Mainstream empört sich über Schröder, Gauland und Krenz wegen Empfang in russischer Botschaft
Am vorgestrigen Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg über NS-Deutschland hatte die Botschaft Russlands zu einem Empfang geladen.
Der Einladung gefolgt waren auch Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der frühere Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzende der DDR Egon Krenz sowie die Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst (Linke), Alexander Gauland und Tino Chrupalla (beide AfD). Derweil hatte die Berliner Polizei das Gedenken an den verschiedenen Erinnerungsstätten der Hauptstadt erheblich behindert.
Empfang in Botschaft
Die Berliner Zeitung berichtete noch vorgestern Nachmittag über die Veranstaltung, auf der der Botschafter der Russischen Föderation, Sergei Netschajew, in einer kurzen Rede daran erinnert habe, dass die deutsche "Todesmaschine" 27 Millionen Bürger der Sowjetunion das Leben kostete. Auch wies er darauf hin, dass die russische Staatsduma die Kriegsverbrechen der Deutschen als Genozid eingestuft hat. Der Botschafter würdigte den Beitrag der damaligen Alliierten und aller Menschen, die Widerstand gegen den deutschen Faschismus geleistet und an der Seite der UdSSR gegen Hitlerdeutschland gekämpft haben.
Kritisch habe der Botschafter zum Verbot, russische Flaggen während der Feiern zum 9. Mai zu zeigen, Stellung genommen und gemahnt, dass es "kein Wiederaufleben des Nazismus geben" dürfe. Netschajew wandte sich gegen die neuerdings geschürte Russophobie und alle Versuche, die Geschichte umzuschreiben, "sie der aktuellen politischen Agenda anzupassen, um die Opfer und die Schlächter, die Sieger und die Besiegten gleichzusetzen." Der russische Botschafter verurteilte, dass in manchen Ländern "Nazis und ihre Handlanger als Nationalhelden gepriesen, die Heldentat der Roten Armee diskreditiert, sowjetische Kriegsgräber geschändet, Denkmäler zerstört und die Symbole des Landes, das für den Sieg über den Nationalsozialismus den höchsten Preis bezahlt hat, verboten" werden.
Zahlreiche diplomatische Vertreter waren zum Empfang in der russischen Botschaft erschienen, so aus den GUS-Staaten, aus Lateinamerika, Afrika, Asien und dem Nahen Osten. Auch ein chinesischer Diplomat sei der Einladung gefolgt.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla überbrachte dem russischen Botschafter ein Geschenk, um seine Dankbarkeit für die Befreiung von der NS-Herrschaft durch die Sowjetunion auszudrücken. Klaus Ernst, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie, betonte gegenüber der Berliner Zeitung, dass er "trotz der komplizierten Situation wegen des Krieges" gekommen sei, weil "Russland entscheidenden Anteil an der Niederwerfung des Faschismus" gehabt habe. Denn hätte die Sowjetunion nicht gesiegt, wäre – so Klaus Ernst – sein Leben anders verlaufen, und "deshalb ist das ein wichtiger Tag".
Tabuisierter Kontakt
Auf den sachlichen Zeitungsbericht folgten alsbald entrüstete Reaktionen seitens deutscher Politiker und Medien.
Die Welt erwähnt den Kommentar des CDU-Politikers und derzeitigen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, Ruprecht Polenz, der die Nennung der anwesenden deutschen Politiker auf Twitter als "Passt" bezeichnet hatte. Darüber hinaus zitiert das Blatt einen Tweet der ehemaligen Europaabgeordneten der Grünen Rebecca Harms, die Chrupalla, Ernst und Schröder als "deutsche Handlanger Putins im russischen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine" tituliert hatte.
Das Springer-Schwesterblatt Bild diffamierte Schröder als "Kreml-Lobbyist", Krenz als "DDR-Verbrecher" sowie Chrupalla und Gauland als "AfD-Bosse". Und weiter im diffamierenden Ton: Schröder habe zusammen mit seiner ebenfalls anwesenden Frau in "schlechter Gesellschaft" in der "Russen-Botschaft" – wie es das Boulevard-Blatt nennt – "gefeiert". Darüber hinaus garniert Bild seinen Bericht aus der russischen Botschaft mit der vermeintlichen Enthüllung der Washington Post über "Erkenntnisse" des Geheimdienstes eines EU-Landes, wonach die AfD und Linkspartei "seit Monaten" angeblich eine gemeinsame Russland-Politik verfolgen würden, ja sich sogar von Putin für einen Putsch unter Beteiligung von Sahra Wagenknecht instrumentalisieren lassen würden (RT DE berichtete).
