Deutschland

Ministerien blocken ab: Anfragen zu Lobbytreffen unerwünscht

An Lobbyismus-Skandalen mangelt es hierzulande nicht. Zwar gibt es mittlerweile ein Lobbyregister, doch fehlen darin wichtige Informationen über Einflussnahme auf die Politik. Dank des Informationsfreiheitsgesetzes hat der Bürger jedoch die Möglichkeit, Näheres zu erfahren –zumindest theoretisch.
Ministerien blocken ab: Anfragen zu Lobbytreffen unerwünschtQuelle: www.globallookpress.com © Christian Ohde / imago-images/ Global Look Press

Auf einen Bundestagsabgeordneten kamen im Jahr 2017 neun Lobbyisten, wenn die Schätzungen von LobbyControl oder Abgeordnetenwatch stimmen, dass 6.000 professionelle Lobbyisten in Berlin arbeiten.

Um zu erfahren, welche Strippenzieher unsere Politik und die Gesetzgebung hinter verschlossenen Türen beeinflussen, hatten viele Organisationen, darunter LobbyControl, die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung und der Deutsche Rat für Public Relations, seit Langem für ein Lobbyregister plädiert. Seit Kurzem hat Deutschland – lange nach den USA, Österreich, Polen, Großbritannien und Kanada – ein solches.

Allerdings ist das nach langem Ringen durchgebrachte Lobbyregister eher ein "Lobbyregister light", wie der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion Jan Korte es nennt. Die Öffentlichkeit erhält keine Informationen darüber, mit welchen Abgeordneten oder Ministerien Verbände und Unternehmen genau sprechen und auf welche konkreten Gesetzesvorhaben und politischen Entscheidungsprozesse diese Einfluss zu nehmen versuchen. Geheime Lobbytreffen bleiben somit weiterhin legale Praxis.

Nach Ansicht der Organisationen Abgeordnetenwatch und FragDenStaat sowie zahlreicher Bürger verfehlt das Register damit sein Ziel. Um dennoch in Erfahrung zu bringen, mit welchen Verbänden und Unternehmen die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren in Kontakt stand, starteten sie die Kampagne Lobbyregister selbst gemacht, in deren Rahmen Fragen an alle 14 Bundesministerien gestellt werden können.

Hunderte Bürger beteiligten sich und stellten nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Anfragen an die jeweiligen Ministerien über deren Treffen mit Lobbyisten und Unternehmen.

Mit dem IFG hat jedermann einen "voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen bei Behörden des Bundes". Das Gesetz besagt, dass die Behörde Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen kann, und wenn der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs wünscht, "so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden".

Doch statt irgendeiner sachlichen Antwort in einer der vorgegebenen Arten erhielt eine Reihe von Bürgern von Bundesbehörden Gebührendrohungen, die die Fragesteller offenbar abschrecken sollten, wie im Beispiel der Frage an das Bundesfinanzministerium hinsichtlich der Treffen mit Vertretern von Bundesverband für die Immobilienwirtschaft (BVFI) im Jahr 2019.

Auch viele andere der 800 Auskunftsanträge zu Gesprächen mit dem Bankenverband, der Deutschen Bank, der Lufthansa oder anderen Wirtschaftsvertretern und Bundesministerien wurden abgelehnt, wobei häufig ebenfalls darauf verwiesen wurde, dass die Auskunft kostenpflichtig sei.

Die betroffenen Bürger haben bereits von FragDenStaat eine Antworthilfe erhalten, auch Abgeordnetenwatch sagte Unterstützung zu und kündigte an, notfalls werde man sich vor Gericht wiedersehen – es wäre nicht das erste Mal, dass die Zivilgesellschaft einen zähen Kampf mit transparenzresistenten Ministerien führt.

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