht folgenlos bleiben wird.
"Mehr Öl in den Brennofen des Hasses" – Reaktionen auf Massenmord an KriegsgefangenenQuelle: AFP © Bulent Kilc

Von Wladislaw Sankin

Wie brutal und unmenschlich diese Art der Konfliktlösung an sich auch ist, aber auch im Krieg gibt es bestimmte Regeln und sogar Gesetze. So stellt die Tötung oder Verwundung eines Kämpfers, der seine Waffen gestreckt hat oder sich nicht mehr verteidigen kann, eine Verletzung der Gesetze des internationalen bewaffneten Konflikts dar. Dass ukrainische Soldaten diese Gesetze im Umgang mit russischen Kriegsgefangenen grob verletzen, ist seit Langem bekannt.

Hin und wieder tauchen seit Anfang der russischen Militäroperation in der Ukraine von den ukrainischen Kämpfern eigenhändig gedrehte Videos auf, die entweder die Tötung oder Verletzung russischer Gefangener zeigen. Doch die Zahl der Opfer dieser Brutalität lag in allen diesen Fällen zumindest laut Videos noch im einstelligen Bereich. Nach der Veröffentlichung des Drohnenvideos aus dem Dorf Makejewka in der Volksrepublik Lugansk am Freitag kann man nun vom ersten mit Videobeweisen dokumentierten Massenmord an Kriegsgefangenen sprechen. Laut diesem Video wurden mindestens zehn russische Soldaten auf dem Boden liegend mutmaßlich per Kopfschuss getötet.

In Russland sorgte nicht nur der Vorfall selbst für Wut und Entsetzen. Dass die Ukrainer nicht nur russische Kriegsgefangene erschießen, sondern auch Zivilisten oder eigene Befehlsverweigerer, ist aus zahlreichen Zeugenaussagen hinreichend bekannt. Entsetzlich war die Tatsache, dass die ukrainischen Soldaten darauf verzichteten, diesen Massenmord zu vertuschen. Im Gegenteil, sie stellen es auch noch zur Schau, indem sie die Beweise dafür veröffentlichten. Dieses Verhalten erinnert an Verbrechen der Nazis im Zweiten Weltkrieg oder der IS-Terroristen vor noch wenigen Jahren. Also an das absolut Böse, an das Unmenschliche. Denn selbst ein Verbrecher, der noch versucht, seine Sünden nur für sich zu behalten, indem er sein Verbrechen vertuscht, handelt menschlicher als derjenige, der mit dem begangenen Verbrechen prahlt.

Auch wenn sie sich im Krieg als Opfer Russlands fühlen sollten, diese schmale Linie, die das Menschliche vom Unmenschlichen unterscheidet, scheint in der Ukraine schon mehrfach überschritten worden zu sein. Außerdem sprechen die ständigen öffentlichen Aufrufe zum Mord an Russen und die Zerstörungswut in Sachen Denkmäler und Kulturgüter dafür, dass wieder eine Ideologie, die Gewalt und Vernichtung verherrlicht, zum ideologischen Standbein einer ganzen Nation geworden ist.

Selbst der Westen konnte den Vorfall in Makejewka nicht ignorieren. In einigen Mainstream-Medien wird zumindest darüber gesprochen. Die New York Times hält das Video nicht für eine Inszenierung, sondern für den Beweis für ein mutmaßliches Kriegsverbrechen. "Wie kann denn so was echt sein?", fragen sich dann auch deutsche Journalisten, die gewohnt sind, nur über angebliche russische Kriegsverbrechen zu berichten.

Aber die Russen, auch wenn sie solche tatsächlich begangen haben sollten, stellten Bilder ihrer Opfer bislang nicht derart zur Schau, wie dies bei ihren Gegnern in der Ukraine der Fall ist. Wer wissen will, wie die ukrainische Seite grundsätzlich mit Bildern von Toten umgeht, sollte einmal die Hauptseite des terroristisch ausgerichteten ukrainischen regierungsnahen Hetzportals "Mirotworez" anschauen (Achtung, die Bilder sind extrem verstörend!).

Bastarde seien diese Ukrainer, die die russischen Soldaten erschossen haben, sie sollten keine andere Strafe als "reine Bestrafung" (чистая кара) bekommen, kommentierte der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew das Massaker. "Auch, wenn es Jahre dauert, sie zu finden."

