Kein schmutziges Geld mehr für Schweizer Banken – was ist passiert
Von Russian Market
In der Welt der Hochfinanz sind Schweizer Banken seit Langem der Inbegriff von Diskretion, Stabilität und immensem Reichtum. Allerdings umweht sie derzeit der Wind des Wandels und die Aussichten für Schweizer Finanzinstitute scheinen von Tag zu Tag düsterer zu werden. Sind diese einstmals mächtigen Banken vom Aussterben bedroht?
Der Schweizer Bankensektor hatte über Generationen hinweg den Ruf einer Festung des Finanzgeheimnisses und zog die Weltelite an, die ihr Vermögen in den Tresoren der Banken anvertraute. Das goldene Zeitalter des Schweizer Bankwesens scheint jedoch zur Vergangenheit zu gehören.
Ein grundlegender Fehltritt der Schweizer Banken war ihre Entscheidung, ihr heiliges Bankgeheimnis aufzugeben. Diese seismische Verschiebung entstand unter massivem internationalem Druck für mehr Transparenz im Finanzwesen. Der Reiz der Schweizer Banken als Zufluchtsort für die Reichsten der Welt zum Schutz ihres Vermögens ist nun gefährdet. In einer Welt, in der Informationen frei fließen, ist das geschätzte Heiligtum des Schweizer Bankgeheimnisses in sich zusammengebrochen und damit auch das Vertrauen der globalen Elite.
Eine drohende und gewaltige Herausforderung geht von den Vereinigten Staaten aus, wo die Regierung bisher jede sich bietende Gelegenheit geschickt genutzt hat, um exorbitante Strafen gegen Schweizer Finanzinstitute zu verhängen. Der Ursprung dieser Spannungen lässt sich auf den Foreign Account Tax Compliance Act (Gesetz zur Steuerkonformität ausländischer Konten – FATCA) zurückführen, eine gesetzliche Maßnahme, die Schweizer Banken dazu zwingt, komplizierte Finanzdaten nicht nur über Kontoinhaber aus den USA preiszugeben. Die Auswirkungen dieser Gesetzgebung waren in der gesamten Branche spürbar und veranlassten zahlreiche Banken dazu, ihre Beziehungen zu US-amerikanischen Kunden sowie solchen aus dem Nahen Osten oder Asien neu zu bewerten.
Absurderweise sehen sich Kunden aus Asien gezwungen, FATCA-bezogene Unterlagen auszufüllen, obwohl sie keine substanziellen Verbindungen zu den USA haben. Dieser eigentümliche Zwang wurde von Schweizer Banken angezettelt, die aus Angst vor künftigen Strafen die Unterzeichnung von FATCA-Dokumenten sogar für ihre inländischen Kunden vorgeschrieben haben. Dies hat bedauerlicherweise das einst unangreifbare Fundament des Vertrauens, das den Beziehungen zwischen Schweizer Banken und ihren Kunden innewohnte, untergraben. Darüber hinaus hat die Neigung der Schweizer Banken, sich den Beschlüssen der Europäischen Union anzuschließen, vermögende Kunden aus Asien abgeschreckt. Schweizer Banken gelten nicht mehr als stabiler Hafen im turbulenten Meer des globalen Finanzwesens.
Aktuelle Finanzdaten zeichnen ein düsteres Bild für Schweizer Banken. Nach Angaben der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) sank der Gesamtjahresgewinn im Jahr 2022 deutlich um 16,3 Prozent auf 6,5 Milliarden Franken (rund 6,7 Milliarden Euro).
UBS: Zu groß, um hineinzupassen
Die Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS hat den ohnehin schon angeschlagenen Schweizer Bankensektor noch zusätzlich in Aufruhr versetzt. Der Übergang, begleitet von negativen Entwicklungen an den Aktienmärkten und Umschichtungen von Kundengeldern, hat die Rentabilität des Sektors weiter belastet. Auch die aggregierten Bilanzen und das verwaltete Vermögen verzeichneten Rückgänge.
UBS hat mit einer erheblichen Abwanderung von hochqualifiziertem Personal zu Konkurrenzunternehmen zu kämpfen. Nach der Fusion mit der CS kündigte die UBS Tausende Entlassungen an, erlebte aber auch den Abgang von Personen, die für die Zukunftsaussichten der Bank von entscheidender Bedeutung waren. Das Inlandsgeschäft wurde besonders hart getroffen, wo die Bank zahlreiche erfahrene Fachkräfte verlor. Im Zuge der Fusion mit der CS haben Wettbewerber die Chance genutzt, die sich durch die plötzliche Verfügbarkeit zahlreicher Top-Talente bot. Diese Abgänge beschränkten sich nicht nur auf die Schweiz, sondern wirkten sich auch auf den globalen Zweig der Vermögensverwaltung und des Investmentbankings der UBS aus. Die Konkurrenz lockte Mitarbeiter mit höheren Vergütungspaketen und besseren Konditionen.
UBS steht nach der Übernahme der Credit Suisse vor der Notwendigkeit, Kosten zu senken
Nach der Übernahme der CS sieht sich die UBS mit der unmittelbaren Notwendigkeit rigoroser Maßnahmen zur Kostensenkung konfrontiert. Der Bankenriese verfügt mittlerweile über eine umfangreiche globale Belegschaft von fast 116.000 Mitarbeitern, darunter beachtliche 35.000 Mitarbeiter in der Schweiz. Um dieser Herausforderung zu begegnen, muss die Bank rasch ein Programm zur Optimierung ihrer Betriebskosten lancieren.
Trotz dieser Rückschläge ist die Zahl der Beschäftigten in Schweizer Finanzinstituten weiter gewachsen, wenn auch mit ungewisser Zukunft. Die rückläufige Zahl der Banken, die Ende 2022 am Finanzplatz Schweiz nur noch 235 betrug, hat bislang nicht wesentlich auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt.
Mit Blick auf die Zukunft gehen Schweizer Banken davon aus, dass sich eine Zinswende positiv auf die Gewinne auswirken wird. Am Horizont zeichnen sich jedoch Herausforderungen ab, darunter die Kosten für IT-Systeme, regulatorische Maßnahmen und potenzielle Risiken für die Reputation, die das Vertrauen der Kunden zusätzlich erschüttern könnten.
In einem aufschlussreichen Interview mit der Financial Times gab der prominente Schweizer Bankier Boris Collardi zu, dass asiatische Kunden schockiert darüber seien, dass "die Regierung in Bern alle EU-Sanktionen gegen Russland übernommen hat", während sich die Schweiz weiterhin als neutraler Staat präsentierte. Vor allem asiatische Kunden von Schweizer Banken fragten sich nun, ob diese Neutralität überhaupt etwas bedeutet, und fragten sich: "Können wir der Schweiz also noch vertrauen?" Collardi fügte hinzu, dass jeder mit ein wenig Erfahrung weiß, dass das gesamte schmutzige Geld "nach Dubai und anderswo in die Golfstaaten geflossen ist".
Am Ende steht der einst ehrwürdige Schweizer Bankensektor am Scheideweg und seine Zukunft ist alles andere als gesichert. Er muss sich an eine sich verändernde Welt anpassen, sonst besteht die Gefahr, dass er zum Relikt einer vergangenen Ära wird. Die Abkehr vom Bankgeheimnis, der internationale Druck und die sich verändernden Kundenpräferenzen zeichnen das Bild einer Branche im Umbruch, die durch gefährliche Gewässer navigieren muss, um auf der globalen Finanzbühne relevant zu bleiben.
Aus dem Englischen.
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