Deutschland

Deutsche Wohnen, Vonovia & Co: Enteignung von Wohnungskonzernen juristisch möglich

Seit dem erfolgreichen Volksentscheid in Berlin für eine Enteignung von Wohnungskonzernen mit mehr als 3000 Wohnungen prüfen dreizehn Experten, ob Wohnungsunternehmen in Berlin enteignet werden können. Am Freitag wurde ein Zwischenbericht publik, wonach es rechtlich möglich sei.
Deutsche Wohnen, Vonovia & Co: Enteignung von Wohnungskonzernen juristisch möglichQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/ / Global LookPress

Eine von der Mehrheit der Berliner befürwortete Vergesellschaftung von Wohnraum in der Stadt könnte rechtlich möglich sein. Das geht aus dem Entwurf eines Zwischenberichts der Expertenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" hervor, der durch Recherchen der Berliner Morgenpost bekannt wurde. Zwar sind weitere Fragen offen, doch das dreizehnköpfige Gremium sieht hinsichtlich der Enteignung durchaus eine Gesetzgebungskompetenz des Landes, so das Papier, das auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Seit Jahren steigen die Mieten nicht nur in Berlin rasant, unter anderem durch Spekulation und damit verbundenem Leerstand, während sich die Profitorientierung von Vermieterkonzernen bei Mietern durch teils unmenschliche Verdrängungspraktiken bemerkbar macht. Schon vor den andauernden Krisen von Pandemie und Ukraine-Krieg sahen im Januar 2019 vier von fünf befragten Deutschen in den hohen Wohnkosten ein erhebliches Armutsrisiko, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Caritas zeigte. Bereits Studien aus dem Jahr 2016 machten deutlich, dass Mieter gegenüber Eigentümern massiv benachteiligt sind. Dass das Problem einer drohenden Wohnungslosigkeit durch überhöhte Mieten schon im Jahr 2018 in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen war, ist kein Nischenwissen. Demgegenüber standen "leistungslose Ertragssteigerungen" durch Immobilienbesitz, der gerade von großen Konzernen und ausländischen Millionären nicht immer sauber erworben und verwaltet wurde.

Im September letzten Jahres war die Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" in Berlin mit dem von ihr angestoßenen Volksentscheid zu Enteignungen von Immobilienkonzernen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin erfolgreich. Bei der Abstimmung parallel zu den Wahlen des Abgeordnetenhauses und des Bundestags votierten gut 59 Prozent der Wähler dafür. Seit April berät die Expertenkommission unter Leitung der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin darüber, ob, das Anliegen umgesetzt werden kann, und wenn ja, wie. Bis April 2023 werden die endgültigen Ergebnisse des Gremiums erwartet, auf deren Basis der Senat über sein weiteres Vorgehen entscheiden will. Das gelte unabhängig von der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar.

In Reaktion auf die Veröffentlichung dieses Papiers hieß es jetzt seitens der Kommission, dass es sich dabei lediglich um "Auszüge eines Vorentwurfs" handle, der von der Kommission in keiner Weise legitimiert sei. Der offizielle Zwischenbericht soll erst am kommenden Donnerstag vorgestellt werden. Viele Detailfragen zu dem Kommissionspapier seien den Experten zufolge noch offen. Zu mehreren Punkten gibt es innerhalb des Gremiums auch noch unterschiedliche Einschätzungen, so beispielsweise zur Bemessung der Höhe der Entschädigungssumme.

Die Zwischenergebnisse der Expertenkommission wertete die Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" als "grünes Licht für die Enteignung großer, profitorientierter Immobilienkonzerne", erklärte die Sprecherin Isabella Rogner. Der Senat müsse nun unverzüglich einen Fahrplan für die Vergesellschaftung vorlegen. Die zumindest bis zur Wahlwiederholung Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wies im RBB-Inforadio darauf hin, dass es sich nur um einen Zwischenbericht handele und vieles noch ungeklärt sei. Dazu gehöre die zentrale Frage, ob der Artikel 15 des Grundgesetzes, der Vergesellschaftungen gegen Entschädigung erlaubt, auch im konkreten Fall in Berlin anwendbar sei. Eine politische Entscheidung über das weitere Vorgehen werde erst nach dem Abschlussbericht getroffen. Die üblicherweise gegen eine Verbotskultur wetternde CDU behauptete, dass sich Berlins Wohnungsproblem nicht mit Enteignungen lösen lasse, "sondern mit Mieterschutz und Neubau", wie der Sprecher für Bauen und Wohnen, Dirk Stettner erklärte. Er tat dies, obgleich gerade die CDU den Mieterschutz systematisch abbaut, etwa indem sich die Partei regelmäßig für Kostenabwälzungen auf die Mieter und gegen den Mietendeckel starkmacht.   

Im September dieses Jahres forderte die Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" auch die Vergesellschaftung von Energiekonzernen. Während der Berliner Senat die schnelle Umsetzung des Volksentscheids über eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen blockiere, belaste die Energiekrise Mieter zusätzlich, so die Initiative dazu. Wie nicht nur Initiativensprecher Kalle Kunkel weiß, werden die Umstände für Mieter zunehmend schwieriger: "Seit unserem Volksentscheid hat sich die Situation deutlich verschlimmert: Die Mieten steigen, die Strompreise steigen, und die Gaspreise explodieren." Viele wüssten nicht, wie sie über den Winter kommen sollen. "Und währenddessen fahren die Konzerne weiterhin saftige Gewinne ein. Sie werden immer reicher, weil wir immer ärmer werden – das muss jetzt aufhören." Private Unternehmen nutzten die aktuelle Krise aus, um ihre Profite noch auszuweiten. "Und die Politik schaut dabei zu", kritisierte Kunkel. Gleichzeitig unterstütze die Initiative die Forderung nach Sofortmaßnahmen wie einem Energiepreisdeckel, dem Verbot von Indexmietverträgen und dem sofortigen Stopp von Kündigungen und Zwangsräumungen.

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