Meta-Wahrheit: Washington finanziert Faktenchecker von Facebook
Dass die Wahrheit das erste Opfer im Krieg ist, haben schon viele weise Beobachter festgestellt. Auch vor dem Hintergrund des Schlachtfelds in der Ukraine tobt ein Informationskrieg. Eine Reihe von Organisationen, die sich vermeintlich zur Ergründung der objektiven Wahrheit etabliert haben und vermeintliche Falschnachrichten anderer Medien "aufdecken", sind allerdings alles andere als unabhängig und neutrale Agenten im Sinne einer objektiven Wahrheit.
Wie die Nachrichtenseite MintPress News in einer Recherche aufzeigt, sind gerade bekannte selbst ernannte Faktenchecker, darunter viele derer, die Facebook über die Situation in der Ukraine nutzt, alles andere als unabhängig, sondern werden aus Washington finanziert. Teils erhalten sie Geld direkt von der US-Botschaft, oder es fließt über das berüchtigte National Endowment for Democracy (NED), über das RT bereits an mehreren Stellen berichtete. Dieses wurde von der Reagan-Regierung ausdrücklich als Tarnorganisation für die Central Intelligence Agency gegründet und von der CIA zur Durchführung vieler ihrer umstrittenen Operationen eingesetzt.
Meta (der offizielle Name des Mutterkonzerns von Facebook) hat angesichts der für viele Menschen unüberschaubaren Lage in der Ukraine bekannt gegeben, dass es sein Vertrauen in neun Organisationen setzt, um für ukrainische, russische und andere osteuropäische Nutzer Fakten von Lügen zu unterscheiden.
Diese Funktion übernehmen demnach StopFake, VoxCheck, Fact Check Georgia, Demagog, Myth Detector, Lead Stories, Patikrinta 15min, Re:Baltica und Delfi.
"Um die Verbreitung von Fehlinformationen einzudämmen und den Nutzern zuverlässigere Informationen zur Verfügung zu stellen, arbeiten wir weltweit mit unabhängigen unabhängigen Faktenprüfern zusammen", hieß es seitens des Konzerns, und weiter: "Die unabhängigen Faktenprüfer von Facebook sind alle vom International Fact-Checking Network (IFCN) zertifiziert. Das IFCN, eine Tochtergesellschaft der Journalismus-Forschungsorganisation Poynter Institute, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Faktenprüfer weltweit zusammenzubringen."
Laut MintPress News werden mindestens fünf der neun Organisationen direkt von der Regierung der Vereinigten Staaten bezahlt, die an diesem Konflikt nicht unbeteiligt und erst recht nicht unparteiisch sind. Auch das bereits erwähnte Poynter Institute wird vom NED finanziert. Zudem haben viele der anderen Fact-Checking-Organisationen enge Verbindungen zu anderen NATO-Mächten, einschließlich direkter Finanzierung.
So erhält die wohl bekannteste und berüchtigtste der neun Gruppen, StopFake, Gelder vom NATO-Atlantikrat, dem britischen Außenministerium, der britischen Botschaft in der Ukraine und dem tschechischen Außenministerium. Über das NED hat die Organisation außerdem Gelder aus den USA erhalten, auch wenn diese für die Einschätzung der Quelle nicht unerhebliche Tatsache von keiner der beiden Parteien in den Vordergrund gestellt wird.
Die im Jahr 2014 gegründete Organisation selbst schrieb rund zwei Jahre nach ihrer Gründung: "Wenn Gegner von StopFake.org das Projekt beleidigen wollen, führen sie sofort die Unterstützung durch das National Endowment for Democracy als Beweis für die Beteiligung der US-Regierung und der CIA an." Laut MintPress News hat das NED alle öffentlichen Aufzeichnungen über seine Ukraine-Projekte seit Beginn der russischen Militäroperation aus dem Internet genommen, doch bestätigen unvollständig archivierte Kopien dieser Unterlagen eine finanzielle Beziehung zwischen den Gruppen.
Für das NED hat die Ukraine laut Jahresbericht 2019 "oberste Priorität". Seit 2014 hat die Agentur (offiziell) über 22 Millionen Dollar in der Ukraine ausgegeben. An dem Staatsstreich von 2014, durch den der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch entmachtet wurde, war das NED wie auch an anderen Regimewechseln beteiligt.
