Das Scheitern westlicher Panzer in der Ukraine – ein systemisches Problem
Eine Analyse von @Panzwaffle
Das Thema der Überlegenheit der westlichen Waffen über sowjetische und russische war für den russisch-ukrainischen Konflikt noch vor 2022 typisch gewesen. Im Rahmen der Vorbereitung der Offensive wurde es zu einem der Schlüsselthemen für ukrainische und westliche Propaganda.
Presse und Experten verglichen die Leistungsdaten der Waffen und kamen einstimmig zum Schluss, dass die Russen keine Chance hätten. Brillant ausgebildete ukrainische Soldaten würden in großartigen und hochtechnologischen Panzern Leopard 2 und M2 Bradley alle Verteidigungslinien mit Leichtigkeit durchbrechen und zu den Grenzen von 1991 vorstoßen.
Zwei Wochen der Offensive brachten mehr als bescheidene Ergebnisse. Die westliche Technik, inklusive Panzer, spielte keine entscheidende Rolle.
Dies bedeutet freilich nicht, dass westliche Panzer oder irgendwelche konkreten Modelle schlecht sind. Anstelle des Leopards könnten Challenger 2, M1 Abrams, AMX-56 Leclerc oder ein beliebiger anderer Panzer eingesetzt werden. Das Ergebnis wäre genauso katastrophal.
Warum?
Alle Waffenarten, darunter Panzer, existieren im Rahmen eines Systems.
Im Normalfall umfasst ein System viele Elemente: Doktrin, Struktur der Streitkräfte, Kapazitäten der Rüstungsindustrie, System der Personalausbildung, Wartung und Reparatur von Technik und viel mehr.
Gerade dieses System entscheidet, welche Aufgaben es zu lösen hat, welche Instrumente es dafür braucht, und stellt schließlich Anforderungen an Militärtechnik.
Dabei sind komplexe Systeme gar nicht statisch und können sich unter dem Einfluss diverser Faktoren wandeln. Betrachtet man den konkreten Fall des ukrainischen Systems, befindet es sich seit über einem Jahr im Verfall und weist keine Anzeichen einer Besserung auf.
Gegenwärtig stellt es eine Ansammlung von Elementen dar, von denen Teile nach außerhalb der Grenzen der Ukraine ausgelagert ist, Teile zerstört sind und Teile schlicht nicht existieren. Dabei können diese Elemente nicht nur nicht miteinander arbeiten, sondern sogar im Konflikt stehen.
An dieser Stelle ein Beispiel. Noch im Herbst klagten ukrainische Reparaturspezialisten, dass kein einheitliches System zur Erfassung von Ersatzteilen existiert. Damit etwa eine Einheit einen Schützenpanzer reparieren konnte, musste sie alle Kollegen anrufen und einen Kurier schicken, um das fehlende Detail abzuholen. Dabei waren die Kollegen nicht immer bereit, zu teilen, denn auch bei ihnen gab es ein Defizit, was ganz normal ist, wenn es im Land keine Militärproduktion gibt. Sind massenhafte militärische Reparaturen unter solchen Bedingungen vorstellbar? Sicher nicht.
Was bleibt am Schluss?
Mit Ausnahme momentaner Kompensation von Verlusten löst die Übergabe westlicher Waffen keine Probleme des ukrainischen Militärsystems, sondern verstärkt nur vorhandene.
Neue Waffenarten und -modelle setzen das System immer stärker unter Druck. Statt gewohnter zwei bis drei Modellen von Panzern müssen inzwischen sechs und künftig ganze acht instandgehalten werden, ganz zu schweigen von Einzelexemplaren und Modifikationen.
Somit findet sich die vom Westen gelieferte Technik innerhalb eines schlecht funktionierenden Militärsystems wieder, das all ihre Vorteile zunichtemacht. Das bedeutet, dass das Ergebnis stabil negativ ausfallen wird, solange das System existiert.
Übersetzt aus dem Russischen.
Der anonyme Autor (oder das Autorenkollektiv) veröffentlicht im Telegram-Kanal Panzwaffle eigene Kommentare sowie die Kommentare Dritter zu militärischen Belangen nebst themenbezogenem Bild- und Videomaterial und wird als Militärexperte auch von russischen Medien (neben RT auch von der Nachrichtenagentur RIAFAN) zitiert und veröffentlicht.
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