Die Streumunition aus den USA wird den Zivilisten im Donbass noch mehr Leid und Tod bringen
Eine Analyse von Eva Bartlett
Die jüngste Entscheidung der USA, Streumunition in die Ukraine zu schicken, ist unmoralisch, unethisch und kriminell. Wir haben bereits die schrecklichen Folgen des Einsatzes solcher Waffen gesehen – verstümmelte und ermordete Zivilisten, oft noch Jahrzehnte nach deren Einsatz – beispielsweise im Irak, in Südostasien sowie im Libanon.
Neben den ethischen Gründen, diese Waffen nicht in die Ukraine zu schicken, gibt es aus militärischer Sicht auch pragmatische Gründe, dagegen zu sein: Sie sind für die ukrainischen Streitkräfte sinnlos, trotz des Versprechens des Westens, dass sie "in einem größeren Gebiet Schaden anrichten als gewöhnliche Artilleriegranaten".
In Wirklichkeit decken diese Streubomben zwar ein größeres Gebiet ab als herkömmliche hochexplosive Munition, richten aber keinen größeren Schaden an, schon gar nicht an den befestigten russischen Stellungen. Sie werden hauptsächlich zur gezielten Bekämpfung von Truppen in leicht gepanzerten Fahrzeugen auf offenem Gelände eingesetzt. Kein Gamechanger für Kiew.
Laut Scott Ritter, einem ehemaligen Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterie und Militärexperte, "sind dies die ungeeignetsten Waffen der Welt für einen Stellungskrieg. Im Stellungskrieg braucht man hochexplosive Granaten, die Bunker knacken und Schützengräben zum Einsturz bringen".
Wenn die USA wissen, dass diese Streumunition die Situation an der Front in der Ukraine nicht ändern wird, warum wird sie dann trotzdem geliefert? Wie Präsident Joe Biden selbst zugeben musste, geht der Ukraine "die Munition aus, und wir selbst haben nur noch wenig davon". Die USA könnten somit ihre alten Bestände an Streumunition loswerden wollen. Sie werden nicht, wie Biden behauptete, "das Rollen dieser Panzer verhindern". Sie werden auch nicht – wie die Biden-Regierung behauptete – "das Leben von Zivilisten retten". Mit ziemlicher Sicherheit werden sie umgehend und in den kommenden Jahren dazu verwendet werden, weitere Zivilisten im Donbass zu töten, zu verstümmeln und zu terrorisieren.
Der pensionierte US-Oberst Douglas Macgregor hat betont, dass Streumunition eine hohe Quote von Blindgängern aufweist. Laut Ritter explodieren fast 40 Prozent der Submunition nicht. Macgregor betonte zudem, dass Kinder "von diesen leuchtend glänzenden Objekten angezogen werden, die wie Baseballs aussehen", so heimtückisch sei ihr Design.
Der nationale Sicherheitsberater der USA Jake Sullivan versicherte, dass Kiew die Streumunition nicht missbrauchen wird. Er behauptete, dass "die Ukraine sich nach dem Konflikt um die Räumung der nicht explodierten Submunition bemühen wird, um potenzielle Schäden unter der Zivilbevölkerung zu begrenzen", und dass "die Ukraine schriftlich zugesichert hat, dass sie diese Waffe auf eine sehr sorgfältige Art und Weise einsetzen wird, die darauf abzielt, jede potenzielle Gefahr für die Zivilbevölkerung zu minimieren".
Die USA haben das Übereinkommen über Streumunition – das den Einsatz, die Herstellung, die Weitergabe und die Lagerung von Streumunition verbietet – nie unterzeichnet, hatten aber kein Problem damit, ihre Abscheu zum Ausdruck zu bringen, als sie Vorwürfe gegen Russland erhoben – das ebenfalls kein Unterzeichner dieses Übereinkommens ist –, Streumunition eingesetzt zu haben, und dies als mögliches "Kriegsverbrechen" bezeichneten.
Wie üblich ist etwas ein abscheuliches Kriegsverbrechen, wenn ein Feind der USA es angeblich tut, nicht aber, wenn ein Verbündeter – oder die USA selbst – es tatsächlich tut. Was die laschen Versprechen der Ukraine betrifft, diese Streumunition nicht gegen Zivilisten einzusetzen, so tut sie dies bereits seit 2014.
Die Chronologie der Angriffe mit Streumunition auf Zivilisten in der Ukraine
Ich besuchte Ende März 2022 den Ort eines ukrainischen Raketenangriffs, bei dem 22 Zivilisten getötet und 33 weitere verletzt wurden. Da die von der Ukraine abgefeuerte Totschka-U-Rakete abgefangen werden konnte, explodierten nicht alle der darin enthaltenen 50 Kassetten mit Submunition auf den Straßen der Stadt. Sonst wäre das Blutbad noch viel horrender gewesen. Im April 2022, griffen ukrainische Streitkräfte einen Bahnhof in Kramatorsk an und feuerten ebenfalls eine Totschka-U mit Streumunition ab, wobei Berichten zufolge 50 Menschen getötet wurden. Westliche Medien beschuldigten erwartungsgemäß Russland dieses Kriegsverbrechens, obwohl Untersuchungen ergaben, dass die Rakete aus einem von der Ukraine kontrollierten Gebiet im Südwesten abgefeuert wurde.
