US-Firma Palantir schöpft jetzt mit Bayern in einem dritten Bundesland Sicherheitsdaten ab
Die amerikanische Palantir Technologies Inc. wurde zu Beginn der 2000er-Jahre im US-Bundesstaat Delaware gegründet. Das Unternehmen entwickelt und installiert bei seinen Kunden Software-Plattformen für die Analyse und Auswertung von Massendaten (Big Data) aus unterschiedlichen Datenquellen. Dementsprechende Programme tragen Namen wie Gotham oder Foundry. Palantir Technologies Inc. hat seit 2020 seinen Firmensitz in Denver, Colorado, zuvor war das Unternehmen in Palo Alto im Herzen des Silicon Valley in Kalifornien angesiedelt. Die deutsche Tochtergesellschaft Palantir Technologies GmbH mit Sitz in Frankfurt entstand im Oktober 2012.
Das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) teilte zu Beginn dieser Woche mit, dass die Palantir Technologies GmbH den Zuschlag für das "Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem (VeRA)" erhalten hat. Zuvor war das Bundesland Hessen 2017 eine dementsprechende Kooperation mit der deutschen Tochtergesellschaft des US-Unternehmens eingegangen. Im Mai 2017 hatte Palantir den Zuschlag für den Einsatz seiner Analyse-Software Gotham bei der Polizei Hessen bekommen. In einem Artikel der Frankfurter Rundschau heißt es zum Gotham-Programm:
"Die Stärke von 'Gotham' liegt nach Angaben des Unternehmens in der Verknüpfung von strukturierten Daten wie Tabellen mit unstrukturierten wie Dokumenten oder Fotos. Die Software soll Zusammenhänge zwischen Objekten, Menschen und sogar Ermittlungen erkennen können, die der Polizist am Schreibtisch entweder gar nicht oder nur mit sehr viel mehr Aufwand finden kann. Sämtliche Daten verschiedener Quellen – auch sozialer Netzwerke – soll das Programm innerhalb kürzester Zeit automatisch analysieren und den Ermittlern so zum Beispiel detailliert alle Verbindungen einer Person liefern können."
Das Programm kann zum Beispiel innerhalb von Sekunden ermitteln, "ob eine verdächtige Person Verbindungen zu sogenannten "Gefährdern" hat. Um eine solche Verbindungslinie zu ziehen, reicht ein entferntes Verwandschaftsverhältnis, dasselbe Wohnhaus, ein Handykontakt oder die Tatsache, irgendwann einmal bei einer Polizeikontrolle im selben Auto gesessen zu haben", so die Darlegungen im Artikel. Dies bedeutet, dass Palantir seit 2017 ein "System namens Projekt HessenData (aufsetzend auf der Plattform Gotham) für die hessische Polizei geliefert und angepasst hat und damit betreibt".
Dezember 2019 wurde dann eine Zusammenarbeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen bekannt. Die Seite police-it.net zitiert dazu aus der Vergabebekanntmachung: "Das DAR – ein System zur 'datenbankübergreifenden Analyse und Recherche' sollte 'innerhalb nur weniger Monate geliefert, in die bestehende IT-Architektur der Polizei NRW eingepasst, im 3. Quartal 2020 abgenommen und in den Wirkbetrieb überführt werden'."
Projektleiter Jürgen Brandl vom BLKA erklärte zur anvisierten Aufgabenstellung des kommenden "Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analysesystem (VeRA)":
"'VeRA' soll bereits vorhandene Informationen aus verschiedenen Datenbanken verknüpfen, die der Polizei zur Verfügung stehen. Dazu gehört zum Beispiel das Vorgangsbearbeitungssystem, in dem etwa alle Anzeigen und die dazugehörigen Sachverhalte gespeichert sind."
Zum Thema des bayerischen Auswahlverfahrens kommentiert die Seite police-it.net kritisch: "Sehr ungewöhnlich an diesem Vergabeverfahren ist, dass Bayern nicht nur für den eigenen Bedarf aktiv wird, sondern eine Art Rahmenvereinbarung schließen möchte, aus der das Bundeskriminalamt und die Polizeibehörden der anderen Bundesländer dieses System abrufen können. Es handelt sich also faktisch um ein (eingeschränktes) Vergabeverfahren, mit dem in neues Bund-Länder-Verbundsystem vergeben wird."
