Abgehörte Bundeswehr-Beratung: Deutschland plant Zerstörung der Krim-Brücke
Von Anton Gentzen
RT-Chefin Margarita Simonjan hat am Freitag die Informationsbombe gezündet: Sie veröffentlichte mutmaßliche Mitschnitte einer Beratung von vier hochrangigen Offizieren der deutschen Luftwaffe, die ihr eigenem Bekunden nach von russischen Geheimdiensten zugespielt wurden. Das Gespräch soll am 19. Februar des laufenden Jahres geführt worden sein.
Darin sollen sich der Brigadegeneral der Luftwaffe der Bundeswehr Frank Gräfe, der Inspekteur der Luftwaffe Generalleutnant Ingo Gerhartz sowie zwei Mitarbeiter des Zentrums Luftoperationen, Frohstedte (bei der Schreibweise dieses Namens gibt es Zweifel) und Fenske, über Aussichten auf Lieferung und Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern in der Ukraine sowie über einen konkret innerhalb eines Monats geplanten Einsatz gegen prominente Ziele in Russland unterhalten. In der inzwischen auch veröffentlichten Audiodatei sind Stimmen von Männern zu hören, die die vier oben genannten sein könnten.
An der Authentizität der Aufzeichnung gibt es keine begründeten Zweifel. Das Bundesverteidigungsministerium in Berlin hat auf Anfragen von RT und der Nachrichtenagentur RIA Nowosti die Echtheit nicht bestritten, es hat vielmehr jeden Kommentar verweigert. Das Gespräch ist so dicht gespickt mit überprüfbaren Details, dass eine Fälschung nach gerichtspsychologischen Maßstäben sehr unwahrscheinlich erscheint. Einige Details stimmen auch mit gesicherten Informationen aus anderen Quellen und anderweitigen Erkenntnissen überein.
Die handelnden Personen sind real und agieren in dem Gespräch im Rahmen ihrer tatsächlichen Kompetenzen. Natürlich muss bis zur Bestätigung ein gewisser Restzweifel verbleiben, doch gibt es aktuell keinen Grund, die Veröffentlichung rundum zu verwerfen. Die nachstehenden Überlegungen stehen natürlich unter dem Vorbehalt der Echtheit der Aufzeichnung.
Zwei der an mutmaßlich an der abgehörten Dienstberatung beteiligten Luftwaffen-Offiziere: Brigadegeneral Frank Gräfe (oben) und Generalleutnant Ingo Gerhartz.
Nachfolgend die fünf aus unserer Sicht wichtigsten Erkenntnisse aus der veröffentlichten Aufzeichnung.
1. Die Ukraine plant innerhalb eines Monats ab dem 19. Februar einen großen Terrorakt gegen Russland
Frohstedte sagt in dem Gespräch:
"Ich weiß nicht, ob wir in der Lage sein werden, die Ukrainer in kurzer Zeit, wir sprechen jetzt von einem Monat, auf eine solche Aufgabe vorzubereiten."
Diese Zeitvorgabe (zuvor teilte dieser Offizier mit, dass die Planung einer "solchen" Operation gewöhnlich zwei Wochen dauere, aber "bei Interesse" auch verkürzt werden könne) ist insoweit vielsagend, als exakt in der besagten Zeitspanne zwei für Russland wichtige Ereignisse bevorstehen: zum einen die Präsidentenwahl, bei der vom 15. bis zum 17. März abgestimmt werden kann, zum andere der zehnte Jahrestag des Krim-Referendums am 16. März und der Unterzeichnung der Beitrittsabkommen mit der Krimrepublik und Sewastopol am 18. März. Es wird schon länger vermutet, dass Kiew diese Anlässe für Terroranschläge mit hoher Symbolwirkung nutzen will.
Frohstedte selbst gibt sich unwissend, welches Ziel Kiew innerhalb des besagten Monats unter Raketenbeschuss nehmen will:
"Ich kam zu dem Schluss, dass es zwei interessante Targets gibt. Einmal so 'ne Brücke im Osten und einmal Munitionsdepots, wo wir rankommen. Die Brücke im Osten ist schwer zu erreichen, sie ist ein ziemlich kleines Ziel, aber der Taurus kann es schaffen. Und die Munitionsdepots, da kommen wir durch. Wenn man das alles bedenkt und damit vergleicht, wie oft Storm Shadow und HIMARS abgeschossen wurden, da haben wir ein gutes Alleinstellungsmerkmal. Und so stellt sich mir die Frage: Ist unser Ziel die Brücke oder sind es Munitionsdepots?"
Es dürfte klar sein, dass Munitionsdepots nicht dieselbe Symbolkraft für die Zugehörigkeit der Krim und Sewastopols zu Russland haben wie die Krim-Brücke, die zugleich ein Prestigeprojekt des russischen Präsidenten persönlich ist.
