Montenegro: Wird endlich jemand zur Rechenschaft gezogen oder stehen neue Herausforderungen bevor?
Nachdem der langjährige Machthaber Montenegros, Milo Đukanović, das Rennen um ein neues Präsidentschaftsmandat verloren hat und seine Partei DPS in die Opposition gegangen ist, zeigt die neue und immer noch nicht gebildete Regierung ernsthafte Absichten, mit dem Erbe abzurechnen, das das frühere prowestliche – manche würden sagen – Marionettenregime hinterlassen hat.
Aber das geht nicht so einfach. Đukanović ersuchte (und erhielt) nämlich einst die Unterstützung des Westens für seine Projekte zur Erklärung der nationalen Unabhängigkeit und zur Abspaltung von Serbien im Jahr 2006. Auf die gleiche Weise hat er das kleine Land Montenegro gegen den Mehrheitswillen der Bürger und ohne Referendum zur NATO-Mitgliedschaft geführt. Wovon das Land zwar keinen Nutzen hat, aber es ist offensichtlich ein Vorteil für die Allianz, die somit die gesamte Adriaküste 'beherrscht'. Und darüber hinaus wurde Russland, dessen Privatinvestoren begonnen hatten, in großer Zahl in Montenegro zu investieren, die Botschaft übermittelt, dass Moskau nicht auf großen Einfluss in diesem Land hoffen kann.
Doch all diese 'Privilegien', die Đukanović erhielt, hatten letztlich ihren Preis. Zahlreiche US-amerikanische Investoren mit – gelinde gesagt – zweifelhaften Biografien, erwarben bedeutende Ressourcen in der Hotellerie, im Tourismus und in einigen anderen Wirtschaftszweigen. Der neue Präsident des Landes, Jakov Milatović, und das noch zu bildende Kabinett werden offensichtlich einen hohen Preis zahlen müssen, um einige dieser westlichen 'Investoren' loszuwerden, die auf zweifelhafte und intransparente Weise Eigentums- und Managementrechte in zahlreichen attraktiven Unternehmen erworben haben.
Der 'sich entzündende' Konflikt zwischen der Hauptstadt Podgorica und den westlichen Investoren wird exemplarisch an zwei Streitigkeiten deutlich, die bereits vor den Gerichtshöfen in London und Podgorica anhängig sind. Sogar um die montenegrinische Internet-Domain (.me) wird gerungen, weil die Amerikaner, die sie kontrollieren (genauer gesagt, das Unternehmen DoMEn ), den bestehenden, sehr attraktiven Vertrag verlängern wollen, der vor 15 Jahren zur Zeit des unangefochtenen Herrschers von Montenegro, Milo Đukanović, unterzeichnet worden war.
Nun ist es zwar leider so, dass Đukanović zusammen mit seiner Demokratischen Partei der Sozialisten jüngst in die Opposition gehen musste. Das millionenschwere Geschäft in diesem Bereich ist für die Amerikaner aber dennoch attraktiv genug, dass sie versuchen, den Vertrag zu verlängern. Wohl auch, indem sich auf alte "Verdienste" berufen, die die Expertenregierung von Premierminister Dritan Abazović offenbar nicht akzeptieren will. Abazovićs vorrangiges Ziel ist es nämlich, mit der Ära von Đukanović und seiner 30-jährigen Herrschaft abzurechnen, die für zahlreiche Affären und Korruption in Erinnerung bleiben wird.
Đukanović selbst wurde des Öfteren als Förderer von Korruptionsskandalen bezeichnet, von denen die bekanntesten der Tabakschmuggel und die "Pandora Papers" sind. Ihrerseits kündigte die neue Regierung im Wahlkampf energische Maßnahmen gegen Korruption und Reste des alten Regimes an und ist daher bereit, im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung einen glaubwürdigen und investitionsbereiten Partner zu finden, der auch dem Staatshaushalt nützlich sein würde.
