Deutschland

Ergebnisse des "Flüchtlingsgipfels": Bundeskanzler Scholz verkündet "sehr historischen Moment"

Kanzler Scholz verortete kurz vor Beginn der Gespräche aus den Unions-geführten Landesregierungen eine Intrige. Der Bund-Länder-Gipfel ergab unter anderem, dass Asylverfahren außerhalb Europas geprüft werden sollen. Des Weiteren viel Wunschdenken, rein theoretische Planungen und erneut forcierte Belastungen der Steuerzahler.
Ergebnisse des "Flüchtlingsgipfels": Bundeskanzler Scholz verkündet "sehr historischen Moment"Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO

Der jüngste sogenannte Bund-Länder-Gipfel, zwischen den amtierenden Ministerpräsidenten des Landes und der Regierungsspitze, fand am 6. November im Bundeskanzleramt in Berlin statt. Die Schwerpunktdiskussion erfolgte zum sich dynamisierenden Problem stetig steigender Migrationszahlen und einer dringend notwendigen Neuregelung und Aufteilung der Flüchtlingskosten. Bundeskanzler Scholz kritisierte nachdrücklich die diesbezüglich noch vor Gesprächsbeginn eingebrachten erweiterten Forderungen seitens der Gruppe CDU und CSU geführter Landesregierungen sowie dem grün-schwarz regierten Baden-Württemberg. Bei der Verkündung der Ergebnisse am frühen Dienstagmorgen herrschte dann jedoch parteiübergreifende Zufriedenheit über die erneut verabschiedete Steuerbelastung der Bürger.

Die Bundesländer, mit ihren Städten, Gemeinden und Kommunen, haben keinen Einfluss darauf, wie viele Asylsuchende nach Deutschland gelangen und verlangen vom verantwortlichen Bund schon seit Längerem eine stärkere finanzielle Beteiligung an den Flüchtlingskosten. Diesbezüglicher Realitäten forderten die Unions-geführten Landesregierungen daher kurzfristig am Montag eine übergreifende "Bund-Länder-Kommission" zur künftigen Gestaltung der Migrationspolitik. Laut n-tv bezeichnete Bundeskanzler Scholz den Vorgang und den damit verzögerten Start der Besprechungen, als reine "'Intrige' gegen den eigenen Unions-Parteichef Friedrich Merz. Die Forderung wurde schließlich in das gemeinsame Positionspapier aller 16 beteiligten Landesvertreter aufgenommen. Andere Punkte wurden abgelehnt, dazu heißt es bei n-tv:

"Andere Wünsche der B-Länder – Unions-geführte Bundesländer – wie etwa die Forderung nach einer Ausweitung der sichereren Herkunftsstaaten oder die Durchführung von Asylverfahren in Drittstaaten, kamen nicht in das gemeinsame Papier."

Der mögliche Grund für den Vorstoß erweiterter Gesprächspunkte im Kanzleramt zum Thema Migration wäre demnach die gegenwärtige Konkurrenzsituation zwischen CDU-Chef Friedrich Merz und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Beiden werden laut n-tv "Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur der Union 2025 nachgesagt". Durch den verzögerten Start "ist es dann um 2:30 Uhr so weit: Der Kompromiss ist da, der Eklat ausgeblieben", so das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel mitteilend. Weiter heißt es wörtlich zusammenfassend:

"Erleichtert, fast ausgelassen treten Kanzler Olaf Scholz, der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Boris Rhein (CDU), und sein Stellvertreter Stephan Weil (SPD) um 2:45 Uhr vor die Journalisten."

Bundeskanzler Scholz erklärte einleitend, das Ergebnis sei "ein historischer Moment", da es gelungen sei, dass "alle Ebenen des Staates eng zusammenarbeiten". Scholz betont weiter in seiner Erklärung, im gewohnten Duktus inhaltsleerer Verkündigungen:

"Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen der Migration bewältigen."

Rhein (CDU) meinte darlegen zu müssen, dass die Runde sehr zufrieden sei, dass man "auf eine Protokollerklärung verzichten könne – anders als noch in der Vorbesprechung der Länder". Er wertete das vorliegende Ergebnis als "Schritt in die richtige Richtung", um ähnlich inhaltsleer den Journalisten zu diktieren:

"Klar ist aber auch, dass ein Weg aus sehr vielen Schritten besteht und natürlich noch weitere Schritte folgen müssen."

