Europa

Von der Leyens Pfizer-Affäre: Unerwarteter Tod einer EU-Abgeordneten

Die französische Europaabgeordnete der Grünen-Fraktion, Michèle Rivasi, ist am vergangenen Mittwoch im Alter von 70 Jahren plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Das ist brisant, weil sie als leitende Abgeordnete die sogenannte "Pfizer-Affäre" um Ursula von der Leyen untersuchte.
Von der Leyens Pfizer-Affäre: Unerwarteter Tod einer EU-AbgeordnetenQuelle: www.globallookpress.com © Siavosh Hosseini/Keystone Press Agency

Von Tom Dannert

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gehört zweifelsohne zu den umstrittensten Spitzenpolitikern in der EU. Nicht zuletzt deshalb, weil sie wegen Skandalen und Kritik bezüglich ihrer Arbeit als Bundes- sowie EU-Politikerin immer wieder unter enormen Druck geraten war. Ihre zahlreichen Kritiker werfen von der Leyen wiederholt unter anderem Inkompetenz sowie die Ausnutzung ihrer Position für persönliche Zwecke vor.

In der Tat hat die politische Karriere der Christdemokratin bislang viele Fragen aufgeworfen. So zum Beispiel im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Mitglied des Kabinetts von Angela Merkel in den 2010er-Jahren. Damals, als von der Leyen etwa den Posten der Bundesverteidigungsministerin innehatte – und auch als sie 2019 für den Posten der EU-Kommissionspräsidenten nominiert wurde –, kritisierte man sie in Deutschland lautstark für den "katastrophalen Zustand der Bundeswehr". Zumal die Kritik sogar aus ihren eigenen Reihen kam.

Das bekannte Magazin Politico hatte damals über eine Untersuchung eines Verdachts auf Fehlverhalten des von Ursula von der Leyens geleiteten Verteidigungsressorts im Zusammenhang mit dem Einsatz externer Berater berichtet. Dabei ging es um Vorwürfe, dass das Büro der Ministerin bei der Vergabe von Aufträgen in Millionenhöhe die Vergaberegeln umgangen habe. Anhörungen, die im Bundestag diesbezüglich durchgeführt wurden, sollen den Verdacht auf systematische Korruption in der Verteidigungsbehörde zunächst erhärtet haben. Am Ende brachte die Untersuchung dieser Affäre offiziellen Angaben zufolge aber keine Bestätigung für Korruption.

Die Pfizer-Affäre

Allerdings folgte darauf bald ein noch größerer – und dieses Mal – EU-weiter Skandal, der alles Bisherige in den Schatten stellt und wegen dem von der Leyen als einzige Akteurin aus der EU-Spitzenpolitik am Pranger steht. Die Kommissionspräsidentin hatte im Jahr 2021 nämlich alleinig mit dem US-Pharma-Giganten Pfizer bezüglich horrender Bestellmengen in Milliardenhöhe im Rahmen des "COVID-19-Impfstoffabkommens" verhandelt. Ihr "Zwei-Personendeal" mit dem Pfizer-Chef Albert Bourla gilt inzwischen jedoch als eine zu klärende Affäre rund um die Corona-Krise.

Laut Enthüllungen der New York Times hatte von der Leyen dabei persönlich per SMS Verträge mit Pfizer eingefädelt, die angesichts der Corona-Pandemie eine Abnahme von 900 Millionen Impfdosen – bei einem Preis von 19,50 Euro je Einzeldosis – bis Ende 2023 durch die EU garantierte. Das gesamte Geschäft wird auf rund 35 Milliarden Euro geschätzt.

Trotz der europäischen Bekenntnisse zu Wettbewerb und Transparenz deutet bei diesem Deal einiges auf Korruption hin: Einerseits wären da die immensen und größtenteils ungenutzten Bestellmengen, die inzwischen für Streit zwischen der EU und Pfizer bei den Nachverhandlungen sorgen. Zum anderen hatte von der Leyen dem US-Konzern mit diesem Vertrag eine Monopolstellung in der EU eingeräumt, zum Nachteil der anderen Marktteilnehmer.

Seit dem Bekanntwerden der Affäre hüllt sich die Kommissionschefin jedoch in Schweigen. Sie verweigert nicht nur Journalisten die Auskunft, sondern auch den Organen der EU. Um aber die noch offene Frage zu dem Pfizer-Deal zu klären, wurde dafür eine EU-interne Untersuchung eingeleitet.

Tod von Rivasi

Dabei hat sich vor allem die französische Europaabgeordnete der Grünen-Fraktion, Michèle Rivasi, für Aufklärung eingesetzt. Sie hatte als leitende Abgeordnete seit Monaten dafür gekämpft, Informationen über die geheimen EU-Verträge mit Pfizer sowie den SMS-Schriftverkehr zwischen von der Leyen und Bourla zu erhalten. Dazu wollte die französische Politikerin, die seit 2009 Mitglied im EU-Parlament war, auch einen ausführlichen Bericht veröffentlichen.

Allerdings wird Rivasi ihren Beitrag zur Aufklärung der Pfizer-Affäre nicht mehr leisten können. Sie starb am Mittwoch im Alter von 70 Jahren auf dem Weg zum Europäischen Parlament in Brüssel an einem Herzinfarkt, wie Medien berichteten.

In einer Pressemitteilung heißt es zu dem unerwarteten Tod von Rivasi:

"Michèle Rivasi hat ihr Leben dem Schutz der Artenvielfalt und unserer Gesundheit gewidmet und sich für die Transparenz unserer Institutionen im Interesse der europäischen Bürger eingesetzt."

Was die Corona-Krise angeht, so war Rivasi auch für ihre kontroverse Haltung zu Impfstoffen bekannt. Während der Pandemie hatte sie die Einführung eines "Corona-Zertifikats" und die Pflichtimpfung von Mitarbeitern im Gesundheitswesen in Frankreich kritisiert.

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