Polizei-Absperrungen durchbrochen: Vermummte Demonstranten stürmen Tagebau in Lützerath
Bei einer Demonstration nahe Lützerath im Rheinischen Kohlerevier sind nach Polizeiangaben mehrere Menschen in den Tagebau eingedrungen. "Entfernen Sie sich sofort aus dem Gefahrenbereich!", schrieben die Einsatzkräfte bei Twitter.
Polizeiliche Absperrungen wurden durchbrochen. Personen vor #Lützerath: Entfernen Sie sich umgehend aus diesem Bereich!
— Polizei NRW AC (@Polizei_NRW_AC) January 14, 2023
Den Aktivisten*innen ist ein Durchbruch durch die PolizeiKette gelungen. Befinden sich nun gleich vor #Lützerath. pic.twitter.com/4LU9SPSMIY
— infozentrale (@infozentrale) January 14, 2023
Zudem hätten Teilnehmer versucht, durch eine Polizeiabsperrung an die Tagebaukante zu gelangen. Die Personen seien größtenteils vermummt gewesen, erklärten die Beamten. "Um dies zu verhindern, wenden wir unmittelbaren Zwang an", hieß es. Die Polizei forderte die Menschen auf, keine Einsatzkräfte anzugehen und sich kooperativ zu verhalten.
Größtenteils vermummte Personen versuchen aktuell durch #Polizei|absperrungen in Gefahrenbereiche zu gelangen. Um dies zu verhindern, wenden wir unmittelbaren Zwang an. Unterlassen Sie es Polizeikräfte anzugehen & verhalten Sie sich kooperativ!
— Polizei NRW AC (@Polizei_NRW_AC) January 14, 2023
Die Livebilder aus #Lützerath zeigen bisher ausnahmslos friedliche Protestierende, die von der Polizei zum Teil unter Schlagstockeinsatz zurückgedrängt werden. pic.twitter.com/uD7fKkLQUV
— Seattle_Uan (@Seattle_Uan) January 14, 2023
Bei der Demonstration für die Erhaltung des Dorfes Lützerath haben sich am Samstag Hunderte Teilnehmer unmittelbar an die Abbaukante des rheinischen Braunkohletagebaus gestellt. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach sagte gegenüber der dpa:
"Ich bin absolut entsetzt, wie normale Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sich dazu hinreißen lassen, hier den absoluten Gefahrenbereich zu betreten."
Der Aufenthalt unmittelbar am Steilhang der Tagebaukante sei ohnehin gefährlich, derzeit aber ganz besonders, weil der Boden durch den Dauerregen aufgeweicht sei. Ein Polizeisprecher schätzte die Gesamtzahl der Demoteilnehmer auf 8.000 bis 10.000.
[14:30] Thousands flow through the police chains. A finger is already through 🔥We are tens of thousands! We show that we are determined to defend #Lützerath and stand up for a good future for all! ✊💜 pic.twitter.com/P10Lw0njbj
— Action Ticker Lützerath (@LuetziTickerEn) January 14, 2023
Eine Sprecherin auf der Kundgebungsbühne sagte, es gebe einen Wasserrohrbruch in der Nähe der Tagebaukante. Dort bestehe Einsturzgefahr. Daher müsse der Sicherheitsabstand unbedingt eingehalten werden.
Ein anderer Sprecher auf der Kundgebungsbühne äußerte, er finde es legitim, wenn Teilnehmer versuchen, in das abgesperrte Lützerath vorzudringen. Er skandierte:
"Lasst euch von der Polizei nicht aufhalten. Wir sind mächtig. Wir sind auf der Seite der Gerechtigkeit. Wir lassen uns von diesem repressiven System nicht aufhalten. Wir stoppen diesen Tagebau. Macht alles, was ihr für richtig haltet."
Demonstranten mit Antifa-Fahne attackieren niederländische Journalisten bei Demo gegen die Räumung von #Luetzerath@NZZdepic.twitter.com/1i3fA3TUdN
— Oliver Maksan (@OliverMaksan) January 14, 2023
Das von Aktivisten besetzte Dorf Lützerath wird seit Mittwoch von der Polizei geräumt, damit der Energiekonzern RWE die darunter liegende Kohle abbaggern kann.
Beteiligt an den Protesten ist auch die Fridays-for-Future-Ikone Greta Thunberg. Die Schwedin hat die deutschen Grünen wegen ihrer Unterstützung für den Abriss von Lützerath und das Abbaggern der unter dem Dorf liegenden Kohle kritisiert. Konzerne wie RWE müsse man eigentlich dafür zur Rechenschaft ziehen, wie sie mit Menschen umgingen. "Dass die Grünen mit solchen Unternehmen Kompromisse schließen, zeigt, wo ihre Prioritäten liegen", so die schwedische Klimaaktivistin am Samstag in einem Interview der dpa. Sie selbst sei nie mit einer grünen Partei verbunden gewesen.
Führende grüne Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine NRW-Kollegin Mona Neubauer verteidigen den Abriss von Lützerath damit, dass die darunter liegende Kohle zur Aufrechterhaltung der Energiesicherheit in der derzeitigen Krise gebraucht werde. Thunberg sagte dazu:
"Die Kohle, die hier im Boden ist, wird die Preise nicht sofort senken. Wer so denkt, hat einfach keinen Bezug zur Realität."
Die 20-Jährige ist nach Deutschland gekommen, um den Protest gegen die Räumung und den Abriss von Lützerath zu unterstützen. "Ich bin hier schon früher gewesen, und da sah es noch völlig anders aus", sagte sie. "Es ist sehr traurig, das zu sehen. Es ist jetzt ein ganz anderer Ort." Ihren Eindruck von der Kraterlandschaft des rheinischen Braunkohlereviers beschrieb sie wie folgt:
"Es sieht wirklich aus wie Mordor. Es zeigt, wozu Menschen unter den falschen Bedingungen fähig sind. Es zeigt, wogegen wir kämpfen, was wir verhindern wollen."
Fortschritt der Abrissarbeiten der RWE Power AG. pic.twitter.com/zMAfebMvOs
— Polizei NRW AC (@Polizei_NRW_AC) January 14, 2023
Thunberg hatte Lützerath bereits am Freitag besucht und dabei "Polizeigewalt" angeprangert. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach wies die Kritik vehement zurück. Die Polizei sei im Gegenteil mit äußerster Vorsicht vorgegangen, erklärte er. Auf die Frage, ob sie ihre Kritik an der Polizei aufrechterhalte, sagte Thunberg der dpa:
"Polizeigewalt bedeutet in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Dinge. Aber es gab mehrere Fälle, in denen die Polizei das Leben von Aktivisten gefährdet hat."
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(rt/dpa)
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