Negative Folgen durch Maßnahmen gegen Corona: 2 Millionen Kinder in Deutschland übergewichtig
Eine Studie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) in Zusammenarbeit mit dem Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin in München (EKFZ), einer von der gleichnamigen Stiftung (EKFS) finanzierten Forschungseinrichtung an der TU München, offenbart als Ergebnis erschreckende Tatsachen in Bezug auf Auswirkungen und Folgen der politisch verordneten Maßnahmen in den Coronajahren 2020 und 2021 auf die Kindergesundheit in Deutschland:
"Jedes sechste Kind in Deutschland ist seit Beginn der Corona-Pandemie dicker geworden, fast die Hälfte bewegt sich weniger als zuvor, etwa ein Viertel isst mehr Süßwaren."
Besonders betroffen seien dabei "Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien", so die Erkenntnisse der Adipositas-Gesellschaft. Von Adipositas spricht man, wenn der Fettanteil im Körper übermäßig hoch ist. Demnach sind diese Leidtragenden "doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien". Die DAG und das EKFZ fordern daher mit hoher Dringlichkeit einen "Marshall-Plan für die Kindergesundheit", um die Folgen der Pandemie dadurch möglichst aufzufangen:
"Als Sofortmaßnahmen empfehlen die Experten und Expertinnen eine Besteuerung von Zuckergetränken, Werbeschranken für ungesunde Lebensmittel und eine Stärkung der Adipositas-Therapie, die in Deutschland chronisch unterfinanziert sei."
Dr. Susann Weihrauch-Blüher, Oberärztin an der Universitätskinderklinik Halle/Saale und Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG, bemerkt im Ergebnis der Studie:
"Eine Gewichtszunahme in dem Ausmaß wie seit Beginn der Pandemie haben wir zuvor noch nie gesehen. Das ist alarmierend, denn Übergewicht kann schon bei Kindern und Jugendlichen zu Bluthochdruck, einer Fettleber oder Diabetes führen."
Prof. Hans Hauner, Direktor des EKFZ und DAG-Vorstandsmitglied, wird mit den Worten zitiert:
"Wir sehen gewaltige Folgen auf die Bevölkerung zukommen, die wahrscheinlich weit über die der eigentlichen Corona-Infektionen hinausgehen ...
Die Folgen der Pandemie müssen aufgefangen werden, sonst werden die 'Corona-Kilos' zum Bumerang für die Gesundheit einer ganzen Generation."
Weihrauch-Blüher ergänzt jedoch mit dem Hinweis, dass schon vor den Corona-Monaten "15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht betroffen" waren, "sechs Prozent sogar von starkem Übergewicht". Diese ungleiche Krankheitslast hätte die Situation der betroffenen Kindergruppen in der Coronazeit noch "erheblich verschärft". Die wichtigsten Ergebnisse der untersuchten 1.004 Eltern mit Kindern im Alter von 3-17 Jahren belegen unter anderem:
- 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind dicker geworden, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 32 Prozent,
- Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien sind doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien (23 zu 12 Prozent),
- 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegen sich weniger als vor der Pandemie, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 57 Prozent,
- Bei 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen hat sich die körperlich-sportliche Fitness verschlechtert, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 48 Prozent,
- Bei 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen belastet die Pandemie die seelische Stabilität "mittel" oder "stark",
- 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben die Mediennutzung gesteigert,
- 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen greifen häufiger zu Süßwaren als zuvor.
Prof. Hauner kritisiert laut der Berliner Zeitung die falschen Signale, die von den Kampagnen der Bundesregierung im ersten Coronajahr 2020 ausgesandt wurden.
"Das Bundesgesundheitsministerium hat im Herbst 2020 flotte Videos erstellt, in denen junge Menschen bequem auf dem Sofa lagen, Medien konsumiert haben. Dann hat es geläutet an der Tür und da stand der Pizza-Dienst."
#besondereheldenpic.twitter.com/lrb0ntUee3
— Steffen Seibert (@RegSprecherStS) November 14, 2020
Erst kürzlich hatte die WHO Europa vor den Folgen der Adipositas-Epidemie gewarnt und auf "nachteilige Veränderungen bei Ernährungs- und Bewegungsmustern" durch die COVID-19-Pandemie hingewiesen. Selbst der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte laut der Adipositas-Gesellschaft im Februar dieses Jahres vor einer "Zunahme von Adipositas" gewarnt und Gegenmaßnahmen empfohlen. Prof. Hauner beklagt laut dem Artikel der Berliner Zeitung zudem die immer noch weitgehend "fehlende Transparenz bei Lebensmitteln". So heißt es dort:
"Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller, über ein sogenanntes Nutri-Score ungesunde Inhaltsstoffe auf Verpackungen kenntlich zu machen, reiche nicht aus. Die Industrie wird nicht daran denken, ihre Produkte diesbezüglich auszuzeichnen. Doch sei offenbar eine einflussreiche Lobby im Hintergrund am Werk, die verbindliche Reglungen verhindere."
Ein weiteres großes Problem, neben der schlechten Ernährung, sei die mangelnde Bewegung der gefährdeten Kinder und Jugendlichen. 44 Prozent bewegen sich demnach laut der Umfrageauswertung weniger als vor der Zeit der Coronakrise, demgegenüber aber nur sieben Prozent mehr als früher. Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP im Deutschen Bundestag, gibt der Regierung unter Ex-Kanzlerin Angela Merkel eine nicht unwesentliche Schuld an den Entwicklungen. Die Bild-Zeitung zitiert ihn mit den Worten:
"Das faktische Sportverbot während der Corona-Krise war ein Fehler. Von diesem Fehler haben wir die Vorgängerregierung immer gewarnt."
Einen weiteren Grund für die mangelhafte Bewegungsmotivation der Kinder und Jugendlichen findet man in der übermäßig gesteigerten Mediennutzung.
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