EU-Sanktionen gegen Thomas Röper und Alina Lipp in Kraft getreten

Die EU hat am Dienstag neue Sanktionen gegen Russland beschlossen. Es ist das mittlerweile 17. Sanktionspaket. Konkret will die EU damit weiter gegen die sogenannte russische Schattenflotte für den Transport von Öl und Ölprodukten vorgehen, wie EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas mitteilte.
Neben Wirtschaftssanktionen beinhaltet das Paket auch restriktive Maßnahmen gegen Einzelpersonen. In der entsprechenden Durchführungsverordnung sind 21 sanktionierte natürliche Personen und Einrichtungen aufgelistet, darunter auch zwei in Russland lebende deutschsprachige Journalisten: Thomas Röper und Alina Lipp. Die restriktiven Maßnahmen gegen sie werden gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit "destabilisierenden Aktivitäten Russlands" begründet.
Sanktionen gegen Einzelpersonen umfassen Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten. Ein Einreiseverbot hindert eine auf der Liste aufgeführte Person an der Einreise in und der Durchreise durch das Gebiet der EU auf dem Land-, Luft- oder Seeweg. Das Einfrieren von Vermögenswerten bedeutet, dass alle Konten der in der Liste aufgeführten Personen und Einrichtungen bei EU-Banken eingefroren werden. Es ist außerdem verboten, ihnen direkt oder indirekt Gelder oder Vermögenswerte zur Verfügung zu stellen.
Thomas Röper ist im deutschsprachigen Raum als Herausgeber des Blogs Anti-Spiegel bekannt. Zudem arbeitet er mit RT DE zusammen. Nach Auffassung der EU verbreitet er "systematisch Fehlinformationen über den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und spricht der ukrainischen Regierung die Legitimation ab". Mit seinem Netzwerk von Online-Kanälen beteilige er sich am "Einsatz von Informationsmanipulation und Einflussnahme und unterstützt diese, und er erleichtert einen bewaffneten Konflikt in einem Drittland".
Ähnlich lauten die Vorwürfe gegen die Bloggerin Alina Lipp. In ihrem Telegram-Blog "Neues aus Russland" verbreite sie systematisch Fehlinformationen über den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und spreche der ukrainischen Regierung die Legitimierung ab, "insbesondere im Hinblick auf die Manipulation der öffentlichen Meinung in Deutschland". Auch ihre Tätigkeit als Kriegskorrespondentin mit Truppenbesuchen und Beteiligung an den Talkshows im russischen Fernsehen wird Lipp zum Vorwurf gemacht.
"Daher ist Alina Lipp an Handlungen der Regierung der Russischen Föderation, die die Sicherheit und Stabilität in der Union und in einem Drittland (Ukraine) untergraben oder bedrohen, durch den Einsatz koordinierter Informationsmanipulation und Einflussnahme und durch die Erleichterung eines bewaffneten Konflikts in einem Drittland beteiligt und unterstützt sie."
Der Telegram-Kanal von Alina Lipp "Neues aus Russland" hat 180.000 Abonnenten und wird zweisprachig geführt. Der Telegram-Kanal "Anti-Spiegel" hat 127.000 Abonnenten. Alle Internet-Ressourcen, die mit Alina Lipp und Thomas Röper in Verbindung stehen, können aufgrund der verhängten Sanktionen bald im gesamten EU-Raum gesperrt werden. Alina Lipp schrieb dazu auf ihrem Kanal:
"Insgesamt wurden 21 Personen sanktioniert, die meisten davon – Russen. Thomas und ich sind die einzigen Deutschen, außerdem werden noch ein Franzose und ein Türke aufgeführt. Soweit wir wissen, ist es das erste Mal, dass die EU ihre eigenen Bürger sanktioniert und sind auf die Erklärung gespannt, welche Folgen die Sanktionen für uns haben."
Auch Thomas Röper äußerte sich. Seine Abonnenten bat er "bis zur weiteren Klärung" und "im eigenen Interesse" von Spenden an ihn abzusehen.
Mit Lipp und Röper würde ein Einreiseverbot nun erstmals auch Deutsche mit deutschem Pass treffen, eine faktische Ausbürgerung. Individuelle Sanktionen haben zur Folge, dass Personen, die auf der Sanktionsliste der EU stehen, in der Regel nicht in die EU einreisen oder durch sie durchreisen dürfen. Das für die Staatsbürgerschaft zentrale Recht der jederzeitigen Rückkehr ist damit für Lipp und Röper ausgehebelt.
Weiterhin werden alle Vermögenswerte sanktionierter Personen, die sich in der EU befinden, eingefroren, was bedeutet, dass sie nicht mehr verwendet oder verkauft werden können. Auch ist es den sanktionierten Personen verboten, Gelder, Waren oder Dienstleistungen zu erhalten oder zu verwenden. Damit werden – ohne jede Gerichtsverhandlung – diese Personen aller Ressourcen beraubt, die man zu einem gesunden Leben in modernen Gesellschaften benötigt. Da auch Anwaltsdienstleistungen von dem Verbot umfasst sind, wird es den Betroffenen zudem erschwert, sich gegen die Sanktionierung gerichtlich zu wehren.
Die Verabschiedung des 17. Sanktionspakets war zuvor lange im Gespräch. Vor über einer Woche drohten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und EU-Spitzenpolitiker Russland mit noch schärferen Sanktionen, falls es nicht zu einer Waffenruhe in der Ukraine kommen sollte.
Presseecho: Gefährlicher Präzedenzfall
Wie das Nachrichtenportal Transition-News anmerkt, habe die EU mit der Sanktionierung der Journalisten einen beunruhigenden Präzedenzfall geschaffen. Die EU hätte zwar schon zuvor vereinzelt eigene Bürger sanktioniert, doch ein Novum sei wohl, dass die Union deutsche Journalisten wegen ihrer außenpolitischen Berichterstattung mit Sanktionen belegt.
"Folglich würde es sich hier um einen gefährlichen rechtlichen Präzedenzfall handeln, der alle EU-Journalisten, die der NATO-Propaganda widersprechen, in Gefahr bringt."
Laut Apolut sind die Sanktionen gegen Journalisten ein Vorgang von historischer Tragweite – "nicht wegen seiner Größe, sondern wegen seines Charakters":
"Denn diesmal betrifft es keine Staaten, keine Konzerne, keine Waffenlieferanten. Es betrifft eigene Bürger, Journalisten und Blogger. Menschen, die schreiben, was nicht gesagt werden soll – oder nicht mehr gesagt werden darf."
Die Autorin des Apolut-Artikels, die Publizistin Sabine Jahn, warf der Regierung Vernichtungsabsichten vor. Was hier geschieht, habe eine neue Qualität. Es sei eine juristische Auslöschung ohne Urteil, eine moralische Hinrichtung durch Formblatt. Es sei ein Präzedenzfall, der uns alle betrifft, schrieb sie im Namen aller kritischen Journalisten.
"Denn wenn Journalismus dann endet, wenn er nicht mehr in das offizielle Bild passt, dann ist nicht Alina die Radikale. Dann ist das System radikal geworden."
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