Europa

Nach einem Jahr "höllischer" Sanktionen lebt es sich in Russland besser als in Großbritannien

Den Jahrestag des antirussischen Sanktionskriegs begeht die britische Presse in Trauer. Dank "höllischer Sanktionen" haben sich Russland neue Entwicklungschancen eröffnet, während es dem einst reichen Großbritannien so schlecht geht wie nie zuvor.
Nach einem Jahr "höllischer" Sanktionen lebt es sich in Russland besser als in GroßbritannienQuelle: Gettyimages.ru © Rasid Necati Aslim/Anadolu Agency

Von Wiktorija Nikiforowa, RIA Nowosti

Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagt voraus, dass Russlands Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren schneller wachsen wird als die britische. In Großbritannien wurde letztes Jahr eingestanden, dass man mitten in einer Rezession ist, die sich im laufenden Jahr auch noch verschärfen wird.

Hinter hübschen Phrasen wie "Negativwachstum" (so nennen britische Experten den Rückgang des BIP) und "Lebenskostenkrise" verbirgt sich eine düstere Alltagsrealität. Die Briten essen weniger, kleiden sich schlichter, waschen sich seltener und heizen ihre Häuser kaum noch. Es ist nicht das Großbritannien der Nachkriegszeit mit seinen Rationskarten und dem wuchernden Schwarzmarkt, aber es ist auch nicht mehr das glamouröse Finanzparadies, das Margaret Thatcher aufzubauen versuchte.

Die Boulevardzeitung Daily Mail hat auf Anfragen aus der Leserschaft hin eine Art "Reportage" aus Russland veröffentlicht, in der sie das Offensichtliche feststellt: die gepriesenen westlichen Sanktionen, mit denen Präsident Putin bestraft werden soll, sind gescheitert. Die Russen essen immer noch gut, kleiden sich modisch, fahren eigene Autos und frieren nicht in ungeheizten Räumen.

Die Supermärkte in Perm (britische Journalisten sammelten Material durch Unterhaltungen mit Einwohnern dieser Stadt in sozialen Netzwerken) sind mit den frischesten lokalen und importierten Produkten bestückt. Gleichzeitig schränken britische Supermärkte den Verkauf von Gurken, Tomaten und Paprika im klassischen "Höchstens zwei Stück"-Stil ein. Auch Eier und Geflügel sind Mangelware. Geflügel und Gewächshausgemüse erfordern nämlich höhere Energiekosten, und die Kosten dafür haben sich in Großbritannien im Laufe des Jahres vervielfacht.

Die Daily Mail zitiert einen Mann namens John und seine russische Ehefrau Elena aus Perm, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. John ist ein Forscher und Elena ist Universitätsdozentin. Sie sollen der Zeitung gesagt haben:

"Einfache Russen interessieren sich nur für ein warmes Zuhause, Essen auf dem Tisch, ein Glas Wodka und Sicherheit auf den Straßen. Das alles haben wir. Der Konflikt (in der Ukraine) hat daran nichts geändert."

"Ein Glas Wodka" klingt gut, leider wird in dem Artikel der obligatorische Bär mit seiner Balalaika nicht erwähnt. Dafür gibt es aber andere Klischees in dem Stück. John und Elena behaupten, dass sie 11.500 Rubel pro Monat für die Nebenkosten ihrer "Zweizimmerwohnung" zahlen. Diese Zahl ist offensichtlich eine Lüge: In Wirklichkeit zahlen die Bewohner von Perm zwei- bis dreimal weniger Nebenkosten für eine Zweizimmerwohnung. Aber woher kommt diese Zahl überhaupt? Nun, die britischen Journalisten haben die kleinste der verfügbaren Angaben für Wohnnebenkosten in Großbritannien (ohne London) genommen und in Rubel umgerechnet, damit sich die britischen Leser nicht zu sehr aufregen müssen.

