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"Putins nützlicher Idiot"? Kubicki verteidigt Forderung nach Öffnung von Nord Stream 2

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte sich am Freitag für die Öffnung von Nord Stream 2 ausgesprochen. Dafür hagelte es Kritik von vielen Seiten – besonders scharf von der "Welt". Nun rechtfertigt sich Kubicki in einem Gastbeitrag in dem Springerblatt.
"Putins nützlicher Idiot"? Kubicki verteidigt Forderung nach Öffnung von Nord Stream 2Quelle: AFP © John MacDougall

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat in einem Gastbeitrag im Springerblatt Die Welt seine Forderung nach Öffnung der Gaspipeline Nord Stream 2 verteidigt. Der Politiker war nach Bekanntwerden seiner Forderung von vielen Seiten kritisiert worden, unter anderem von der Welt. Nun rechtfertigte sich Kubicki in der Zeitung.

In der Onlineversion der Zeitung wies Kubicki den Vorwurf zurück, dass sein Vorschlag Putins Propaganda nütze. Er habe emotional großes Verständnis für jeden, der angesichts des "verbrecherischen russischen Angriffskriegs" ein Ende des russischen Rohstoffbezugs fordere, so der Politiker in seinem Beitrag. Doch er schreibt weiter:

"Einige meiner Kritiker bei WELT und anderswo scheinen aber der Meinung zu sein, dass wir unserer moralischen Verpflichtung gegenüber dem heldenhaften Verteidigungskampf der Ukrainer dadurch gerecht werden, Putin weiter überteuertes Gas abzukaufen und ihm gleichzeitig das Argument zu liefern, unsere Volkswirtschaft am langen Arm verhungern zu lassen."

Weiter führt der 70-Jährige aus, dass "Putins Kriegskasse" zwar gefüllt bleibe, "das grausame Schlachten in der Ukraine" weitergehe und Deutschlands Möglichkeiten zur Unterstützung der Ukraine geringer würden, "während in Deutschland die sprichwörtlichen Lichter ausgehen". Dann fragt Kubicki:

"Wer genau ist in dieser Gemengelage eigentlich 'Putins nützlicher Idiot'?"

In den Tagen nach dem "Start der Invasion" habe es verschiedene Möglichkeiten einer "'sauberen' Reaktion" gegenüber Russland gegeben, schreibt der FDP-Mann weiter. Eine sei gewesen, "sofort jeden Bezug von Rohstoffen aus Russland zu stoppen". Doch es sei der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gewesen, der solchen Forderungen damals eine klare Absage erteilt habe. Zudem habe Habeck klargestellt, dass es hier nicht um "individuelle Komforteinschränkungen" gehe, sondern um gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Schäden "schwersten Ausmaßes".

Kubicki formuliert weiter, dass er diese Einschätzung von Habeck damals für richtig gehalten habe und es auch heute noch so sehe. Ein Gas-Embargo vonseiten Deutschlands sei "derzeit unverantwortlich". Wer ihm insoweit folge, der werde schwer erklären können, warum Deutschland eine Pipeline [Nord Stream 2] geschlossen halte, während Berlin für die Nord-Stream-1-Turbine sogar Ausnahmeregelungen von den Sanktionen erwirke, führt Kubicki weiter aus. Die technischen Probleme bei Nord Stream 1 seien "natürlich vorgeschoben". Und Kubicki ergänzt:

"Aber warum machen wir es dem Kreml so leicht, damit durchzukommen?"

Wenn Nord Stream 2 offen sei und trotzdem kein Gas komme, werde "die planvolle Schwächung unserer Volkswirtschaft durch Putin für den letzten Zweifler offenbar werden". Doch, so Kubicki weiter, "wenn aber Gas fließt, machen wir unsere Speicher voll und konzentrieren uns auf die Herkulesaufgabe der nächsten Monate: die schnellstmögliche Unabhängigkeit von russischem Gas". Dann könne man alle Leitungen dichtmachen.

Die große Mehrheit der Leser der als transatlantisch und russlandfeindlichen einzuordnenden Welt scheint Kubicki zuzustimmen. Laut dem Abstimmungsinstrument unter dem Artikel teilten (Stand 10:15 Uhr) 3.572 Leser die Meinung des FDP-Mannes, 369 lehnten sie ab.

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