Deutschland

"Symbol des entleerten Gesichts" - Wissenschaftler hinterfragen Maskenpflicht

Die Ampel-Koalition plant ab Oktober die Fortführung einer verbindlichen Maskenpflicht laut Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Nun kritisiert eine Gruppe von Wissenschaftlern die Definitionen des IfSG erneut, und fordert den Nachweis einer existierenden Notwendigkeit für die entsprechenden Verordnungen.
"Symbol des entleerten Gesichts" -  Wissenschaftler hinterfragen MaskenpflichtQuelle: Gettyimages.ru © SolStock

Eine Wissenschaftsgruppe mit knapp achtzig Mitgliedern aus unterschiedlichsten Fachausrichtungen wendet sich in einer offenen Stellungnahme auf ihrer Webseite 7 Argumente erneut an die verantwortliche Politik. Unter dem Titel: "Keine evidenzfreie Maskenpflicht!" wird eindeutige Kritik formuliert, hinsichtlich der geplanten Maßnahmenverordnungen über die Maskenpflicht in Deutschland. So heißt es zu Beginn der Veröffentlichung:

"Wer in einem Rechtsstaat elementare Bürgerrechte einschränken will, muss zunächst die Notwendigkeit dafür nachweisen. In der aktuellen Neuauflage des IfSG kommt der Maskenpflicht als 'möglichst wenig einschränkende' Maßnahme zentrale Bedeutung zu."

Ab Oktober soll nach entsprechendem Beschluss eine Maskenpflicht im Fern- und Flugverkehr sowie eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten. Entsprechend den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) könnte durch entsprechende Verordnungen seitens der Länder die Maskenpflicht in gesellschaftlichen Teilbereichen ausgeweitet werden. Die Autoren geben der verantwortlichen Politik zu bedenken:

"Experten wie K. Stöhr oder J. Schmidt-Chanasit haben hingegen darauf hingewiesen, dass es keine wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen einer Maskenpflicht gibt und diese auch den Empfehlungen wissenschaftlicher Fachgesellschaften widerspricht."

Der Epidemiologe Klaus Stöhr, Mitglied im Corona-Sachverständigenausschuss des Bundestages, attackierte jüngst Minister Lauterbach für dessen Twitter-Mitteilung:

"Omikron BA.5 ist extrem ansteckend. Wenn man Maske trägt, sollte sie auch wirken. Daher die FFP2 Pflicht."

Stöhr erwiderte darauf unmissverständlich in seinem eigenen Twitter-Beitrag:

"Karl Lauterbach: Konsequentes Negieren des wissenschaftlichen Konsens. Bitte befragen Sie Ihre Experten zu diesem Thema."

Stöhr verweist in seinem Twitter-Beitrag auf eine Stellungnahme der DGKH (Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene) vom Juli 2021. Dort heißt es, unter dem Titel: "FFP2-Masken müssen sicherer werden – und sind keine Option für die Bevölkerung":

"In der Folge hat sich die DGKH kritisch zu den FFP2-Masken und einer Nutzung außerhalb des Gesundheitswesens durch Laien geäußert. Dicht sitzende FFP2- Masken (und das ist ja der Sinn) erfordern eine erhöhte Atemarbeit, die von älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, aber auch Menschen mit Atemwegserkrankungen nicht geleistet werden kann. Auch die fehlende Auswahlmöglichkeit für eine dem Gesicht angepasste Maske, das Fehlen von Schulungen für richtiges Tragen und das Fehlen von Dichtsitzprüfungen sprechen gegen jede Empfehlung für das Tragen von FFP2-Masken außerhalb des Gesundheitswesens. Dies müsse dazu führen, dass die Masken undicht getragen werden und insofern keinerlei Schutz bieten." 

Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit antwortete in einem Interview auf die Frage, ob eine allgemeine Maskenpflicht, etwa in Innenräumen, sinnvoll sei:

"Für verpflichtende Maßnahmen auf Bevölkerungsebene besteht, wie in fast allen anderen europäischen Ländern, keine Notwendigkeit mehr."

