Ex-Banker zu fünf Jahren und sechs Monaten für Cum-Ex-Geschäfte verurteilt
Als Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor wenigen Wochen im Bundestagsuntersuchungsausschuss noch eifrig zu der Frage schwieg, was er von den Cum-Ex-Geschäften der Hamburger Bank M.M. Warburg und deren plötzlich verjährten Steuernachforderungen von rund 47 Millionen unter seiner Ägide als Hamburger Bürgermeister gewusst habe, haben viele nur geahnt, dass Richter in einem deutschen Gericht möglicherweise anders reagieren könnten. Nun hat das Landgericht Bonn ein Urteil gesprochen (Az: 62 KLs 1/20).
Dabei ging es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung in Sachen Cum-Ex-Geschäfte, bei denen einmal abgeführte Kapitalertragssteuern Aktien mit (lateinisch: cum) und ohne (lateinisch: ex) Dividendenanspruch vom Fiskus doppelt erstattet wurden. Es ging um die rechte Hand des damaligen Warburg-Chefs Christian Olearius. Und der Manager hinter der Nummer eins der Bank ist nicht der Einzige, gegen den derzeit in Deutschland ermittelt wird: Betroffen sind 1.000 weitere Banker in 80 Verfahren. Deswegen ist das Urteil gegen den zweitwichtigsten Mann der Bank sinngebend. Neben den fünf Jahren und sechs Monaten Haft muss er noch 100.000 Euro Strafe zahlen. Immerhin geht es nur in diesem Verfahren, das nach 29 Verhandlungstagen sein vorläufiges Ende fand, um einen Steuerschaden von 168 Millionen Euro. Die Anklägerin, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, hatte zehn Jahre gefordert.
Nach Informationen der Uni Mannheim und des "Recherchezentrums" Correctiv sollen bei Cum-Ex-Geschäften in ganz Europa rund 55 Milliarden Euro Schaden entstanden sein. Den deutschen Finanzämtern sind zwischen 2001 und 2016 mehr als 31 Milliarden Euro an Steuergeldern entgangen.
Der nun vom Landgericht Bonn Verurteilte kann noch vor dem Bundesgerichtshof gegen das Urteil klagen. Dieses ist noch nicht rechtskräftig. Immerhin hoffen in den meisten Banketagen viele Manager auf die Undurchschaubarkeit der Materie und die Langsamkeit auf der politischen Ebene. Als der Sache dienlich erwies sich selbst Finanzminister Scholz nicht mit seinem plötzlich auftauchenden Erinnerungsverlust im Bundestagsausschuss. Wie andere Richter nun mit dem Urteil umgehen, bleibt abzuwarten.
Nach Handelsblatt-Informationen haben sich rund "ein Dutzend Verdächtige gegenüber der Staatsanwaltschaft geöffnet".
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