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Harald Kujat: Boris Johnson hat im April den russisch-ukrainischen Frieden verhindert

General a. D. Harald Kujat hat sich in einem Schweizer Magazin zu Fragen der Kriegsschuld und den Aussichten der Ukraine geäußert, den Krieg zu gewinnen. Sensationell ist die Mitteilung aus "zuverlässigen Quellen", Boris Johnson habe im April 2022 interveniert, um den schon ausgehandelten ukrainisch-russischen Friedensvertrag zu verhindern.
Harald Kujat: Boris Johnson hat im April den russisch-ukrainischen Frieden verhindertQuelle: www.globallookpress.com © Ukrainian Presidency Press Offic/Keystone Press Agency

Der General a. D. und ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat hat in einem am Mittwoch erschienenen Interview mit dem Schweizer Magazin Zeitgeschehen im Fokus Stellung zur aktuellen Lage im Ukraine-Krieg und im Konflikt zwischen Russland und dem politischen Westen genommen. 

Je länger die militärische Phase des Konflikts dauere, desto schwieriger werde es sein, einen Verhandlungsfrieden zu erzielen. Die territorialen Änderungen, die Russland Ende September vorgenommen habe, können nach den Worten des Generals "nur schwer rückgängig gemacht werden". Sie seien auch eine Folge dessen, dass die Ukraine zuvor die erfolgversprechenden Verhandlungen unter türkischer Vermittlung abgebrochen habe. Damals hätte die Ukraine eine weitaus geringere Gegenleistung zu erbringen gehabt: 

"Die Ukraine hatte sich (in den Verhandlungen in Istanbul Ende März 2022 – d. Red.) verpflichtet, auf eine NATO-Mitgliedschaft zu verzichten und keine Stationierung ausländischer Truppen oder militärischer Einrichtungen zuzulassen. Dafür sollte sie Sicherheitsgarantien von Staaten ihrer Wahl erhalten. Die Zukunft der besetzten Gebiete sollte innerhalb von 15 Jahren diplomatisch, unter ausdrücklichem Verzicht auf militärische Gewalt gelöst werden."

Die Ukraine war damals gewarnt worden, dass ein Abbruch der Verhandlungen territoriale Verluste zur Folge haben wird, hat diese Warnungen aber in den Wind geschlagen. "Nach zuverlässigen Informationen", schildert Kujat die Umstände des Scheitern der Verhandlungen, habe der damalige britische Premierminister Boris Johnson "am 9. April in Kiew interveniert und eine Unterzeichnung verhindert". Seine Begründung war, so der General, "der Westen sei für ein Kriegsende nicht bereit".

RT hatte im März und April des vergangenen Jahres über das Hin und Her bei den russisch-ukrainischen Verhandlungen in Istanbul berichtet. Russland war Ende März mit dem Rückzug aus den Vororten von Kiew und dem gesamten Norden der Ukraine in Vorleistung gegangen, doch blieb der daraufhin erwartete weitere Fortschritt bei den Friedensverhandlungen aus. Stattdessen ging die Ukraine propagandistisch mit der Berichterstattung um das angebliche "Massaker von Butscha", das von russischen Offiziellen als Inszenierung bezeichnet wird, in die Offensive. Russlands Außenminister Sergei Lawrow hatte damals öffentlich geäußert, der Westen versuche, die Friedensverhandlungen zu stören.

Über diese Vorgänge hätten US-amerikanische, britische und ukrainische Medien ausführlich berichtet, erinnert der Ex-Generalinspekteur, auch der russische Präsident Wladimir Putin habe sie mehrfach erwähnt, in der deutschen Berichterstattung seien die dazu verfügbaren Informationen jedoch nie aufgegriffen worden, was "ungeheuerlich" sei.