Die Regelung von FFP2-Masken in Altersheimen und anderen öffentlichen Räumen, existiere "in fast keinem anderen Land der Welt außer in Deutschland." In der Stellungnahme der Wissenschaftler heißt es weiter:

"Selbst der Evaluationsbericht einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertengruppe konnte keine ausreichenden Belege für eine Wirksamkeit anführen: ... "Denn randomisierte, klinische Studien zur Wirksamkeit von Masken fehlen. Die Wirkung sei v.a. psychologischer Art ..., da durch Masken im Alltag allgegenwärtig auf die potentielle Gefahr des Virus hingewiesen wird.' (S. 87f)."

Die Thieme-Verlagsgruppe, ein Verbund aus Wissenschaftsverlagen, stellte bereits im August 2020 zum Thema Maskenpflicht in einer Veröffentlichung mit dem Titel: "Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit: Keine Hinweise für eine Wirksamkeit", fest:

"Dabei besteht das Risiko, dass der – schon zwangsläufig – unsachgemäße Umgang mit der Maske und die erhöhte Tendenz, sich selbst ins Gesicht zu fassen, während man die Maske trägt, tatsächlich das Risiko einer Erregerverbreitung und damit Erregerübertragung noch erhöht – ein Risiko, das man doch aber gerade durch die Maske reduzieren will."

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ) betont in einer aktuellen Veröffentlichung aus dem August 2022:

"Wir stellen dabei klar, dass weder derzeit noch nach aller Voraussicht im ganzen kommenden Herbst/Winter die Pflicht zum Tragen von Masken in Schulen (das schließt insbesondere weiterführende Schulen mit ein) und anderen Bildungseinrichtungen zu rechtfertigen sein wird."

International würde das Thema COVID-19 "inzwischen weitgehend als normales Lebensrisiko eingeordnet", so die Autoren der Webseite 7 Argumente. Sie warnen:

"Die Frage der Verhältnismäßigkeit muss daher neu gestellt werden, umso mehr, als eine Maskenpflicht alles andere als ein geringer Eingriff ist. Selbst die Expertengruppe benennt etwa Kopfschmerzen als Folgen. Zahlreiche Studien belegen noch weit gravierendere Gesundheitsgefahren bis hin zu dauerhaften Gehirnschäden durch zu hohe CO2-Konzentration, bakteriellen Entzündungen oder Pilzbefall der Lunge, die strafrechtliche Fragen aufwerfen." 

Die eingeforderte Maske in dem Gesicht der Menschen, sei in den Jahren der Corona-Krise zudem "zum Symbol des entleerten Gesichts geworden: Nicht mehr Individuen treten auf, sondern es wird eine Masse erzeugt", so der Autorentext. Die Einschätzung lautet:

"Die Gesichtsbedeckung steht für den Versuch, das Unkontrollierbare zu kontrollieren und symbolisiert nicht selten eine zunehmende Nähe zum magischen Denken: Auf nicht unmittelbar überprüfbaren Überzeugungen basierendes Verhalten mit Unheil abwehrender Absicht wird in der vergleichenden Religionswissenschaft der Magie zugeordnet."

Rein politisch motiviert würde durch eine fortdauernde Maskenpflicht "die Visualisierung der Bedrohung" dargestellt, ein "kommunikativer Kontrollmechanismus" geschaffen, der "stark emotional besetzt ist." Der Journalist Stefan Aust formulierte schon im Jahre 2020 seine Feststellung:

"Die Maske muss der Maske wegen getragen werden. Als Symbol für Gehorsam den Maßnahmen der Regierung gegenüber."

Ganz im Gegensatz zu den gesellschaftlichen Wahrnehmungen äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ebenfalls im Jahre 2020 mit der Erkenntnis:

"Die Maske ermöglicht mehr Normalität und wird noch zu einem Symbol von Freiheit."

Abschließend fragt die Autorengruppe, ob nach dem jüngsten "Maskengate" – im Zuge der Ereignisse rund um den Flug einer Gruppe von Politikern und Journalisten nach Kanada – eine Maskenpflicht "überhaupt noch glaubwürdig" sei. "Wenn die Bevölkerung sich fragt, ob die Maßnahmen für Politiker nicht gelten", sollte deren generelle Zulässigkeit "spätestens jetzt dringend infrage gestellt werden." Resümierend heißt es in der Veröffentlichung:

"Offenbar sind Verordnungen auf Basis eines Notstandes zu fehler- und missbrauchsanfällig."

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