Aber wie die meisten Kriegsverbrechen Kiews gegen Zivilisten im Donbass, begann der Einsatz von Streumunition nicht im Jahr 2022. Bereits 2014 hatte Human Rights Watch (HRW) über den Einsatz von Streumunition durch ukrainische Regierungstruppen in besiedelten Gebieten der Stadt Donezk berichtet. Bei einem Angriff auf das Zentrum von Donezk am 2. Oktober 2014, bei dem ebenfalls Streumunition eingesetzt worden war, war ein Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ums Leben gekommen.
Die New York Times berichtete ebenfalls, dass "die ukrainische Armee im Oktober 2014, bei mehreren Gelegenheiten offenbar Streumunition ins Herz von Donezk abgefeuert hat und damit in eine von Rebellen gehaltenen Stadt, mit einer Bevölkerung von mehr als einer Million". Unter Berufung auf physische Beweise und Interviews mit Zeugen und Opfern schrieb die Zeitung, es gebe "klare Anzeichen dafür, dass die Streumunition aus der Richtung des von der ukrainischen Armee kontrollierten Territoriums abgefeuert wurde".
Aber das ist nicht die einzigen Streumunition, die von den ukrainischen Streitkräften auf Zivilisten im Donbass abgefeuert wurde. Tatsächlich habe ich im Laufe des vergangenen Jahres über ukrainische Raketen berichtet, die Kassetten mit international verbotenen PFM-1-"Blütenblatt"-Minen enthielten, insgesamt über 300 Minen pro Rakete. Aufgrund ihrer Konstruktion gleiten sie im Allgemeinen ohne zu explodieren zu Boden, bis jemand oder etwas auf sie tritt.
Nach Angaben der Behörden der Volksrepublik Donezk (DVR) begann die Ukraine am 6. März 2022, während der Kämpfe um Mariupol und ab dem 18. Mai 2022, mit dem Abfeuern dieser winzigen Minen auf die Siedlungen der DVR und das Gebiet Charkow. Seit ich Ende Juli 2022 erstmals die Folgen des Einsatzes dieser Minen im Zentrum von Donezk dokumentiert habe, führte ich Interviews mit Opfern und berichtete über die mühsame Arbeit russischer Pioniere bei der Lokalisierung und Zerstörung dieser Minen. Bis zum 25. Juli des laufenden Jahres wurden 124 Zivilisten durch diese Minen verletzt, darunter zehn Kinder. Drei Zivilisten starben an den Folgen ihrer Verletzungen.
Westliche Waffen zur Tötung von Zivilisten im Donbass
Es sollte erwähnt werden, dass die Ukraine im Laufe ihres inzwischen neunjährigen Krieges gegen den Donbass konventionelle NATO-Munition eingesetzt hat, um Zivilisten abzuschlachten und zu verstümmeln. Die hochexplosiven Granaten, die von der ukrainischen Seite in Städte und Ortschaften im Donbass, aber auch unzählige Male ins Herz von Donezk abgefeuert werden, zerreißen Menschen und hinterlassen verstümmelte Körper und menschliche Überreste auf Straßen, Gehwegen und auf Marktplätzen.
Am 22. Juli beschossen ukrainische Streitkräfte russische Journalisten in der Region Saporoschje mit Streumunition, wobei einer getötet und drei weitere verletzt wurden. Diese vorsätzlichen Angriffe auf die Medien, auf die Häuser der Zivilbevölkerung, auf Krankenhäuser, die Infrastruktur und auf die Zivilbevölkerung selbst sollten ebenso lautstark verurteilt werden wie das Streuen von Blütenblatt-Minen und Streumunition durch die Ukraine im Allgemeinen. Aber die Ankündigung der USA, Streumunition in die Ukraine zu schicken, löste in den westlichen Ländern zwar zurückhaltende Kritik aus, es folgte jedoch keine ernsthafte Verurteilung.
Kanada ist eines der Länder, das zumindest einige Einwände gegen die Lieferung von Streumunition geäußert hat, wobei die Regierung in Ottawa angesichts der kanadischen Unterschrift auf dem Übereinkommen über Streumunition wahrscheinlich der Meinung war, dass sie einen formellen Protest einlegen sollte. Die kanadische Regierung erklärte, sie sei entschieden gegen den Einsatz von Streumunition und setze sich dafür ein, "den Auswirkungen von Streumunition auf Zivilisten – insbesondere auf Kinder – ein Ende zu setzen". Abgesehen von diesem höflichen Murren habe ich jedoch keine kanadische Verurteilung des wiederholten Einsatzes von Streumunition durch die Ukraine gegen die Zivilbevölkerung im Donbass vernommen.
Aber der wirkliche Kriminelle ist die US-Regierung, die weiß, dass ihre Streumunition der Ukraine nicht wirklich helfen wird, das russische Militär in irgendeiner konkreten Weise zu bekämpfen, sondern dass die Ukraine sie höchstwahrscheinlich stattdessen gegen Zivilisten im Donbass einsetzen wird. Aber anscheinend ist das für die Krokodilstränen weinenden US-Heuchler völlig in Ordnung.
Aus dem Englischen.
Eva Bartlett ist eine unabhängige kanadische Journalistin. Sie arbeitet in Konfliktgebieten vor Ort, besonders im Nahen Osten, wo sie vier Jahre lang in Syrien und Palästina lebte. Seit einem Jahr arbeitet sie im Donbass.
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