Putins Grußbotschaft an Indien: Die Stärke der russisch-indischen Partnerschaft
Von Andrew Korybko
Präsident Putin entsandte zum Jahreswechsel Grußbotschaften an alle Staatsführer der engsten Partner seines Landes, zu denen natürlich auch Indien gehört. Die Grußbotschaft, die er an Präsidentin Droupadi Murmu und Premierminister Narendra Modi schickte, enthielt mehr, als man zwischen den Zeilen vielleicht zu lesen vermag. Der nachfolgende Text gibt den Inhalt der Mitteilung des russischen Staatschefs an die indischen Amtskollegen wieder:
"In der Grußbotschaft an die Präsidentin der Republik Indien, Droupadi Murmu, und an den Premierminister Indiens, Narendra Modi, betonte Präsident Putin, dass Russland und Indien im Jahr 2022 den 75. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen begingen und – sich auf die positiven Traditionen der Freundschaft und des gegenseitigen Respekts stützend – beide Länder ihre besonders privilegierte strategische Partnerschaft weiter ausbauen, nebst Energie, Militärtechnologie und anderen Bereichen der Zusammenarbeit, groß angelegte Handels- und Wirtschaftsprojekte verfolgen und ihre Bemühungen koordinieren, um wichtige Angelegenheiten regionaler und globaler Herausforderungen anzugehen. In seiner Botschaft unterstrich Präsident Putin, dass er zuversichtlich sei, dass Indiens kürzlich angetretene Präsidentschaften bei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und bei der G20 neue Möglichkeiten für den Aufbau einer mehrdimensionalen russisch-indischen Zusammenarbeit zum Nutzen beider Völker eröffnen werden, im Interesse der Stärkung von Stabilität und Sicherheit in Asien und der ganzen Welt."
Aus dem obigen Text kann vieles extrapoliert werden, was die Absicht dieser Analyse ist. Es soll kurz umrissen werden, was Präsident Putin in jedem Teil seiner Grußbotschaft gemeint hat, um dem Leser ein solides Verständnis über die Zukunft der russisch-indischen strategischen Partnerschaft zu vermitteln.
Die Grußbotschaft eröffnete damit, die drei Vierteljahrhunderte währenden Beziehungen zwischen beiden Ländern hervorzuheben, was betont, wie weit diese Beziehungen formal bereits zurückreichen. Putin hielt es auch für angebracht, Beobachter daran zu erinnern, dass Russland und Indien einander immer mit gegenseitigem Respekt begegnet sind, was im Gegensatz dazu steht, wie gewisse andere Länder diesem südasiatischen Staat entgegentreten. Auf dieser Grundlage konnte man strategisch erfolgreiche Beziehungen aufbauen, die Präsident Putin ebenfalls kurz angesprochen hat.
Die "groß angelegten Handels- und Wirtschaftsprojekte", auf die er sich bezog, stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Nord-Süd-Transportkorridor (NSTC), auf den sich der russische Präsident im vergangenen Monat mehrmals bezog. Das erste Mal während eines Treffens mit dem Rat für strategische Entwicklung und nationale Projekte am 15. Dezember, das zweite Mal eine Woche später am 22. Dezember während einer spontanen Pressekonferenz und zum letzten Mal zwei Tage später am 24. Dezember während eines informellen Gipfeltreffens mit den Staatsoberhäuptern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).
Die Dimension im Bereich der Energie der russisch-indischen strategischen Partnerschaft ist diejenige, die im vergangenen Jahr am stärksten skaliert wurde, nachdem Russland zu Indiens führendem Öllieferanten wurde. Diese Beziehung ist für beide Seiten von Vorteil, da Moskau zuverlässig Einnahmen generieren kann, aus denen heraus es seine Haushaltspläne formuliert, während Neu-Delhi zuverlässig Lieferungen erhält, um seine Wirtschaft, die im vergangenen Jahr doppelt so schnell gewachsen ist, weiter anzukurbeln. Beide Länder arbeiten auch sehr eng im Bereich der Kernenergie zusammen, während Flüssigerdgas (LNG) ebenfalls ein vielversprechender Vektor bleibt.
Zum Thema der militärischen Zusammenarbeit: Russische Waffen helfen Indien, die Glaubwürdigkeit seiner Abschreckungsfähigkeiten gegenüber China und Pakistan aufrechtzuerhalten, was wiederum das Risiko eines heißen Konflikts zwischen diesen Ländern verringert und damit die Chancen auf politische Lösungen bei Streitigkeiten erhöht. Darüber hinaus versorgt Moskau Neu-Delhi mit hochmoderner Technologie, bei der man auch bereit ist, diese in Indien herstellen zu lassen, was kein anderer Partner Indiens im militärischen Bereich auch nur in Erwägung ziehen würde.
Der vage Hinweis von Präsident Putin auf "andere Bereiche der Zusammenarbeit" impliziert wahrscheinlich Russlands Forderung an Indien, seine Exporte nach Russland um das satte Fünffache zu steigern. Damit soll nicht nur das Handelsdefizit zwischen beiden Ländern ausgeglichen werden, das dadurch entstanden ist, dass Neu-Delhi im vergangenen Jahr außerordentlich viel Öl aus Russland bezogen hat, sondern es sollen durch die Exportsteigerung auch die Wirtschaftsbeziehungen umfassend diversifiziert werden, um dem NSTC mehr Gewicht zu verleihen.
Indem Putin in seiner Grußbotschaft dazu übergeht, wie Russland und Indien weiterhin "ihre Bemühungen koordinieren, um wichtige Angelegenheiten regionaler und globaler Herausforderungen anzugehen", spielt Präsident Putin auf den Wunsch an, gemeinsam mit dem Iran ein drittes Einflusszentrum zu schaffen, um der Bi-Multipolarität zum Durchbruch zu verhelfen.
Der letzte Satz über die persönlichen Hoffnungen des russischen Staatschefs in Bezug auf die strategische Partnerschaft kann als Bekräftigung der Unterstützung seines Landes für die angestrebte Führung Indiens im Globalen Süden durch seinen Vorsitz in der G20 und seine langjährige Forderung nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat interpretiert werden. Präsident Putin drückt auch seine Zuversicht aus, dass Indiens rascher Aufstieg zu einer global bedeutenden Großmacht im vergangenen Jahr auch für Russland weiterhin von beiderseitigem Vorteil sein wird.
Alles in allem lässt sich also der Schluss ziehen, dass die Grußbotschaft des russischen Staatsoberhauptes an Indien zur Jahreswende tatsächlich viel aussagekräftiger ist, als viele Beobachter vielleicht gedacht hätten. Putin bewegte sich prägnant entlang der Bandbreite der russisch-indischen Beziehungen und lobte die neu entdeckte Rolle seines strategischen Partners in globalen Angelegenheiten. Niemand sollte daher daran zweifeln, dass sich die besondere und privilegierte russisch-indische strategische Partnerschaft auch in diesem Jahr als eine der einflussreichsten entwickeln wird.
Aus dem Englischen
Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe. Er spezialisiert sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien, Chinas "Neue Seidenstraßen"-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt sowie hybride Kriegsführung.
Mehr zum Thema - Telefonat statt Treffen: Putin sprach mit Indiens Premierminister Modi
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.