Das International Journalists' Network hat über die keineswegs neutrale Organisation StopFake feststellt, dass sich die meisten Faktenchecks auf Berichte russischer Medien beziehen. Der Anlass für deren Gründung waren "Russlands Besetzung der Krim im Jahr 2014 und eine Kampagne, die Ukraine als faschistischen Staat darzustellen, in dem Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit gedeihen."
Dabei ist StopFake selbst alles andere als ein unpolitischer Zuschauer. MintPress News zitiert mehrere etablierte westliche Medien, die über die Verbindungen von StopFake zu White-Power- oder Nazi-Gruppen berichtet haben, darunter die New York Times. Als die lokale Journalistin Jekaterina Sergazkowa diese Verbindungen aufdeckte, sah sie sich demnach aufgrund von Todesdrohungen durch Rechtsextremiste gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen.
Laut Lew Golinkin besteht StopFakes Aktivität vor allem in "aggressiver Schönfärberei zweier ukrainischer Neonazi-Gruppen mit einer langen Geschichte von Gewalt, einschließlich Kriegsverbrechen", wie er in The Nation schrieb. Die prominente StopFake-Moderatorin Nina Jankowicz war kurzzeitig Leiterin des von US-Präsident Joe Biden neu gegründeten Disinformation Governance Board gewesen, bevor der öffentliche Aufruhr sie zum Rücktritt veranlasste. Jankowicz selbst hat während ihrer Zeit bei StopFake vor laufender Kamera begeistert die Tugenden mehrerer faschistischer Paramilitärs gepriesen.
In einem Fernsehbeitrag von 2017 über die Bataillone Aidar, Dnipro-1 und Asow stellte Jankowicz die Gruppen als heldenhafte Freiwillige dar, die die Ukraine vor "weiteren russischen separatistischen Übergriffen" schützen. Demgegenüber stand diese Freiwilligenbewegung in der Ukraine, etwa das Aidar-Bataillon, am Pranger von Menschenrechtsorganisationen, unter anderem wegen Entführungen, unrechtmäßiger Inhaftierungen, Misshandlungen, Diebstahl, Erpressung und möglicher Hinrichtungen. Amnesty International wirft Aidar und Dnipro-1 außerdem vor, "das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung einzusetzen".
Das Asow-Bataillon dürfte mittlerweile international auch dafür bekannt sein, sein Abzeichen direkt von der 2. Panzerdivision der Waffen-SS übernommen zu haben, einer Einheit, die für einige der schlimmsten Verbrechen im Rahmen des Holocaust verantwortlich war. Vor dem Kampf taucht das Asow- Bataillon seine Kugeln auch in Schweinefett, um jüdischen oder muslimischen Feinden ein besseres Leben nach dem Tod zu verwehren. Andrei Bilezki, der Gründer der Gruppe, hatte 2010 erklärt, er glaube, dass es die Mission der Ukraine sei, "die weißen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug ... gegen die von den Semiten geführten Untermenschen" zu führen – das Wort, das Adolf Hitler benutzt hatte, um Juden, Polen, Ukrainer und andere Völker zu bezeichnen, die er zur Vernichtung bestimmt hatte.
Im Februar kündigte Facebook an, seine Regeln für Hassreden zu ändern, um Lob und Werbung für das Asow-Bataillon zuzulassen. Ob dies auf Empfehlung von StopFake geschah, beantwortete das Unternehmen auf Anfrage von MintPress News jedoch nicht.
Wie Golinkin in seinem Artikel für The Nation feststellte, hat StopFake auch C14 verteidigt, eine weitere faschistische paramilitärische Organisation, indem es sie lediglich als "Gemeinschaftsorganisation" bezeichnete und die Leugnung der Pogrome gegen Roma durch die Organisation als "Beweis" für ihre Unschuld anführte. Diese Bezeichnung steht sogar im Widerspruch zum US-Außenministerium, das C14 als "nationalistische Hassgruppe" einstuft. Die "14" in ihrem Namen bezieht sich auf die sogenannten "14 Worte", einen zunächst in den Vereinigten Staaten und inzwischen auch in Europa verbreiteten Glaubenssatz von Neonazis und anderen weißen Rassisten.