Fixierung auf die AfD
Unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung mokierte sich über die Farben der Krawatte von Tino Chrupalla, die in Weiß, Blau und Rot gehalten war und damit der russischen Trikolore ähnelte. Zudem wurde vermerkt, Chrupalla habe sich "in jüngster Zeit immer wieder mit dem russischen Botschafter Sergej Netschajew getroffen". Auch Gauland habe "in früheren Jahren mehrfach die Russische Botschaft zu Konsultationen aufgesucht." Zu Klaus Ernst bemerkt die FAZ, dass er sich für den Bau und die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 stark engagiert habe. Ernst habe im September 2022 der Bundesregierung vorgeworfen, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu führen, und überdies zusammen mit Sahra Wagenknecht gefordert, die Russland-Sanktionen zu beenden. Schließlich findet noch Egon Krenz Erwähnung – er und Schröder hätten sich – so die FAZ – "zuletzt auf der Trauerfeier für den verstorbenen DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow getroffen und waren durch ihren vertraulichen Umgang aufgefallen". Schröder habe bereits 1980 als Vorsitzender der SPD-Jusos Egon Krenz, damals Vorsitzender der FDJ, in Bonn empfangen.
Die Frankfurter Rundschau, einst SPD-nah, phantasiert gar einen "Eklat" und "Aufregung" um Gerhard Schröder herbei, denn er habe zusammen mit AfD- und Linkspolitikern in der russischen Botschaft den Tag des Sieges "gefeiert".
Rechtfertigungsdruck
Die Süddeutsche Zeitung zitiert immerhin länger aus einer Erklärung, die Tino Chrupalla der Deutschen Presseagentur gegeben hatte:
"Ja, ich war gemeinsam mit Alexander Gauland, wie sicherlich alle Fraktionsvorsitzenden, zum Empfang in die Russische Botschaft eingeladen."
Am 9. Mai als einem Gedenktag hätten bis vor wenigen Jahren "deutsche Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien selbstverständlich" teilgenommen, so Chrupalla.
"Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen. (...) Dabei war es mir wichtig, die deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart selbstbewusst darzulegen."
Der AfD-Fraktionsvorsitzende fügte hinzu, Aussöhnung sei gerade an derart historisch bedeutsamen Tagen wichtig.
Gestern war ich beim Empfang von @RusBotschaft anlässlich des Kriegsendes. Nicht um für Befreiung zu danken, wie die #BZ schreibt, sondern um die deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart zu erläutern. Mein Geschenk: eine Tasse mit preußischem Adler. Für Frieden und Aussöhnung!
— Tino Chrupalla (@Tino_Chrupalla) May 10, 2023
Story des Tages: Der russische Botschaft in Berlin lud am 9. Mai zum großen Empfang. Wer kam? Altkanzler Gerhard Schröder, der frühere SED-Generalsekretär Egon Krenz, Klaus Ernst von der Linkspartei, die AfD-Politiker Alexander Gauland und Tino Chrupalla https://t.co/YHJjmrdSRn
— Michael Jungwirth (@MichelJungwirth) May 10, 2023
Wie dpa meldete, wollte die Bundesregierung die Teilnahme deutscher Politiker an dem Empfang nicht kommentieren. Dazu sehe man keinen Anlass, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Nach Angaben aus den Fraktionen von SPD, FDP und Grünen seien die jeweiligen Vorsitzenden auch nicht eingeladen gewesen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, habe zur Teilnahme Schröders an dem Empfang erklärt: "Es lässt mich voller Unverständnis zurück." Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr hat der Agentur zufolge die Teilnahme an dem Botschaftsempfang als "völlig unangemessen" bezeichnet. Er fände es "gut", dass "die Botschafter der westlichen Länder hier ein klares Zeichen gesetzt" hätten. Anscheinend wurde Dürr noch nicht über die angebliche Russland-Zusammenarbeit von AfD und Linkspartei unterrichtet. So zeigte er sich über die Teilnahme der AfD-Politiker zwar nicht verwundert, meinte jedoch, "von der Linkspartei hätte ich mehr erwartet."
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