Werden ATACMS-Raketen zur Herausforderung für russische Armee?
Von Andrei Rudenko
Im Verlaufe der Militäroperation ist offensichtlich geworden, dass die westliche Technik die russische praktisch nicht übertrifft. Leoparden und Bradleys brennen sehr gut, das Gleiche wird wohl mit Abrams passieren. Russlands Mittel der elektronischen Kriegsführung bekämpfen die Bayraktar-Drohnen, die das ukrainische Militär inzwischen zur Aufklärung einsetzt. Die russischen Streitkräfte fanden Gegenmittel zu HIMARS und begannen, Storm Shadow-Marschflugkörper abzuschießen.
Doch die ATACMS könnten zu einer ernsthaften Störung werden, zu dem eine Abwehrwaffe gefunden werden muss.
ATACMS sind Marschflugkörper aus US-Produktion mit geringer Reichweite und einem Feststoffantrieb. Mit großen Abstrichen können sie als Entsprechungen der russischen Iskander-Marschflugkörper bezeichnet werden, denen sie in Reichweite und Geschwindigkeit jedoch nachstehen.
Die ATACMS hat eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern und eine Masse von mindestens 1.300 Kilogramm. Die Genauigkeit liegt zwischen drei und 100 Metern. Zum Abschuss der Raketen können Radfahrgestelle M142 HIMARS (mit einer Rakete) oder Raupenfahrgestelle M270 MLRS (mit zwei Raketen) eingesetzt werden. Das ukrainische Militär verfügt über beide Plattformen – es erhielt ursprünglich über 20 HIMARS, zu denen 18 weitere geliefert werden sollten, sowie über 16 M270 MLRS.
Die Geschwindigkeit der Kiew potenziell zugesagten ATACMS-Marschflugkörper beträgt bis zu 1.500 Meter pro Sekunde, die Rakete kann eine Höhe von bis zu 20 Kilometern erreichen. Der Gefechtskopf kann aus Spreng- oder Streumunition bestehen. Nach Meldungen US-amerikanischer Medien sollte die Ukraine Raketen mit Streumunition-Gefechtsköpfen erhalten. So trägt etwa eine M39A1 ATACMS, die mit GPS und Inertialnavigation ausgerüstet ist, 275 Bomblets vom Typ M74. Eine solche Rakete ist gegen Personal und leicht gepanzerte Ziele effektiv. Das heißt, dass sie zwar nicht die Krimbrücke sprengen, allerdings eine ernsthafte Bedrohung für Flugplätze, Luftabwehrstellungen sowie Munitions- und Fahrzeuglager darstellen könnte. Sollten die USA auch ATACMS mit Sprengmunition-Gefechtsköpfen an die Ukraine liefern, können diese auch gegen Befestigungen eingesetzt werden.
Wenn diese Raketen geliefert werden, ist zunächst mit Versuchen zu rechnen, Flugplätze, Treibstoff- und Munitionslager sowie Kasernen anzugreifen. Selbst wenn sie alle abgeschossen werden sollten, stellen Bomblets und Splitter trotzdem eine Gefahr dar. Dies könnte schwere Folgen für die Zivilbevölkerung haben, was gerade Kiews Ziel zu sein scheint.
Was kann man dagegen tun? Nach Meinungen von Experten können ATACMS von zahlreichen russischen Luftabwehrkomplexen aufgespürt und abgeschossen werden, nämlich von Buk-M3, Tor-M2, Panzir-S1 und natürlich S-300 sowie S-400. Auch andere Maßnahmen wären angebracht, etwa potenzielle Ziele zu zerstreuen und zu verlegen. Schließlich ist beim Einsatz von ATACMS nicht die Rakete, sondern die Information und Aufklärung ausschlaggebend, und in diesem Fall rücken Spionageaktivitäten in den Vordergrund.
All diese Maßnahmen werden jedoch nur vorübergehend sein, denn Kiew wird, wenn überhaupt, nicht viele ATACMS erhalten. Eine Rakete kostet drei Millionen US-Dollar, und unter den Bedingungen der Kürzung der Finanzierung der Ukraine werden diese Lieferungen eher demonstrativer Natur sein: Wir haben es euch schließlich versprochen, also bitte. Eine Reihe von westlichen Medien berichtete von 30 Raketen. Auf dem Weg zu einem "Sieg" ist das ein Tropfen auf den heißen Stein, doch für Versuche, Russland zu schädigen und eine mediale Wirkung zu erzielen, wird es reichen. Darüber hinaus sind die USA versucht, die russischen Luftabwehrsysteme im Hinblick auf das Abfangen solcher Raketen zu testen. Doch diese Tests werden Washington wahrscheinlich enttäuschen.
Übersetzt aus dem Russischen.
Andrei Rudenko berichtet seit 2014 über das Kriegsgeschehen im Donbass. Er arbeitet für die russische staatliche Rundfunkanstalt WGTRK. Man kann ihm auf seinem Telegram-Kanal folgen.
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