2. Deutsches Militär hat den Anschlag auf die Krim-Brücke bereits durchgeplant
Diesen Umstand erwähnen gleich mehrere an dem Gespräch Beteiligte. So ergibt sich aus dem vorstehenden Zitat von Frohstedte, dass er sich bereits Gedanken über die Erreichbarkeit der Krim-Brücke gemacht hat. Er legt nach und erklärt, warum nur Taurus-Marschflugkörper der Aufgabe gewachsen sind:
"Wenn man all dies berücksichtigt und damit vergleicht, wie viel Storm Shadow und HIMARS eingesetzt wurden, stellt sich mir die Frage: Ist unser Ziel die Brücke oder sind es Militärdepots? Ist das mit den derzeitigen Unzulänglichkeiten, die RED und die Patriot haben, überhaupt erreichbar? Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der begrenzende Faktor ist, dass sie in der Regel nur 24 Ladungen haben ..."
Natürlich ist Taurus nur mit Blick auf die Brücke relevant, es gibt keinen Grund, warum 24 Ladungen für das Treffen eines Munitionsdepots nicht reichen sollten.
Auf die Frage, wie viele Flugkörper für den erfolgreichen Beschuss der Krim-Brücke erforderlich sind, geht auch Fenske ein. Er betont hier sogar ausdrücklich, dass sein Ressort sich "intensiv" mit dem Beschuss der Brücke befasst hat:
"Ich würde gern schnell ergänzen wegen der Brücke, weil wir uns die intensiv angeguckt haben. Und die Brücke ist leider aufgrund ihrer Größe wie ein Flugplatz. Daher sind vielleicht mehr als zehn oder gar 20 Raketen erforderlich."
Frohstedte hakt ein:
"Wir müssen halt die Pfeiler treffen, wo sie zusammenklappt."
Generalleutnant Gerhartz antwortet darauf so:
"Man geht davon aus, dass der Taurus durch den Einsatz des französischen Kampfflugzeugs Dassault Rafale erfolgreich sein wird."
Von der Wirksamkeit seiner "Wunderwaffe" ist dieser Herr jedenfalls felsenfest überzeugt:
"Wir haben ein Supertool, und wenn wir die genauen Koordinaten (der russischen Luftabwehr) haben, werden wir es erfolgreich anwenden."
3. Deutschland ist der Terrorcharakter der geplanten Taurus-Einsätze bewusst
Dass die Ukraine deutsche Taurus-Marschflugkörper auch oder vor allem terroristisch einsetzen wird, ist den am Gespräch beteiligten Offizieren bewusst und wird von ihnen billigend in Kauf genommen. So sagt Gräfe ausdrücklich, dass ohne Planung und strenge Lenkung durch westliches Militär die Gefahr besteht, dass die ukrainischen Streitkräfte rein zivile Objekte mit hoher öffentlicher Resonanz angreifen und zerstören könnten:
"Wenn es einen Falscheinsatz gibt und das Ding auf einen Kindergarten fällt und es auch zivile Opfer gibt."
Aber auch, dass die Krim-Brücke kein militärisch legitimes Ziel ist, dämmert den am abgehörten Gespräch Beteiligten. Gerhatz sagt:
"Wir wissen doch alle, dass sie (die Ukrainer) die Brücke rausnehmen wollen. Das ist klar, wir wissen auch, was es letztlich bedeutet. Dann ist die Versorgung gefährdet, die gute Insel da, ja das Herzstück, nicht nur militärisch ist sie wichtig, auch politisch. Jetzt nicht mehr ganz so fatal, wo sie ja quasi ihre Landbrücke mehr oder weniger dahin haben. Und da hat man dann eben Angst, wenn der direkte Link unserer Streitkräfte in die Ukraine geht. Und da wär dann halt immer die Frage, kann man den Krieg pullen, dass man unsere Leute abstellt zur MBDA. Dass nur 'ne direct line zwischen der MBDA und der Ukraine ist. Dann ist es weniger schlimm wie wenn die direct line unserer Luftwaffe zu finden ist."
Im Klartext: Der Mann weiß, dass die Krim-Brücke längst keine strategische Bedeutung mehr für das russische Militär hat, seit es den direkten Landweg auf die Halbinsel gibt. Er weiß andererseits auch, dass die Brücke täglich von Zehntausenden Zivilisten in Autos und Zügen genutzt wird und ein Angriff das Potenzial hat, Hunderte Zivilisten in den Tod zu reißen.
