Gesellschaft

"Offener Diskurs Grundpfeiler einer freien Gesellschaft" – Journalisten und Publizisten gegen Zensur

137 Vertreter aus Wissenschaft, Kultur und Medien beklagen in einem Appell die zunehmende Unterdrückung kritischer Stimmen durch Politik und zuarbeitende Institutionen. Das Menschenrecht auf eine freie Meinungsäußerung sei in akuter Gefahr. Zu den Unterzeichnern gehören Julian Assange, Matt Taibbi und Jeffrey Sachs.
"Offener Diskurs Grundpfeiler einer freien Gesellschaft" – Journalisten und Publizisten gegen ZensurQuelle: www.globallookpress.com © JeanMW via www.imago-images.de

Initiiert wurde der Appell von den Journalisten Michael Shellenberger und Matt Taibbi (beide leitende Dokumentatoren der sogenannten "Twitter-Files") sowie dem Autor Andrew Lowenthal. In der einleitenden Darlegung der Notwendigkeit dieses Appells erläutern die Unterzeichnenden ihre Gründe zu dem Zusammenschluss in der dringlichen Mahnung, um "vor der zunehmenden internationalen Zensur zu warnen, die jahrhundertealte demokratische Normen zu untergraben droht". Weiter heißt es auf der Webseite der "Westminster Declaration":

"Wir kommen von links, rechts und aus der Mitte und sind uns einig in unserem Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten und zum Recht auf freie Meinungsäußerung, und wir sind alle zutiefst besorgt über die Versuche, geschützte Meinungsäußerungen als "Fehlinformation", "Desinformation" und mit anderen schlecht definierten Begriffen zu bezeichnen."

Der mutwillige Missbrauch und Einsatz dieser Begriffe hätte in einem bedenklichen Prozess zur "Zensur von Bürgern, Journalisten und Dissidenten in Ländern auf der ganzen Welt geführt". Mittlerweile routinierte Abläufe und Prozedere würden "eine ernsthafte Diskussion über Angelegenheiten von dringendem öffentlichem Interesse unterdrücken". Die Grundprinzipien der repräsentativen Demokratie würden mutwillig untergraben, so der Appell einleitend erläuternd. Nachweislich und bedenklich würden vermehrt "staatliche Akteure, Social-Media-Unternehmen, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen" verstärkt daran arbeiten, "die Bürger zu überwachen und ihnen ihre Stimme zu nehmen". Dieser "industrielle Zensurkomplex" wird laut den Unterzeichnenden "oft durch direkte Regierungsmaßnahmen betrieben" und weiter darlegend:

"In Indien und der Türkei haben die Behörden die Befugnisse erlangt, politische Inhalte aus den sozialen Medien zu entfernen. Der Gesetzgeber in Deutschland und der Oberste Gerichtshof in Brasilien kriminalisieren politische Äußerungen. In anderen Ländern drohen Maßnahmen wie das irische "Hatespeech"-Gesetz, das schottische "Hate Crime"-Gesetz, das britische "Online Safety"-Gesetz und das australische "Misinformation"-Gesetz die Meinungsfreiheit stark einzuschränken und eine abschreckende Wirkung zu entfalten."

Belegbare Beispiele sind auf der Webseite der Deklaration verlinkt. "Subtilere Methoden" dieser Vorgehensweise lauten:

"Dazu gehören die Filterung der Sichtbarkeit, die Kennzeichnung und die Manipulation von Suchmaschinenergebnissen. Durch Deplatforming und Tagging haben die Zensoren der sozialen Medien bereits legitime Meinungen zu Themen von nationaler und geopolitischer Bedeutung zum Schweigen gebracht. Sie taten dies mit voller Unterstützung der "Desinformationsexperten" und "Faktenprüfer" in den Mainstream-Medien, die die journalistischen Werte der Debatte und intellektuellen Auseinandersetzung aufgegeben haben."

Die sogenannte "Twitter-Affäre" hätte nachdrücklich belegt, dass "Technologieunternehmen in Absprache mit Regierungsstellen und Nichtregierungsorganisationen häufig eine zensorische 'Inhaltsmoderation' ausüben". Weitere Warnungen lauten in der Veröffentlichung:

"Bald wird die EU-Gesetzgebung zu digitalen Diensten diese Beziehung formalisieren, indem Plattformdaten an "überprüfte Forscher" aus dem NGO- und Wissenschaftsbereich weitergegeben werden.

Einige Politiker und Nichtregierungsorganisationen zielen sogar auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messaging-Apps wie WhatsApp, Signal und Telegram ab. Wenn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufgehoben wird, haben wir keine Möglichkeit mehr, vertrauliche Gespräche in der digitalen Sphäre zu führen."

