Russland sperrt die Kurilen für Japaner – Wie wird Tokio reagieren?
Von Olesja Otrokowa und Andrei Restschikow
Am letzten Freitag während des wöchentlichen Briefings bezeichnete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, das Gesprächsthema Friedensvertrag mit Japan von der russischen Seite als abgeschlossen. "Was das Thema Friedensvertrag betrifft, so ist es für uns, wie Sie wissen, abgeschlossen", sagte Sacharowa. Damit hat auch Moskau, Tokio folgend, am dem Tiefpunkt der russisch-japanischen Beziehungen festgehalten.
Vorausgegangen war diesem Schritt der Entschluss der Regierung von Fumio Kishida, antirussische Sanktionen zu verhängen. Dabei nicht nur ein Paket, sondern gleich fünfzehn. Im Außenministerium bezeichnete man Japan diesbezüglich als "Vorreiter", weil es den Initiativen seiner Verbündeten in Sachen Sanktionen vorauseile. Unter anderem setzte Tokio den Status "Most Favoured Nation" (MFN) für Russland außer Kraft, wies eine Gruppe von Diplomaten aus und verhängte Beschränkungen für den bilateralen Handel, die Zentralbank und leitende Beamte.
Die Reaktion Moskaus erfolgte umgehend. Noch im März letzten Jahres hatte Russland die Verhandlungen über einen Friedensvertrag und über den Status der Südkurilen abgesagt. Wenig später wurde den Japanern die Visumfreiheit für die Kurilen entzogen. Daraufhin hat sich Moskau aus dem Dialog über den Aufbau gemeinsamer wirtschaftlicher Aktivitäten in der Region zurückgezogen.
Außerdem wurden die Verhandlungen über die Fischerei Japans in der russischen Wirtschaftszone eingestellt. Das Außenministerium der Russischen Föderation begründete dies mit den "antirussischen Maßnahmen Tokios, die dem Geist und dem Wortlaut des Abkommens aus dem Jahr 1998 über die Stärkung und Entwicklung der guten Nachbarschaft zuwiderlaufen".
Dennoch wird die japanische Führung ihren Standpunkt in der Territorialfrage mit Russland auch nach der heutigen Deklaration des russischen Außenministeriums weiter vertreten, ist Alexander Panow, Leiter der Abteilung für Diplomatie am MGIMO und ehemaliger russischer Botschafter in Japan, überzeugt.
"Japans Führung hat eine klare Stellung, die kürzlich von Premierminister Fumio Kishida bekräftigt wurde: Tokio beabsichtigt nach wie vor, Moskau zur Herausgabe der vier Kurilen-Inseln an den japanischen Staat zu bewegen", erläuterte Panow und fügte hinzu, dass die Stellung Russlands bezüglich eines Friedensvertrags "in naher Zukunft" ebenfalls unverändert bleiben wird.
Oleg Kasakow, Experte am Zentrum für Japanstudien am Institut für China und modernes Asien der Russischen Akademie der Wissenschaften, erinnerte seinerseits daran, dass man in Moskau während der Sowjetära auch die Notwendigkeit eines Friedensvertrags mit Japan verneinte, doch mit der Zeit habe sich die Einstellung zu diesem Thema geändert. "Gleichwohl wird Japan seine Forderung nicht aufgeben. Sobald sich eine Gelegenheit dazu ergibt, wird Tokio eine solche auf jeden Fall wahrnehmen", so Kasakow.
Die russisch-japanischen Beziehungen sind von den Entwicklungen in der Geopolitik abhängig, erklärte der Experte. Unter bestimmten Bedingungen können beide Seiten daher jederzeit wieder über den Friedensvertrag diskutieren. "Ist die Diskussion zum Vertrag für heute abgeschlossen, so wird sie in Zukunft wieder zur Tagesordnung gehören", prophezeit der Gesprächspartner.
Dabei bedauerte der Premierminister Japans, Fumio Kishida, kurz zuvor das Fehlen eines Friedensvertrags mit Russland. Des Weiteren hat die japanische Regierung den Begriff der "illegalen Okkupation" in Bezug auf den südlichen Teil des russischen Territoriums wieder eingeführt. Diese Formulierung erschien in der Abschlusserklärung der "Nationalen Kundgebung für die Wiedererlangung der nördlichen Territorien".