Andere in Russland fragen sich, wie es dazu überhaupt kommen konnte, dass die Täter, junge Männer aus dem grenznahen Charkow, die sich kaum von den Menschen im benachbarten russischen Belgorod unterscheiden, so etwas tun konnten. Die identifizierten ukrainischen Soldaten sollen laut russischen Angaben Absolventen einer Hochschule für Polizeibeamter in Charkow und ehemalige Teilnehmer eines in Russland populären Sketch-Wettbewerbs sein. Das bedeutet, dass sie seinerzeit sicherlich zahlreiche informelle Kontakte nach Russland hatten.

Die Journalistin, Schriftstellerin und Mitglied des russischen Menschenrechtsrates Marina Achmedowa versucht, sich in die Psyche der Russen in der Ukraine zu versetzen, der Russen, die nun wegen der Hasspropaganda gegen alles Russische Russland und damit auch sich selbst hassen. Es hätte eine solche Grausamkeit nicht gegeben, wenn die Gefangenen keine Russen gewesen wären, vermutet sie. Achmedowa merkt an, dass internationale Organisationen dieses Video zumindest zur Kenntnis nehmen, was die ukrainische Seite dazu veranlasste, eine Erklärung abzugeben, russische Soldaten würden von den Ukrainern in Notwehr erschossen.

"Das liegt daran, dass die Ukraine von Tag zu Tag in ihrer Brutalität erwachsener wird und Grenzen überschreitet, die selbst für Organisationen, die uns gegenüber voreingenommen sind, überzogen sind."

Menschen in Russland, die nah an der Front sind, sehen im Video den Anlass, folgenschwere Konsequenzen zu ziehen. So sagt der bekannte Militärblogger Wladlen Tatarski in einem Video-Kommentar:

"Alle, die an die Front gehen, müssen bedenken, dass die Ukraine wie der Islamische Staat ist, nur in Europa. Es gibt keinen Grund, vor ihr zu kapitulieren, sondern bis zum Schluss Widerstand zu leisten, vor allem, wenn sich eine solche Gelegenheit bietet."

Auch der angesehene Militärkorrespondent Alexander Sladkow deutet an, dass die Getöteten sich nicht so kampflos hätten ergeben dürfen. "Unsere Schlussfolgerung ... Vielleicht sollten wir doch nicht aufgeben? Vielleicht sollten wir auf jeden Fall bis zum Ende kämpfen?"

Er hält die Veröffentlichung des Videos für einen vorsätzlichen Akt der psychologischen Kriegsführung, um mehr gegenseitigen Hass zwischen den Kriegsparteien anzufachen. Dies sei im Interesse des Westens. 

"Der Westen gießt Öl in den Brennofen des Hasses. Der Westen beschmiert Kiew mehr und mehr mit unserem Blut."

Außerdem sei hier der Versuch erkennbar, mit diesem Video eine antiwestliche militärische Revolte in der Ukraine zu verhindern. Er erinnerte an den Appell des russischen Präsidenten am ersten Tag der Militäroperation an das ukrainische Militär. Damals ging Putin davon aus, dass es einfacher sein wird, eine Einigung mit ukrainischen Armeeangehöriger zu erzielen als mit Politikern in Kiew. Der NATO gehe es darum, eine Verbrüderung in den Schützengräben zu verhindern, so Sladkow.

Der Feldkommandeur und Telegram-Blogger Alexander Chodakowski erinnert an das Gedicht des sowjetischen Schriftstellers im Großen Vaterländischen Krieg Konstantin Simonow, der in ultimativer Form dazu aufrief, Faschisten zu töten ("Töte ihn, wenn dir dein Zuhause lieb ist"). Da aber ihm zufolge der Krieg in der Ukraine ein Bürgerkrieg ist, ruft er dazu auf, es den Ukrainern nicht mit gleicher Mütze heimzuzahlen:

"Wenn ich mir die Aufnahmen unserer gefangenen und getöteten Soldaten ansehe, ist das genau das, was ich sagen möchte. Diejenigen, die das Drehbuch geschrieben haben, erwarten, dass wir es sagen ("Töte ihn"– Anm. der Red.). Und dieser Krieg muss im Sinne Tolstois verstanden werden: streng und ernsthaft, als eine schreckliche Notwendigkeit."

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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.