IntelliMan – Die EU erforscht den besseren Menschen
Technologische Innovation ist nicht immer greifbar. Bis der Fortschritt an unsere Tür hämmert und Eintritt verlangt, nähert er sich in der Regel auf leisen Sohlen. Die Roboter-Hunde von Boston Dynamics und Teslas Autopilot versinnbildlichen die Entwicklung, in der sich die fortgeschrittenen Industrie- und Konsumgesellschaften aktuell befinden, ganz gut.
Doch wenig demonstriert den Stand der industriellen Automatisierung so deutlich wie die Bilder der KI-gestützten High-Tech-Warenhäuser von Amazon und Co. mit Hunderten Robotern, die wie die kleinen automatischen Staubsauger auf Fußknöchelhöhe fahren und Behälter mit Paketen von A nach B tragen.
Ein ähnliches System hat das britische Unternehmen Ocado Group plc aufgebaut. Die Kapitalgesellschaft mit Sitz in Hatfield, nördlich von London, ist auf alle Bereiche des Online-Lebensmitteleinzelhandels spezialisiert, von der Software bis zur Auslieferung.
Die Automatisierung ist noch nicht abgeschlossen
Mit seiner "Ocado Smart Platform" arbeitet das Unternehmen daran, seinen Service von der Bestellung auf der Webseite bis zur Auslieferung an den Endkunden zu automatisieren. In seiner gigantischen Abfertigungshalle, dem "Bienenstock", düsen die Roboter auf einem Schienensystem hin und zurück und packen Einkaufstüten. Die menschlichen Angestellten sind eindeutig in der Unterzahl und haben nur noch die Aufgabe, das Treiben zu überwachen.
Vollendet ist Ocados System noch nicht. Es geht um Perfektionierung, und der perfekteste Arbeitsablauf, den sich profitorientierte Unternehmen vorstellen können, ist der ohne Menschen. Sogar den Transport zu den Kunden könnten irgendwann selbstfahrende Autos erledigen.
Im Bereich, weiche Gegenstände, wie Lebensmittel, einzeln zu verpacken, besteht ebenfalls Innovationsbedarf. Somit ist es sicher kein Zufall, dass Ocado Partner im von der EU-Kommission geförderten Projekt IntelliMan ist, das die Entwicklung lernfähiger Androide vorantreiben soll.
Horizont Europa – Gesponsert durch die EU
Bis 2026 werden an dem 4,5 Millionen Euro schweren Projekt insgesamt 13 Partner aus sechs europäischen Ländern arbeiten. Die Koordination übernimmt die Universität Bologna. Die Fördergelder stammen vollständig aus dem EU-Innovationsprogramm "Horizont Europa".
Neben mehreren Universitäten (in Deutschland, Italien, der Schweiz, Spanien) gehören zu den Partnern auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das spanische Unternehmen Eurecat, der slowenische Hersteller ELVEZ und das INAIL-Prothesenzentrum Vigorso di Budrio.
Das Ziel von IntelliMan ist die Entwicklung eines "KI-getriebenen Handhabungssystems für fortschrittliche robotische Dienstleistungen, Fertigung und Prothetik". Im Klartext sollen Roboter in der Lage sein, in der Interaktion mit der Umwelt ihre Motorik zu verfeinern. Material, Größe und Form – all dies muss ein Roboter imstande sein, selbstständig zu erlernen, um später nicht vorprogrammierte Aufgaben erfüllen zu können.
Am Ende muss ein Roboter zudem erkennen, ob er eine Aufgabe überhaupt lösen kann. Es geht auch darum, ein Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Maschine entstehen zu lassen. Ob Industrie, Logistik oder Dienstleistungen – die Einsatzgebiete für die Forschungserkenntnisse wären vielfältig.
Forschungsschwerpunkt liegt auf der Hand
Die Projektpartner sind vor allem in den Bereichen Robotik, Prothetik und maschinelles Lernen aktiv. Aus der Projektbeschreibung geht hervor, dass das Hauptforschungsinteresse in der Entwicklung künstlicher Hände liegt.