Die Veranstaltung selbst fand am 7. Februar statt, auf der Kishida folgende Erklärung abgab: "Es ist äußerst bedauerlich, dass 77 Jahre nach dem Ende des Krieges die Frage der nördlichen Territorien weiterhin ungelöst ist. Allerdings ist die japanische Regierung entschlossen, die Territorialfrage zu lösen und einen Friedensvertrag zu schließen."
Zur Erinnerung sei gesagt, dass Japan auf vier Inseln des Kurilen-Archipels Anspruch erhebt, obwohl diese infolge des Zweiten Weltkriegs sowjetisches Hoheitsgebiet wurden. Der Standpunkt Moskaus ist leicht verständlich: Die Hoheit Russlands über die Inseln ist unumstritten. Trotzdem führten Moskau und Tokio während der Amtszeit von Shinzo Abe mehrere Jahre lang einen aktiven Dialog, um den Streit friedlich beizulegen.
Im November 2018 fand ein denkwürdiges Treffen zwischen den Staats- und Regierungschefs von Russland und Japan statt. Infolgedessen kündigte Abe an, den Verhandlungsprozess über einen Friedensvertrag auf der Grundlage der Gemeinsamen Erklärung von 1956 zu beschleunigen. Laut diesem Dokument erklärte sich die Sowjetunion bereit, nach dem Abschluss des Friedensvertrags die Übergabe von Habomai und Shikotan an Tokio in Erwägung zu ziehen, während das Schicksal von Kunashir und Iturup unangetastet blieb. Die Vereinigten Staaten haben die Umsetzung des Abkommens verhindert.
In Anbetracht der sich verschärfenden Beziehungen zwischen den Staaten mehren sich die Berichte, dass Japan eine Aufrüstung seiner Raketenkapazitäten mit der Unterstützung Washingtons vornimmt und dadurch eine neue Bedrohung für Russland im Fernen Osten schafft. Am 10. Februar wurden die Pläne der USA bekannt, Hyperschall-Langstreckenraketen (LRHW) und bodengestützte Marschflugkörper (Tomahawk) in Japan zu stationieren (Reichweiten von 2.700 km und 1.600 km entsprechend).
In einer Antwort warnte Maria Sacharowa, dass solche Aktionen der Vereinigten Staaten und Japans für Russland "eine qualitative Veränderung der regionalen Situation auf dem Gebiet der Sicherheit bedeuten würden, was sich auf die globale strategische Stabilität auswirken wird".
Gleichzeitig sind sich die Experten nicht darüber sicher, dass Tokio eine militärische Konfrontation mit Moskau anstrebt.
"Selbst wenn man sich theoretisch vorstellt, dass die japanische Flotte die Meerengen auf den Kurilen blockieren könnte, so ist dies eine Kriegserklärung. Außenpolitisch hat Tokio dringendere Sorgen in Form von militärischen Bedrohungen aus China und Nordkorea. Dennoch stellen sämtliche militärischen Aktivitäten Tokios und Washingtons ein Risiko für uns dar", ergänzte der Experte.
Laut der Prognose von Panow könnte es fünf bis zehn Jahre dauern, bis der Dialog zwischen den beiden Ländern wieder aufgenommen wird, und die Verhandlungen über einen Friedensvertrag seien "ganz und gar im Bereich des Undenkbaren". Allerdings, so Kasakow weiter, "ist die Tendenz der militärischen Erstarkung Japans gegeben, und das wird mit der Zeit ihre Früchte tragen".
In diesem Kontext sollte Russland den Aufbau einer Pazifikflotte in Erwägung ziehen, und zwar nicht so sehr wegen der hypothetischen Aktionen Japans (das in seiner Verfassung eine "Friedensklausel" enthält), sondern wegen des Wunsches von Moskau die Führungsrolle in einer sich wandelnden multipolaren Welt zu beanspruchen. In Kombination mit einer Steigerung der Wirtschaftskraft und dem Wohlstand der Bürger wäre eine solche Maßnahme nicht überflüssig, schlussfolgerte Kasakow.
Zuerst erschienen bei Wsgljad. Übersetzt aus dem Russischen.
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