Es sei daher kaum ein Zufall, dass "alle Systeme für deutsche Polizeibehörden, über die bisher zu berichten war, nämlich HessenData, DAR in NRW und nun VeRA, von Palantir stammen bzw. – im Fall von VeRA – vermutlich stammen werden", so die Einschätzung von police-it.net. Aufgrund des nun abgeschlossenen federführenden Rahmenvertrages durch das BLKA könnten Polizeien von Bund und Länder ohne zusätzliche Vergabeverfahren bei Interesse nachziehen. Der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri sprach laut der dpa von einem "massiven Eingriff in die Grundrechte ganz vieler Menschen". Mit dem VeRA kann laut Brandl frühestens ab Ende des Jahres gearbeitet werden.
In der Pressemitteilung des Unternehmens Palantir zum Jahresabschluss 2021 heißt es am Ende: "Who dares, wins" – wer wagt, gewinnt. Der Mitgründer und CEO von Palantir Technologies, Dr. Alex Karp, wird mit den Worten zitiert:
"Wir wissen, dass jede Technologie – auch die unsrige – gefährlich sein kann. Software kann als Waffe eingesetzt werden. Die von uns entwickelten Softwareprodukte haben Leben gerettet und gekostet."
Das Unternehmen gilt aufgrund seiner sehr engen Arbeitskontakte zur US-Regierung weltweit als äußerst umstritten. Im Dezember 2020 informierte ein Artikel aus den USA darüber, dass das US-Mutterunternehmen mit der US-Regierung im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschafts-Kooperation (Private-Public-Partnership) zur Herstellung und Verteilung von COVID-19-Impfstoffen an die US-Bevölkerung die Operation Warp Speed ins Leben rief. Im selben Artikel heißt es zu vorherigen Aktivitäten von Palantir:
"Palantir Technologies ist wegen seiner unterstützenden Rolle bei der militärischen Besetzung des Irak und Afghanistans durch die USA sowie wegen seiner Beteiligung an der Inhaftierung 'illegaler' Einwanderer im Rahmen von Verträgen mit dem Ministerium für Innere Sicherheit und an Strafverfolgungsprogrammen zur 'vorausschauenden Polizeiarbeit', die unverhältnismäßig viele Minderheitenviertel betreffen, umstritten. Ebenso umstritten, aber vielleicht weniger bekannt, sind die langjährigen und dauerhaften Verbindungen von Palantir zur CIA und anderen Geheimdienstunternehmen im Allgemeinen, die eng in die Entwicklung der Palantir-Produkte eingebunden waren, die jetzt in den Datenbanken von Regierungen und Unternehmen auf der ganzen Welt laufen."
Zum engeren Datenabschöpfungskundenkreis muss man durch den nun bestätigten Zuschlag des BLKA auch Deutschland zählen. Palantir pflegt nebenbei einen engen Kontakt zum deutschen Telekommunikations-Unternehmen Telekom. Ein Tweet vom August 2021:
Alex Karb , CEO von Palantir, im Dialog mit Tim Höttges. Karb beschäftigt sich mit der Software der Zukunft …. Tim ist überzeugt dass diese Datenschätze genutzt werden müssen die aufgebaut werden ^fm . #digitalxpic.twitter.com/mTcIUYBpiY
— Deutsche Telekom Business (@TelekomGK) September 7, 2021
Die Kontaktaufnahme liegt jedoch wesentlich länger zurück. Der Telekom-Vorstandsvorsitzende Tim Höttges flog im Jahre 2016 nach Silicon Valley, um im Anschluss an seinen Besuch schon damals begeistert zu berichten:
"Ein sehr spannendes Big-Data-Projekt ist Palantir, bei dem wir versuchen, den gesamten Planungs- und Finanz-Budgetierungsprozess dank künstlicher Intelligenz in Zukunft besser vorherzusehen."
Palantir wurde federführend vom Tech-Milliardär Peter Thiel gegründet, einem der jüngsten Investoren bei Elon Musks Firma Neuralink. Neuralink ist ein Unternehmen, das es als Firmenziele definiert, Gehirnimplantate mit hoher Bandbreite zu entwickeln, die dann zum Beispiel mit Telefonen und Computern kommunizieren könnten.
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