Deutschland

Causa Assange: Baerbock und Außenministerium weiter schmallippig zu einfachen Fragen

Die Linken-Politikerin Sevim Dağdelen stellte mit ihrer Fraktion eine "Kleine Anfrage" zum Thema Julian Assange an die Bundesregierung. Zuständige Ebenen gaben erneut inhaltsleer zu Protokoll, man "verfolge die öffentlich stattfindende Diskussion über den Fall kontinuierlich".
Causa Assange: Baerbock und Außenministerium weiter schmallippig zu einfachen FragenQuelle: www.globallookpress.com © Jörg Blank

Der Deutsche Bundestag hatte mit seinem Plenarbeschluss vom 7. Juli 2022 "die politische Verfolgung des Journalisten und WikiLeaks-Gründers Julian Assange als Angriff auf die Pressefreiheit verurteilt", um dabei die Bundesregierung gleichzeitig aufzurufen, sich aktiv für "dessen Freilassung aus britischer Haft und für die Nichtauslieferung an die USA einzusetzen", so die einleitende Formulierung der Drucksache 20/8572 als "Kleine Anfrage" der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Sahra Wagenknecht, Petra Sitte, Żaklin Nastić, Andrej Hunko und der Fraktion DIE LINKE vom 28. September. Die Beantwortung belegte nun erneut die auffällige Zurückhaltung, je nach Blickwinkel auch das fatale Desinteresse, des politischen Berlins zur Causa Assange.

Die Beantwortung vom 20. Oktober findet sich auf der Webseite des Bundestags in Form der Drucksache 20/8966. Die Formulierung der Antworten auf die 28 Fragen der Linken-Politiker dokumentieren dabei die sehr bedingt engagierte Haltung der Ampelkoalition, hinsichtlich des fortdauernden Leids und der lebensbedrohlichen Situation des australischen Whistleblowers. Assanges Martyrium im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh dauert seit rund vier Jahren an. Der Journalist war nach sieben Jahren Exil in der Botschaft von Ecuador in London verhaftet worden und wartet seitdem unter inhumanen Bedingungen in seiner Zelle auf kommende juristische Entscheidungen.

So heißt es rein formell zu Frage 1, ob "die Bundesregierung Anstrengungen unternommen hat, um dem Bundestagsbeschluss vom 7. Juli 2022 nachzukommen", in der bekannten Formulierung von Bundespressekonferenzen und dem Thema Assange:

"Die Bundesregierung verfolgt den Auslieferungsprozess gegen Herrn Assange aufmerksam. Die Zuständigkeit für das Verfahren liegt bei der britischen Justiz. Die Bundesregierung achtet die Unabhängigkeit der Justiz ..."

Das zuständige Auswärtige Amt unter Leitung von Außenministerin Baerbock hätte demnach "keinen Zweifel daran, dass die britische Justiz rechtsstaatliche Prinzipien anwendet und die Menschenrechte achtet". Zu laufenden juristischen Verfahren "sowie den Inhalten vertraulicher Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Regierungen", möchte sich auch weiterhin "die Bundesregierung grundsätzlich nicht äußern". Auf die Frage, ob es sich "nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Verfolgung von Julian Assange um einen Angriff auf die Pressefreiheit" handele, heißt es ausweichend und schwammig:

"Zu laufenden Verfahren äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen."

Frage 14 ist dabei klar formuliert und explizit fordernd bezüglich einer möglichen Beantwortung. Sie lautet:

"Trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, dass es zu den Kernaufgaben von Journalistinnen und Journalisten in demokratischen Staaten zählt, Fehler von Regierungen zu kritisieren sowie sensible Informationen zu beschaffen und zu publizieren, wenn das im öffentlichen Interesse liegt, wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?"

Die Bundesregierung sei laut verschachtelter Beantwortung hierbei …

"… der Auffassung, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse, die umfassende Information ermöglicht, Meinungen bildet und vertritt, Wesenselement eines freiheitlichen Staates und für die moderne Demokratie unentbehrlich ist. Nur ausnahmsweise tritt die Pressefreiheit hinter Staatsschutzbedürfnissen zurück."

Dargelegte "Grenzen" würden der Presse zum Beispiel über "die Strafvorschriften zum Landesverrat und zur Gefährdung der äußeren Sicherheit in den §§ 93 ff. des Strafgesetzbuchs" gesetzt. Diesen Geheimhaltungsbelangen müsste die Pressefreiheit dann "aber auch nur dort weichen, wo durch die Bekanntgabe der äußeren Sicherheit des Staats ein schwerer Nachteil droht".

Zu der Frage 17, der Einschätzung, "ob Julian Assange im Fall einer Auslieferung ein 'sehr faires Verfahren in den USA' erhalten wird", lautet die Beantwortung, dass "aus Sicht der Bundesregierung kein Anlass dazu besteht, an der Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz in den USA zu zweifeln".

Da der Whistleblower als "australischer Staatsbürger von Australien konsularisch betreut" würde, hätte die Bundesregierung "keine eigenen Erkenntnisse über den Gesundheitszustand von Herrn Assange" (Frage 18).

Des Weiteren werden Fragen vermehrt "zusammen beantwortet", erfolgen Wiederholungen wie "keine eigenen Erkenntnisse" und "keine Informationen im Sinne der Fragestellungen" zu besitzen oder es wird schlicht erneut auf vorherige Beantwortungen verwiesen.

Die Linken-Abgeordnete Dağdelen kommentierte gegenüber der Berliner Zeitung die Antworten der Bundesregierung mit der Feststellung:

"Die grobe Missachtung des Parlaments, das die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert hat, sich gegenüber Großbritannien und den USA für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen, ist vollkommen inakzeptabel. Es zeugt vom Fehlen demokratischer Souveränität, wenn das Grünen-geführte Außenministerium im Fall Julian Assange zu Washingtons fortgesetztem Angriff auf die Pressefreiheit schweigt."

Der Berliner Zeitung-Artikel erinnerte an die belegbare Tatsache, dass die heutige Außenministerin im September 2021 noch "die sofortige Freilassung von Julian Assange" gefordert hat. Damals war sie allerdings noch nicht Außenministerin, sondern eine rein wahltaktisch agierende Kanzlerkandidatin der "Grünen".

Auf eine Anfrage der Berliner Zeitung, "ob und wem gegenüber Baerbock das Thema auf ihrer USA-Reise im September angesprochen habe", äußerte sich weder das Auswärtige Amt, noch die sich ansonsten regelmäßig zum Thema individueller Einzelschicksale weltweit politisch Verfolgter äußernde Außenministerin Baerbock.

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