Daraus resultieren Bedenken, die er anspricht. Es sind aber nicht Bedenken, ob Deutschland sich an der Planung und Ausführung eines glasklaren Terroraktes beteiligen darf. Der Offizier fürchtet, dass durch die offene Verbindung zum ukrainischen Militär er, die Bundeswehr und Deutschland dem Vorwurf des Terrorismus ausgesetzt sein werden, und macht sich, einem ausgewachsenen Berufskriminellen gleich, Gedanken, wie man die deutsche Mitwirkung am geschicktesten verschleiert.
Dass Taurus-Lieferungen am grundsätzlichen Kriegsverlauf nichts ändern werden, ist den Herrschaften übrigens ebenso bestens bekannt. Gerhartz:
"Das wird nicht den Krieg ändern."
4. Britisches und US-Militär ist bereits in der Ukraine im Einsatz
Der Brigadegeneral der Luftwaffe Gräfe hat da allerdings eine andere Idee: Die deutsche Luftwaffe werde Ukrainer in einem zweiwöchigen Crashkurs ausbilden, um die Monatsvorgabe zu halten, die weitere Lenkung und Aufsicht sollen dann die Briten übernehmen, die offenbar schon vor Ort sind.
Man redet nun über ein zweispuriges Programm. Das lange Ausbildungsprogramm werde vier Monate dauern, man werde die Ukrainer gründlich ausbilden, auch für die "Brückenoption". Das kurze Ausbildungsprogramm werde vierzehn Tage dauern, damit die Raketen so früh wie möglich eingesetzt werden können. In der Zwischenzeit zwischen dem kurzen und dem langen Kurs will man in London fragen, ob die Briten bereit sind, die Taurus in dieser Phase einzusetzen.
An einer anderen Stelle plaudert Gerhartz das Geheimnis eines anderen Verbündeten, der USA, aus:
"Wir wissen ja auch, dass da viele Leute mit amerikanischem Akzent in Zivilklamotten herumlaufen."
5. Sind Taurus bereits in der Ukraine?
Ein Großteil des Gesprächs befasst sich mit der Frage künftiger Taurus-Lieferungen, der diesbezüglichen Möglichkeiten des Herstellers, des für die Anpassung beim Hersteller erforderlichen Zeitrahmens und ähnlichen Themen. Jedoch wird man beim Lesen des Protokolls in seiner Gesamtheit das Gefühl nicht los, dass zumindest eine Partie der deutschen Marschflugkörper bereits in der Ukraine ist.
Das ergibt sich zum einen aus dem konkret diskutierten Einsatz binnen eines Monats, der nur von der Schnellausbildung ukrainischen Personals oder dem Einsatz vor Ort befindlicher Briten abhänge.
Zweitens: Ukrainische Flugzeuge sind offenbar bereits für den Taurus-Einsatz ausgerüstet. Gerhartz:
"Wir müssen uns immer vergegenwärtigen: Die haben Flugzeuge von denen sie den Storm Shadow einsetzen. Die Briten waren da und haben die Flugzeuge verkabelt. Also sind sie nicht so weit davon entfernt, dass sie auch den Taurus verwenden können."
Die gesamten Ausführungen dazu, dass der Hersteller MBDA sechs Monate brauchen werde, um die Kompabilität herzustellen, sind damit im Grunde hinfällig.
Drittens: Einer der am abgehörten Gespräch Beteiligten, Fenske, spricht schon von sehr detaillierten Planungen und sehr konkreten Einsatzfragen:
"Ich muss, damit ich mich entsprechend geschickt durchsetzen kann, mich gegen die Luftverteidigung durchsetzen. Das können wir sehr gut, gehe ich mal davon aus, weil wir natürlich im Tiefflug arbeiten können und dafür von der IABG unsere NDK-Daten haben. Wir müssen die denen definitiv zur Verfügung stellen, damit ich eben 'ne 21 unterfliegen kann. Damit ich ein Optimum an Planung herausholen kann und nicht wie bei Storm Shadow über Waypoints planen muss."
Mit so etwas unmittelbar Einsatzbezogenem befasst man sich nicht, wenn die Lieferung noch unsicher ist. Dann ist auch klar, warum der Bundestag am 22. Februar, drei Tage nach dem abgehörten Gespräch, eine im Sinne der Taurus-Bereitstellung auslegbare Rechtsgrundlage geschaffen hat. Die politische Entscheidung, auf die die vier Luftwaffenoffiziere in ihrer Unterhaltung gewartet haben, ist damit ja praktisch schon gefallen.
Wir können aktuell nicht behaupten, dass Kiew bereits deutsche Taurus erhalten hat. Die Frage hat aber genug Substanz hinter sich, um mit allem Nachdruck gestellt zu werden.
Mehr zum Thema – Angriffspläne auf Krimbrücke: Transkript und Audio-Aufzeichnung des Gesprächs deutscher Offiziere
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