Die montenegrinische Internetdomäne ".me" ist in vielerlei Hinsicht attraktiv, weil sie als Personalpronomen (Englisch: me = ich), internationale Anerkennung genießt. In der Praxis liegt die Domain-Registrierung meist in den Händen staatlicher Unternehmen, da es sich um ein profitables Geschäft handelt. Doch in Montenegro hat man sich, offenbar aus politischen Gründen, entschieden, das Geschäft an DoMEN, ein privilegiertes Unternehmen in mehrheitlich US-amerikanischem Besitz, zu übertragen, das bisher nur einen geringen Teil des Gewinns an den Staat zahlte. Dies wiederum erschien den Oppositionsvertretern verdächtig, die 2017 versuchten, auf den millionenschweren Schaden eines derartigen Vertrages hinzuweisen. Die damalige Regierung machte keinen Hehl daraus, obwohl der Fall sogar vor dem Obersten Staatsanwalt landete, von dem ebenfalls behauptet wurde, er habe unter der Kontrolle von Đukanović gestanden.
In der Folge endete dieser Fall vor Gericht. Zumal die neue Regierung beschloss, ihren Partner zu wechseln und eine neue Ausschreibung ankündigte. Die Vertreter des Unternehmens DoMEn beklagten ihrerseits, "dass solche Verfahren bei künftigen Investoren Angst vor Instabilität schüren", und erklärten, dass sie aufgrund der Einnahmen aus der Verwaltung der nationalen Internetdomäne Ende 2022 über 33 Millionen Euro in die Staatskasse eingezahlt hätten. Die Rechtsabteilung des Unternehmens gab jüngst ganz zuversichtlich bekannt, dass ihr Mandant DoMEn das Recht zur Verwaltung dieser öffentlichen Ressource bis 2033 ausüben werde. Somit steht die neue Regierung vor der großen Herausforderung, dem US-amerikanischen Unternehmen diese attraktiven Einnahmen zu verweigern.
Es ist indes nicht ausgeschlossen, dass die transatlantischen Beziehungen bereits in Anspruch genommen wurden, wenn man sich die Rolle der USA bei der Erlangung der montenegrinischen Unabhängigkeit und der Durchsetzung der EU- und NATO-Agenda ins Gedächtnis ruft.
Was Montenegro anbetrifft, ist dies kein seltenes Phänomen. Es gibt zahlreiche Spekulationen darüber, dass die neue Regierung Montenegros von der US-amerikanischen Botschaft in diesem Land bestellt und möglicherweise genehmigt wird. Zumal diese Regierung solche Ambitionen mit Hinblick auf die künftigen Minister nicht verbirgt. Und die Tatsache, dass die transatlantischen Verbindungen gut funktionieren, wird auch durch die Position der US-amerikanischen Handelskammer in Montenegro bestätigt, die sich bei dieser Gelegenheit sehr schnell zu Wort meldete und betonte, dass "die Regierung vor der Einleitung einer neuen öffentlichen Ausschreibung zur Auswahl eines Betreibers ... einen angemessenen Dialog führen und die rechtlichen Beziehungen mit den bestehenden Investoren klären muss."
Wir werden bald erfahren, ob es Dialoge geben wird oder nur Monologe, wie es bisher bei den US-Amerikanern der Fall war.
In der Zwischenzeit entbrennt ein weiterer Streit zwischen der Regierung Montenegros und der US-amerikanischen Startex-Gruppe, die durch einen langfristigen Pachtvertrag das Recht zur Verwaltung des Hafens von Budva erhielt, aber bislang keine Miete an den Staat zahlte. Als die Regierung die "Abrechnung" und die Möglichkeit der Kündigung der bestehenden ungünstigen Verträge aus der Zeit von Milo Đukanović ankündigte, läuteten bei den Amerikanern alle Alarmglocken.
"Montenegros Unabhängigkeit ist teuer, sehr teuer", beklagte kürzlich einer der Anführer der Volksfront, Milan Knežević – offenbar in Anspielung auf die in dieser Hinsicht fälligen transatlantischen Rechnungen.
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