So war das Partnerunternehmen Ocado bereits am Projekt Soft Manipulation (SoMa) beteiligt, das ebenfalls durch die EU gefördert wurde. Auch dort ging es darum, die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine in Form maschineller Hände mit weicher Oberfläche zu verbessern.
Wie müssen Roboter Gegenstände und wie Menschen berühren? Wie unterscheiden sie mithilfe von Sensoren zwischen Menschen und Objekten nach Wärme, Form und Dichte? Wie können Roboter etwas lernen, was uns Menschen intuitiv von der Hand geht, wie Greifen, Drehen, Loslassen?
Auch das beteiligte INAIL-Prothesenzentrum hat Erfahrung auf dem Feld. Sein Roboterhandprothesensystem "Hannes" misst die Muskelsensoren im Arm und ermöglicht Personen mit amputierten Händen einfache Handlungen im Alltag.
Doch Systeme wie "Hannes" sind vorprogrammiert und damit nicht lernfähig. Und selbst mit KI wäre eine Prothese für Innovatoren von geringem Nutzen. KI-getriebene Systeme brauchen vor allem eins: Trainingsdaten, die sie auswerten können. Prothesen hingegen kommen im Alltag zu selten vor.
Roboter brauchen uns mehr als wir sie
Aus Sicht von Unternehmen ist es daher sinnvoll, KI möglichst schnell auf die Menschheit loszulassen. Je mehr Daten eine Künstliche Intelligenz erhält, desto besser kann sie ihre Prognosen erstellen.
Um für uns Menschen nützlich zu sein, brauchen die Roboter also vor allem – uns. Besonders der anfängliche Lernprozess kann nur unter Betreuung von Menschen erfolgen. Und selbst dann müssen Fehler per Hand korrigiert werden.
Beispiel: ChatGPT. Die Wunder-KI von OpenAI sog zunächst massenhaft Texte aus dem Internet und brauchte im nächsten Schritt humane Hilfe bei der richtigen Verarbeitung. Hinter den Kulissen arbeiteten nämlich nach Kenia ausgelagerte, menschliche "pre-training filter". Ihre Aufgabe war es, gewalttätige oder sexuelle Texte und Bilder entsprechend zu markieren, um die Ausgabe von ChatGPT zu "entgiften".
Um die Roboter der Zukunft effizient zu entwickeln, werden sie dort eingesetzt werden müssen, wo sie jeden Tag am Menschen trainieren können. In der Projektbeschreibung von IntelliMan ist hier ausdrücklich der Einsatz in den Bereichen Service und Medizin genannt.
Maschinen sind immer zufrieden
Wer sich also in den nächsten Jahren humanoiden Robotern gegenüberstehen sieht, die einem die Hand schütteln wollen, darf sich nicht wundern. In dem Fall haben Projekte wie IntelliMan ihr Ziel erreicht.
Bei allem Fortschrittsdurst, der unsere modernen Gesellschaften plagt, sollte man aber nicht das Menschenbild vergessen, das ihn auslöst; die Vorstellung des perfekten "Arbeiters", der niemals murrt, wenn man ihm Befehle erteilt und die Einkaufstüte auch bei Wind und Wetter effizient an ihren Bestimmungsort trägt.
Die COVID-19-Pandemie bescherte Innovationstreibern wie Ocado zusätzlichen Aufwind. Und im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie sind die Verkäufe immer noch hoch. Aktuell befindet sich Ocados Aktie jedoch im Abwärtstrend. Denn auch wenn es bequem ist, sich Lebensmittel vor die Haustür liefern zu lassen, fielen die Kunden von Ocado, als die Pandemiemaßnahmen endeten, in ihre alten Einkaufsmuster zurück.
Der technologische Automatisierungsprozess der Wirtschaft wird aber weitergehen. Aus ökonomischer Sicht haben Roboter gegenüber Menschen einfach zu viele Vorteile.
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