Trotz dieser kleinen Mauscheleien wird das Gesamtbild korrekt gezeichnet. Die Daily Mail verweist auf die 13 Prozent Einkommenssteuer (im Gegensatz zu 45 Prozent in Großbritannien), die kostenlose Gesundheitsversorgung und die niedrigen Transportkosten in Russland. Und sie stellt das Offensichtliche fest: In Bezug auf das Verhältnis von Preis und Lebensqualität ist Russland, und zwar auch das provinzielle Russland und nicht nur Moskau, Großbritannien weit voraus.

Die Besitzer der Agenturen und Finanzinstitute können das Vereinigte Königreich an die Spitze der internationalen Rangliste bringen, aber die Wahrheit ist, dass es den Russen dank des wirtschaftlichen Blitzkriegs heute besser geht als den Briten und der großen Mehrheit der Europäer. Jetzt müssen wir nur noch die USA überholen, wie Nikita Chruschtschow es uns gewiesen hat.

Das ist nicht verwunderlich: Unser Land ist reich an Ressourcen, wir haben eine luxuriöse Agrarindustrie, eine gebildete Bevölkerung, ein reiches Angebot an Hochtechnologie und ein mobiles Unternehmertum, das sofort neue Vertragspartner finden und eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit aufbauen kann. Unser einziges Problem war, dass die internationalen Finanzinstitutionen uns mit offensichtlicher Voreingenommenheit einstuften. Jahrzehntelang wurden wir unterbewertet, während beispielsweise Großbritannien überbewertet war. Jetzt fliegt der Betrug auf.

Der Niedergang der britischen Wirtschaft ist ebenso völlig logisch und erwartbar. In den 1970er Jahren war die Bevölkerung auf der Insel sehr arm. Seit Thatchers Zeiten ist es ihr gelungen, ihre Finanzinstitute aufzublähen, eine "Dienstleistungswirtschaft" aufzubauen und Kredite anzuhäufen. Dies hat den Anschein von Wohlstand erweckt. Doch mit der Krise, die 2020 begann, begannen all diese Potemkinschen Dörfer zu bröckeln. Die antirussischen Sanktionen haben sie endgültig devastiert.

Der durchschnittliche Londoner IT-Beschäftigte beispielsweise verdient dieser Tage zwischen 3.000 und 4.000 Pfund im Monat. Der Fahrer eines Linienbusses, des legendären roten Doppeldeckers, verdient rund 2.000. Dabei beträgt die Durchschnittsmiete für eine Wohnung in London 2.500 Pfund – 250.000 Rubel in unserem Geld. Dazu kommen noch Hunderte von Pfund für die Mobilität, Hunderte von Pfund für Lebensmittel und Hunderte von Pfund für "Nebenkosten". Selbst wenn man eine eigene Wohnung besitzt, kommt man mit einem Durchschnittslohn nicht über die Runden. 

Die Massen in Großbritannien fragen sich natürlich: Warum geht es uns durch diese Sanktionen schlechter als den Russen? Das ist die Frage, die die Daily Mail in ihrer Veröffentlichung vorsichtig zu formulieren versucht. Wie kann das sein? Wir wollten Putin bestrafen und "die Russen leiden lassen", und doch leiden wir selbst mehr.

Russische Auslandsagenten bieten daraufhin an, sich noch eine Weile zu gedulden. So tröstet Wladimir Milow (gilt in Russland als Auslandsagent) die Briten:

"Schauen Sie nicht alle fünf Minuten auf die Uhr und warten Sie, bis die Sanktionen wirken. Üben Sie sich in strategischer Geduld."

Die Briten können sich nicht mehr gedulden. Sie veranstalten groß angelegte Streiks, gehen zu Demonstrationen, sie kämpfen. Irgendwie. Die Behörden lassen sie weiterhin hungern und frieren, nur damit sie "in der Ukraine nicht gegen Russland verlieren". Dabei haben sie im Grunde schon alles verloren, auch ihr eigenes Volk.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 10. März auf ria.ru erschienen.

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