StopFake stellte eine Reihe umstrittener Behauptungen auf, darunter die, dass der Anstieg des Antisemitismus in der Ukraine "erfunden" sei, und ging so weit, etablierte Sender wie NBC News und Al Jazeera der Fake News bezüglich der Rolle des Asow-Bataillons in diesem Zusammenhang zu bezichtigen. Die Organisation unterhält außerdem enge Beziehungen zur Kyiv Post, einem ukrainischen Blatt, das auch auf Englisch erscheint und direkt vom NED finanziert wird. Seit 2016 hat die Kyiv Post 191 StopFake-Berichte veröffentlicht.
Auch VoxCheck erhält über das NED und die US-Botschaft erhebliche finanzielle Unterstützung von der US-Regierung sowie von der niederländischen und der deutschen Regierung. In einem Artikel beschreibt die Washington Post das Faktenprüfungsverfahren von VoxCheck, das im Wesentlichen darin besteht, "glaubwürdige Nachrichtenquellen – wie einen BBC-Artikel – ausfindig zu machen" und dann russische Behauptungen auf dieser Grundlage als falsch zu bezeichnen.
"Mit anderen Worten: Das offizielle staatliche Sprachrohr der britischen Regierung – das maßgeblich an der Verbreitung der Lügen beteiligt war, die zu den Invasionen im Irak und in Libyen führten – wird als unantastbar betrachtet", so MintPress-Autor Alan MacLeod.
Dabei erheben die Mitarbeiter von VoxCheck kaum den Anspruch, neutral zu sein, sondern sehen sich selbst "als digitale Fußsoldaten in einem Kreuzzug gegen Russland", deren Aufgabe darin besteht, "zu verhindern, dass jemand auf russische Lügen und Manipulationen hereinfällt". Auch Fact Check Georgia bezeichnet sich selbst als "eine unabhängige und überparteiliche Webseite, die den Lesern recherchierte, überprüfte und evidenzbasierte Informationen bietet". Jedoch erhält sie ebenfalls Geld unter anderem vom NED und der US-Botschaft, dem German Marshall Fund, der niederländischen Regierung und dem Europäischen Demokratiefonds, der dem NED nachempfunden ist.
Nach Ansicht des MintPress-Autorswäre der Haftungsausschluss – "Die auf dieser Webseite geäußerten Ansichten und Meinungen sind Eigentum von Factcheck.ge und stellen nicht die Ansichten und Meinungen der projektunterstützenden Organisationen dar" – bei einer wirklich unabhängigen Organisation nicht nötig. Ähnlich verhält es sich mit weiteren Organisationen. Beispielsweise Myth Detector, das im Haushaltsjahr 2021 von der US-Botschaft mit 42.000 Euro gefördert wurde und einer beinahe ebenso hohen Summe von der Deutschen Welle. Oder Demagog, die von der US-Botschaft in Polen finanziert wird.
Oder Patikrinta 15min aus Litauen, das vom Poynter Institute finanziert wird, einer Gruppe, zu der auch die US-Faktenprüfungsorganisation Politifact gehört. Seit 2016 hat das Poynter Institute mindestens sieben Zuschüsse vom NED beantragt und erhalten, die sich insgesamt auf weit über eine halbe Million Dollar belaufen, so die Untersuchungen von MintPress News. Bei anderen Organisationen ist deutlicher, dass sie derart finanziert werden, doch könnten beispielsweise Re:Baltica oder Delfi zumindest eine Nähe zu NATO-Staaten nachgewiesen werden.
Im vergangenen Monat veröffentlichte MintPress News zudem eine Studie, aus der hervorgeht, dass Facebook Dutzende ehemalige CIA-Mitarbeiter in einflussreichen Positionen innerhalb des Unternehmens eingestellt hat, insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Inhaltsmoderation sowie Vertrauen und Sicherheit, so beispielsweise Ben Nimmo, ein ehemaliger NATO-Sprecher, der jetzt Leiter der globalen Nachrichtendienste von Facebook ist. Laut MintPress News zeigt sich somit, dass der global agierende Medienriese selbst alles andere als neutral ist.
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