Im Verlauf des Vormittags lautet dann die X-Darlegung des Social-Media-Teams des Bundeskanzlers zu den Ergebnissen:

Die Ergebnisse lauten von Scholz vor Journalisten dargelegt:

"Die Spitzen von Bund und Ländern haben sich auf ein neues System zur Finanzierung und Steuerung der Asylpolitik geeinigt, verständigten sich auf eine Systemumstellung bei der Finanzierung der Flüchtlingskosten."

Scholz weiter:

"Jetzt wollen wir das so machen, dass es eine Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro geben wird. Mit steigenden Zahlen gibt es mehr Geld, mit sinkenden Zahlen weniger."

Diese Regelung wird daher im politischen Berlin wörtlich als "atmendes System" bezeichnet. Die Länder hätten demnach "mindestens 10.500 Euro pro Jahr und Asylantrag verlangt", so der Spiegel. Der Spiegel-Artikel fasst die verabschiedeten Punkte im Detail zusammen:

"Je mehr Flüchtlinge kommen, desto mehr zahlt der Bund. Dazu kommt eine weitere Milliarde Euro, die durch eine spätere Zahlung von Bürgergeld eingespart wird. Der Zeitraum, in dem Asylbewerber Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, soll von 18 auf 36 Monate verdoppelt werden. Insgesamt bekämen die Länder bei den in diesem Jahr erwarteten 330.000 Asylbewerbern so rund 3,5 Milliarden Euro."

Des Weiteren lauten theoretische Pläne, dass "auch Bezahlkarten eingeführt werden sollen, um Asylbewerbern Sach- statt Geldleistungen geben zu können. Bis Ende Januar soll ein Konzept für die Einführung erarbeitet werden". Zu dem Wunschdenken der Politik, den angekündigten Plänen, heißt es weiter im Spiegel-Artikel:

"Angestrebt wird zudem, Asylverfahren zu beschleunigen. Derzeit dauern sie regelmäßig Jahre. Nun ist das Ziel, dass es innerhalb von sechs Monaten eine Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge geben soll."

Den "umstrittenen Vorschlag" – Asylverfahren in Drittstaaten durchzuführen – würde die Bundesregierung vorerst nur prüfen wollen. Das SPD-nahe Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) kommentiert zu den Verkündigungen:

"Die irreguläre Migration müsse gestoppt werden, bekräftigte Rhein. Er finde, 'dass die Beschlüsse, die wir gefasst haben, selbstverständlich genau bei diesem Unterfangen durchaus hilfreich sein werden', wenngleich es aus Sicht eines Unionsministerpräsidenten mehr sein könnten."

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat die Bund-Länder-Vereinbarung zur Migrationspolitik als unzureichend beurteilt. "Es ist ein kleiner Schritt", so Linnemann im ARD-Morgenmagazin. Das Ergebnis "reiche bei Weitem nicht aus, um die illegale Migration in Deutschland einzudämmen". Co-Grünenchef Omid Nouripour kommentierte, "es darf nicht so getan werden, als könnte jemand mit dem Zauberstab herumwedeln und alles wird anders", daher sollten die Ergebnisse "in Ruhe umgesetzt werden".

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, als jüngst assimilierter Hardliner, hat die Ergebnisse der Bund-Länder-Verhandlungen zur Migration als Fortschritt, jedoch noch nicht ausreichend bewertet. So heißt es in seinem X-Posting zu den Ergebnissen: "Positiv: Es bewegt sich was! Negativ: Das reicht noch nicht".

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach "von guten Schritten zu einer neuen Realpolitik auf dem Gebiet der Migration". FDP-Chef und Finanzminister Lindner resümierte auf X, ehemals Twitter:

Der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, hat laut RND davor gewarnt, "die Debatte über Asyl und Migration auf das Abschieben von Menschen zu verengen". Es gehe "um Schicksale von Menschen, die nicht kommen, weil sie gerade Lust dazu hatten, sondern weil sie in aller Regel in größter Not Schutz suchen". 

Bei dem Gipfeltreffen im Kanzleramt, in Anwesenheit der jeweils zuständigen Bundesminister, wurden zudem vor dem kontroversen Thema Migration, über die Punkte "Krankenhausreform, Energiepolitik und Pflichtversicherungen für Elementarschäden", diskutiert und diesbezügliche Eckpunkte verabschiedet.

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