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Wegen "Klima- und Energiekrise": IWF empfiehlt EU "flexiblere" Gemeinschaftsschulden

Der internationale Währungsfonds mit Sitz in Washington, D.C. mischt sich in den Umgang der Europäischen Union mit deren Schulden ein: Grundsätzlich solle die EU Schulden "flexibler" handhaben, gemeint ist, in Krisenzeiten noch höher werden lassen. Wie letztlich Steuerzahler und Verbraucher das verkraften sollen, bleibt jedoch unklar.
Wegen "Klima- und Energiekrise": IWF empfiehlt EU "flexiblere" GemeinschaftsschuldenQuelle: www.globallookpress.com © Christian Ohde/Imago

Aufgrund der antirussischen Sanktionen wegen des Kriegs in der Ukraine und der dadurch selbstverschuldet massiv anwachsenden Staatsschulden "empfiehlt" der Internationale Währungsfonds (IWF) der Europäischen Union (EU) neue "europäische Gemeinschaftsschulden" – wie das Handelsblatt am Montag berichtet. Damit wolle die internationale Organisation mit Sitz in Washington, D.C. nur Europas "Widerstandskraft verbessern und längerfristige Herausforderungen angehen, vor denen die EU steht" schreibt der IWF in seiner Analyse.

Mit ihrem Vorstoß greift die Washingtoner Finanzinstitution ungeniert in den europäischen Diskurs um die Überarbeitung der Schuldenregeln für die EU ein. Grundsätzlich will die EU mit den sogenannten Maastricht-Kriterien die zulässige Staatsverschuldung auf 60 Prozent und das zulässige jährliche Haushaltsdefizit auf drei Prozent der nationalen Wirtschaftskraft BIP begrenzen. Dennoch ist die durchschnittliche Schuldenlast in der Euro-Zone in den letzten Jahren bereits auf etwa 100 Prozent des BIPs angewachsen. Besonders Italien und Griechenland konnten in der sogenannten Euro-Krise nur mit der gemeinschaftlichen Unterstützung durch Milliardenkredite aus den finanziell besser gestellten Staaten Nord- und Mitteleuropas vor ihren drohenden Staatspleiten bewahrt werden. 

Das vom IWF nun vorgeschlagene Konzept dürfte bald die EU-Finanzminister beschäftigen, die Ende dieser Woche zu einem informellen Treffen zusammenkommen wollen, mutmaßt das Handelsblatt und zitiert den IWF mit den Worten:

"Die Pandemie, der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine haben neue Herausforderungen für den finanzpolitischen Rahmen mit sich gebracht."

Konkret umfasst der IWF-Vorschlag drei Aspekte: Erstens sollen laut Empfehlung die Maastricht-Grenzen beibehalten, aber "flexibler" angewendet werden. Zweitens sollen daher auch nationale Institutionen gestärkt werden, die auf Haushaltsdisziplin achten. Ganz im Widerspruch dazu steht als dritte Säule ein neuer EU-Fonds, der sich an dem bereits neu geschaffenen Corona-Wiederaufbaufonds (auch Next Generation EU genannt) orientieren solle. Das Ganze würde mit Blick auf einen dringend erforderlichen "klimagerechten Umbau der Wirtschaft" einerseits auf eine weitere "Sozialisierung", also "Vergesellschaftung" der Gesamtschulden der EU hinauslaufen, andererseits würden besonders die "Geberländer" wie Deutschland dann zugunsten der südeuropäischen Staaten noch stärker zur Kasse gebeten werden.

Der neue Fonds solle demnach eine "Kreditaufnahmekapazität haben, gepaart mit einem Einkommensstrom, der es ihm ermöglicht, seine Schulden zu bedienen". Der IWF rechnet damit, dass die EU pro Jahr etwa ein Prozent ihrer Wirtschaftskraft investieren müsse, um ihre Klimaziele zu erreichen. Das entspricht etwa 170 Milliarden Euro jährlich.

Der neue Vorschlag des IWF dürfte beim Bundesminister der Finanzen Christian Lindner und seiner FDP auf wenig Gegenliebe treffen. Die Grünen und die SPD als Koalitionspartner der "Ampel" stehen dagegen gemeinsamen EU-Schulden viel offener gegenüber. Noch mehr gemeinsame Schulden würden freilich die Grundfesten der EU weiter erschüttern, denn bereits seit der Corona-Krise 2020 werden die Maastricht-Kriterien nicht mehr angewandt, um den Euro-Staaten bereits mehr "finanziellen Spielraum" zu geben.

Die bereits 1992 festgelegten Defizitgrenzen sollen den Appetit von Regierungen auf das Schuldenmachen begrenzen und damit die finanzielle Stabilität des Euro-Raums wieder sichern helfen. Doch sie werden nur noch als Papiertiger angesehen. In Griechenland und Italien liegt die Schuldenquote bei fast 200 beziehungsweise 150 Prozent des jeweiligen BIP, die Obergrenze von 60 Prozent ist dort kaum noch jemals absehbar. Für noch mehr Schulden plädieren dagegen auch die Ökonomen des EU-Rettungsfonds ESM: Sie hatten sich dafür stark gemacht, die Schuldenobergrenze in der EU generell von 60 auf 100 Prozent der Wirtschaftskraft anzuheben. Zu der Frage wie europäische Verbraucher und Steuerzahler – welche stets unfreiwillig die einstigen Schuldner und Rückzahler neuer Staatsschulden sind – mit Blick auf die aktuelle Inflation das noch verkraften sollen, äußerten sich "naturgegeben" weder der IWF noch die Ökonomen vom ESM.

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