Unter einem "Deckmantel der Schadensvermeidung und des Wahrheitsschutzes" wird die laut den Unterzeichnenden "Meinungsäußerung als erlaubte Handlung und nicht als unveräußerliches Recht behandelt". Für die Autoren sei daher wichtig, festzustellen:

"Ein offener Diskurs ist der Grundpfeiler einer freien Gesellschaft und unerlässlich, um Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, schwache Gruppen zu stärken und die Gefahr von Tyrannei zu verringern.

Der Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung gilt nicht nur für Ansichten, denen wir zustimmen, sondern wir müssen auch die Ansichten schützen, die wir entschieden ablehnen. Nur in der Öffentlichkeit können diese Meinungen gehört und angemessen angefochten werden."

Zum Thema bewusster und dabei auffälliger einseitiger Diskussionsdiskurse heißt es:

"Wenn wir bestimmte politische oder wissenschaftliche Positionen als "Fehlinformation" oder "Desinformation" abtun, laufen unsere Gesellschaften Gefahr, in falschen Paradigmen stecken zu bleiben, die der Menschheit hart erarbeitetes Wissen vorenthalten und die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu gewinnen, zunichtemachen. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist unsere beste Verteidigung gegen Desinformation."

Angriffe auf die Meinungsfreiheit sind laut Appelltext "in der Geschichte der Menschheit stets Vorboten für Angriffe auf alle anderen Freiheitsrechte". Diesbezügliches Vorgehen durch "Regime, die die Meinungsfreiheit untergraben, haben unweigerlich auch andere demokratische Grundstrukturen geschwächt und beschädigt", so die Autoren. Die 'Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)', gültig seit 1948, erkläre in Artikel 19:

"Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."

"Die logische Folge" des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei daher "das Recht auf Information". Eine mehr als bedenkliche Entwicklung belege das "Ausmaß und die technischen Mittel, mit denen Zensur durchgesetzt werden kann". Daraus resultierend sei für die Autoren wichtig festzustellen:

"Wir glauben, dass die Meinungsfreiheit wesentlich ist, um unsere Sicherheit vor staatlichem Machtmissbrauch zu gewährleisten – einem Machtmissbrauch, der in der Vergangenheit eine weitaus größere Bedrohung darstellte als die Äußerungen von Einzelpersonen oder sogar organisierten Gruppen."

Die Unterzeichnenden rufen daher zu folgenden drei Maßnahmen auf:

  • Wir fordern die Regierungen und internationalen Organisationen auf, ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen gerecht zu werden und Artikel 19 der AEMR einzuhalten.

  • Wir fordern die Technologieunternehmen auf, sich zum Schutz der digitalen Öffentlichkeit im Sinne von Artikel 19 der AEMR zu verpflichten und von politisch motivierter Zensur, der Zensur abweichender Stimmen und der Zensur politischer Meinungen Abstand zu nehmen.

  • Schließlich rufen wir die breite Öffentlichkeit auf, sich uns im Kampf für die Wahrung der demokratischen Rechte der Menschen anzuschließen. Es genügt nicht, die Gesetzgebung zu ändern. Wir müssen auch von Grund auf eine Atmosphäre der Meinungsfreiheit schaffen, indem wir das Klima der Intoleranz zurückweisen, das zur Selbstzensur ermutigt und Vielen unnötige persönliche Probleme bereitet. Anstelle von Angst und Dogmatismus müssen wir Fragen und Debatten zulassen.

"Wir verteidigen das Recht, Fragen zu stellen. Hitzige Debatten, auch wenn sie Unruhe stiften, sind besser als gar keine."

Meinungsfreiheit stelle die wesentliche Grundlage "für ein sinnvolles Leben und eine blühende Menschheit – durch Kunst, Poesie, Drama, Geschichten, Philosophie, Gesang und vieles mehr". Zu den 137 Unterzeichnenden gehören insgesamt sechs Deutsche, so die Politwissenschaftlerin Ulrike Guérot, die Journalisten Mathias Bröckers und Dirk Pohlmann, der Filmemacher und Komponist Dietrich Brüggemann, der Filmproduzent Robert Cibis (Oval Media) und Micha Narberhaus (Gründer des Smart CSOs Lab).

Internationale Unterzeichnende sind unter anderem: Julian und Stella Assange, Edward Snoden, Jeffrey Sachs, Glen Greenwald, die Wissenschaftler Jay Bhattacharya, Robert W. Malone und Martin Kulldorf, die Schauspieler Tim Robbins und John Cleese sowie der Filmemacher Oliver Stone.

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