Parteiausschluss von Sahra Wagenknecht? Ex-Linke-Chef fordert sofortigen Rauswurf
Sahra Wagenknecht denkt angesichts bestehender Differenzen mit den Linken laut darüber nach, eine eigene Partei zu gründen. "Innerhalb des nächsten Dreivierteljahres" werde sie über eine Parteineugründung entscheiden, erläuterte sie am Sonntag im Gespräch mit ZDF heute. Bei den Linken stoßen die ambitionierten Pläne der Politikerin jedoch überwiegend auf Unverständnis. So auch beim ehemaligen Chef der Partei Bernd Riexinger, der sich inzwischen für einen Ausschluss Wagenknechts aus Partei und Fraktion ausgesprochen hat.
"Sobald es konkrete Schritte zu einer Neugründung gibt, darf es für sie keinen Platz mehr in Partei und Fraktion geben", sagte der linke Bundestagsabgeordnete gegenüber dem Nachrichtenportal The Pioneer. Seiner ambitionierten Parteikollegin wirft er unter anderem vor, ihre Überlegung "medial am Wabern" zu halten, da sie ein solches Projekt nur über die Medien anschieben könne. Wagenknecht habe "längst mit unserer Partei gebrochen". Auch spiele sie bereits "keine Rolle mehr in der Partei", daher werde eine Parteigründung scheitern, so Riexinger.
Wagenknecht spielt angesichts anhaltender Differenzen zwischen ihr und ihren Parteikollegen schon länger mit Plänen einer Parteineugründung. So war sie von diesen kürzlich etwa für das mit der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer gemeinsam verfasste "Manifest für Frieden" kritisiert worden. Darin hatten die beiden Frauen vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs gewarnt und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu aufgefordert, "die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen".
Den damit verbundenen Aufruf zu einer Friedenskundgebung zum Jahrestag des Ukraine-Krieges hatte die Linken-Spitze wegen fehlender Distanzierung zu Russland stark kritisiert. Auf die Kritik reagierte Wagenknecht ihrerseits mit einer scharfen Attacke gegen die Spitze ihrer Partei. Diese habe sich demnach daran beteiligt, die "größte Friedenskundgebung seit Jahren zu diffamieren und Leute von einer Teilnahme abzuhalten". Dies zeuge vom "traurigen Niedergang der einstigen Friedenspartei", so Wagenknecht. Das Verhalten des Parteivorstandes bestärke bei ihr den Eindruck, "dass zumindest die Mehrheit in diesem Gremium mit dem Gründungskonsens der Linken nichts mehr am Hut hat".
Die Demonstration sei lediglich "ein Auftakt" gewesen, um "der Hälfte der Bevölkerung eine Stimme zu geben, die sich mehr Diplomatie statt Panzerlieferungen wünscht". Nur kurze Zeit später erklärte die Linken-Politikerin dann, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr für die Linke kandidieren und stattdessen vielleicht eine eigene Partei gründen wolle. Die Ankündigung Wagenknechts hatte umgehend neue Spekulationen über eine Spaltung der Partei geschürt. Die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan zeigten sich zudem empört über das Verhalten ihrer Parteikollegin. So verlangten sie etwa, dass Wagenknecht die Überlegungen beendet.
"Wir fordern alle auf, Spaltungsbestrebungen eine Absage zu erteilen."
Als Reaktion auf den Aufruf wurden innerhalb der Linken zuletzt vermehrt Rücktrittsforderungen gegen Wagenknecht laut. So schrieb Parteivorstandsmitglied Luigi Pantisano letzte Woche etwa auf Twitter: "Ressourcen wie Personal und Finanzen der Bundestagsfraktion dürfen nicht weiter missbraucht werden. Sie hat faktisch ihren Austritt erklärt. Nun sollte sie das auch umsetzen. Es reicht!" Ähnlich äußerte sich der Brandenburger Linken-Chef Sebastian Walter. Auf Twitter erklärte er: "Der Anstand und der Respekt vor den Mitgliedern und den Wählern gebietet es, dass sie ihr Mandat abgibt und sich Zeit nimmt für was auch immer." Aber auch Parteivorstand Janis Ehling legte Wagenknecht nahe, ihr Mandat ruhen zu lassen, bis sie entschieden habe, ob sie eine neue Partei gründen wolle.
Lediglich der frühere Linksfraktionschef Gregor Gysi bemühte sich eigenen Angaben zufolge zuletzt, Wagenknecht und die Parteispitze wieder näher zusammenzubringen. Er finde, "dass die beiden Seiten auch wieder nicht so weit auseinander liegen, dass wir zwei Parteien bräuchten", sagte er ZDF heute. "Dann würden diese beiden Parteien natürlich auch ordentlich aufeinander losgehen, und ich weiß nicht, ob das unsere Gesellschaft braucht." Es seien aber letztlich Wagenknecht und ihr Umfeld, die über eine mögliche Parteineugründung entscheiden müssten. "Nur eins geht nicht: dass wir uns monatelang mit dieser Frage beschäftigen und uns nicht inhaltlich konzentrieren auf die Fragen, die notwendig sind", kritisierte Gysi:
"Deshalb kann ich nur sagen: Wenn Leute das vorhaben, dann sollen sie es schnell machen und nicht die Partei ewig quälen."
Unterstützung für ihre Pläne erhält Wagenknecht unterdessen von der Bevölkerung. Neuesten Umfragen zufolge könnten sich zumindest rund 19 Prozent der Deutschen vorstellen, einer von Wagenknecht gegründeten Partei bei einer der kommenden Wahlen ihre Stimme zu geben, wie eine vom Magazin Stern kürzlich in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage mit 1.001 Teilnehmern ergab.
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