Kujat kritisiert die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt in deutschen Massenmedien auch darüber hinaus. Der Ukraine-Krieg sei nicht nur eine militärische Auseinandersetzung, sondern auch ein Wirtschafts- und Informationskrieg. In diesem Informationskrieg werde Deutschland auch dadurch zum Kriegsteilnehmer, dass sich deutsche Medien "Informationen und Argumente zu eigen machen, die sie weder verifizieren noch aufgrund eigener Kompetenz beurteilen können". Zum Teil spielten dabei auch "als moralisch verstandene oder ideologische Motive" eine Rolle, so der General. In den Medien kämen überwiegend "Experten" zu Wort, die "über keine sicherheitspolitischen und strategischen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen". Diese gäben Meinungen für Expertise aus, die sie aus Veröffentlichungen anderer "Experten mit vergleichbarer Sachkenntnis" bezögen. Damit werde auch politischer Druck auf die Bundesregierung aufgebaut. Die Debatte über die Lieferung bestimmter Waffensysteme zeige die Absicht vieler Medien "überdeutlich", selbst Politik zu machen.

Besonders ärgerlich findet Kujat, der viele Jahre aktiven Dienst unter anderem als Vorsitzender des NATO-Russland-Rats und der NATO-Ukraine-Kommission der Generalstabschefs hinter sich hat, dass "die deutschen Sicherheitsinteressen und die Gefahren für unser Land durch eine Ausweitung und Eskalation des Krieges so wenig beachtet werden". Das zeuge, sagt der General, von einem "Mangel an Verantwortungsbewusstsein". In den Vereinigten Staaten sei der Umgang mit dem Ukraine-Krieg "wesentlich differenzierter und kontroverser, gleichwohl aber immer von nationalen Interessen geleitet".

Ziel Russlands in dem Konflikt sei es zu verhindern, dass der "geopolitische Rivale USA" eine strategische Überlegenheit gewinnt, die Russlands Sicherheit gefährdet, "sei es durch Mitgliedschaft der Ukraine in der von den USA geführten NATO, sei es durch die Stationierung amerikanischer Truppen, die Verlagerung militärischer Infrastruktur oder gemeinsamer NATO-Manöver". Auch die Dislozierung von US-Systemen des ballistischen Raketenabwehrsystems in Polen und Rumänien ist Russland "ein Dorn im Auge". Russland sei überzeugt, dass die USA von diesen Abschussanlagen auch russische interkontinentalstrategische Systeme ausschalten und damit das nuklearstrategische Gleichgewicht gefährden könnten. Kujat weiter zu den Kriegsursachen: 

"Eine wichtige Rolle spielt auch das Minsk-II-Abkommen, in dem die Ukraine sich verpflichtet hat, der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass bis Ende 2015 durch eine Verfassungsänderung mit einer größeren Autonomie der Region Minderheitenrechte zu gewähren, wie sie in der Europäischen Union Standard sind. Es gibt inzwischen Zweifel, ob die USA und die NATO bereit waren, vor dem russischen Angriff auf die Ukraine ernsthaft über diese Fragen zu verhandeln."

Die Weigerung der ukrainischen Regierung, das Abkommen umzusetzen, die wenige Tage vor Kriegsbeginn abermals bekundet wurde, war nach Auffassung von General a. D. Kujat "einer der Auslöser für den Krieg". Die deutsche und die französische Politik haben dabei eine besonders unrühmliche Rolle gespielt: 

"Merkel bestätigt, dass Russland (mit den Minsker Abkommen – d. Red.) ganz bewusst getäuscht wurde. Das kann man bewerten, wie man will, aber es ist ein eklatanter Vertrauensbruch und eine Frage der politischen Berechenbarkeit."

Dass die Ukraine mit weiteren westlichen Waffenlieferungen die "besetzten Gebiete" zurückerobern kann, schließt der General aus. Kujat beruft sich auf die Ansicht des US-amerikanischen Generalstabschefs, General Mark Milley, die Ukraine habe das Maximum dessen erreicht, was sie militärisch erreichen konnte. Mehr sei nicht möglich. Deshalb sollten jetzt diplomatische Bemühungen aufgenommen werden, um einen Verhandlungsfrieden zu erreichen.

Weitere Waffenlieferungen an die Ukraine werden den "Krieg sinnlos verlängern", mit "noch mehr Toten auf beiden Seiten und der Fortsetzung der Zerstörung des Landes". Außerdem hätten sie zur Folge, dass "wir noch tiefer in diesen Krieg hineingezogen werden".

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