Deutschland

"Gut, weil es zum Nachdenken anregt": ARD präsentiert Produktionsassistentin als zufällige Kundin

Die Tagesschau berichtete über das Projekt "Wahre Kosten" des Discounters Penny. Dabei lobte eine "zufällige", umweltbewusste Kundin das Projekt, "weil es zum Nachdenken anregt". Einem Blogger fiel dabei auf, dass diese "Kundin" Produktionsassistentin beim WDR ist.
"Gut, weil es zum Nachdenken anregt": ARD präsentiert Produktionsassistentin als zufällige Kundin© Screenshot: Twitter / Argo Nerd

Die ARD hat eine Mitarbeiterin als zufällige Kundin ausgegeben. In einem Beitrag der Tagesschau vom Montag ging es um die Aktion "Wahre Kosten" der Supermarktkette Penny. Diese will dabei durch absurd überhöhte Kosten einzelner Produkte auf die auf angebliche negative Umwelt- und "Klima"-Bilanz einiger Lebensmittel hinweisen. Im durch den Westdeutschen Rundfunk (WDR) produzierten Einspielfilm heißt es:

"Die meisten Kunden in diesem Kölner Markt reagieren eher zurückhaltend auf die einwöchige Aktion."

Dann äußern sich zwei Kundinnen zur Aktion. Die erste ist kritisch und verneint die Frage, ob sie die überteuerten Produkte kaufen würde. Die zweite Kundin, vorgestellt als "Hanna Mertens", lobt dagegen die Penny-Aktion:

"Find ich gut, weil es zum Nachdenken anregt. Also, normalerweise denkt man nicht darüber nach, dass Fleisch jetzt soundsoviel Aufschlag hat."

Der Medien-Kritiker und Twitter-Blogger Argo Nerd wies darauf hin, dass es sich bei dieser Kundin um eine Produktionsassistentin des WDR handle, die auch schon in einem Phoenix-Video zum Thema Asylrecht zu sehen war. Argo Nerd schrieb:

"Liebe Tagesschau, Lieber WDR, es ist sicher nur mal wieder eines dieser öffentlich-rechtlichen "Missgeschicke", dass eine Produktionsassistentin als zufällige Supermarktkundin, die Klima-Preisaufschläge gut findet, mit leicht verfälschtem Namen präsentiert wurde?"

Argo Nerd präsentierte auch einen Screenshot des LinkedIn-Profils von Hannah Mertens. Mittlerweile ist dieses Profil nicht mehr abrufbar. Unter dem Tagesschau-Video fand sich am Dienstagmittag dieser Hinweis:

"Transparenzhinweis: Eine O-Ton-Geberin in dem Beitrag "Wahre Kosten" arbeitet für den WDR. Dies war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten, bei dem sie zufällig in dem Discounter einkaufte, als auch in der späteren Produktion nicht bekannt."

Am frühen Dienstagnachmittag war die Tagesschau-Sendung dann nicht mehr in der ARD-Mediathek und auf anderen Seiten zu finden. Kurz darauf gab es die Sendung wieder – in einer gekürzten Fassung. Die Kundin "Hanna Mertens" kommt nun nicht mehr im Beitrag zu Wort. Die Korrekturmeldung lautet nun wie folgt:

"Der Beitrag "Wahre Kosten" wurde nachträglich bearbeitet. In der ursprünglichen Version gab es eine O-Ton-Geberin, die für den WDR arbeitet. Die mit ihr gezeigte Sequenz hätte so nicht gesendet werden dürfen. Kolleginnen oder Kollegen zu interviewen entspricht nicht unseren journalistischen Standards."

Nach den überhöhten Supermarktpreisen bei "Wahre Kosten" befasste sich die Tagesschau am Montagabend übrigens mit dem Thema "Immer mehr Menschen in Deutschland müssen beim Essen sparen".

In Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurden in der Vergangenheit wiederholt Politiker und Aktivisten als zufällige Passanten oder Kunden präsentiert. So lobte etwa im Oktober 2019 in einer ZDF-Sendung eine als zufällige Kundin präsentierte Grünen-Abgeordnete einen Leipziger Bioladen für die Auslistung von Hirse, deren Hersteller in der AfD aktiv war.

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