Ukrainisches Militär verliert Awdejewka nach dem Szenario von Mariupol
Von Jewgeni Posdnjakow
Angehörige der russischen Armee haben die Bergehalde von Awdejewka eingenommen, die in der Nähe des städtischen Kokswerks gelegen ist. Gegenwärtig stehen dort Russlands Flagge und die Fahne der 114. Motschützen-Brigade. RT veröffentlichte auf seinem Telegram-Kanal Aufnahmen des Sturms der strategisch wichtigen Anhöhe.
Der aus Asche bestehende Berg hat eine ungewöhnliche Form. Russlands Streitkräfte führten eine Operation an dem länglichen Hügel durch, der sich über die Hälfte des Geländes vom Kokswerk erstreckt. Dabei hatte das ukrainische Militär zuvor unter Ausnutzung der Besonderheiten der Landschaft auf der Bergehalde etwa ein Dutzend Stützpunkte errichtet.
Die Bergehalde von Awdejewka, die von Russlands Streitkräften besetzt wurde, ist ein überaus wichtiges Objekt. Weil es sich dabei um eine Anhöhe handelt, ermöglicht ihre Einnahme der Armee, Bewegungen des ukrainischen Militärs in einem größeren Maße zu kontrollieren sowie dessen Zufahrtswege zu beschießen.
Dennoch ist es recht schwierig, eine Präsenz auf den Kontrollhöhen aufrechtzuerhalten. Dazu erklären die Autoren des analytischen Projekts Watfor auf ihrem Telegram-Kanal:
"Die einzige Autostraße zur Halde führt von Südosten her und steht unter gegnerischem Beschuss. Auf unserer – der nördlichen – Seite befindet sich lediglich ein zerstörter Feldweg, der bei diesem Wetter wohl nur zu Fuß betreten werden kann."
Nach Meinung der Experten sei es viel wichtiger, das ukrainische Militär aus diesem Gebiet zu verdrängen, als sich selbst dort festzusetzen. Sie betonen:
"Die Bergehalde beherrschte die Landschaft und machte ein Weitertragen unserer Angriffe über die Eisenbahnlinie unmöglich. Genau deswegen war sie seit dem ersten Tag der Operation, dem 10. Oktober, heftig umkämpft."
Auch ukrainische Medien reagierten auf Informationen über die russischen militärischen Erfolge. "Der Verlust der Kontrolle über eine wichtige Anhöhe ist ein Problem für die ukrainischen Truppen, die sich verteidigen müssen. Ähnliche Geschehnisse in Bachmut (Artjomowsk) haben dazu geführt, dass die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte in der Stadt und in deren Umland erheblich erschwert wurde", schreibt auf Telegram das ukrainische Nachrichtenportal Strana.
Experten merken an, dass die Einnahme der Halde den russischen Streitkräften erhebliche strategische Vorteile gewähre. Denn allein die Tatsache, dass ukrainische Truppen solch wichtige Positionen verlassen mussten, kann der russischen Armee ein weiteres Vorrücken an diesem Frontabschnitt erleichtern. Besonders daran interessiert sind die Bewohner von Donezk, denn gerade von Awdejewka aus greift das ukrainische Militär die Stadt am häufigsten an.
"Die Einnahme der Halde erleichtert den russischen Vorstoß im Norden von Awdejewka. Wir nehmen allmählich gegnerische Feuernester ein und schneiden Versorgungswege des ukrainischen Militärs ab. Jetzt können sie Nachschub nur noch über Orlowka heranbringen. Wenn die russischen Streitkräfte sich diesem Ort nähern, werden sie dem Gegner großen Schaden zufügen können", sagt der Militäranalytiker Michail Onufrijenko.
"Darüber hinaus sinken die Chancen des ukrainischen Militärs, unseren Angriff aufzuhalten. Dennoch wird es für die russischen Truppen recht schwierig sein, sich an der Bergehalde festzusetzen, denn der Gegner wird sie regelmäßig angreifen", fügt er hinzu.
"Im Grunde besteht unsere Aufgabe darin, dem ukrainischen Militär möglichst kostspielige Verluste zuzufügen. Awdejewka frontal zu stürmen, ist nämlich sehr schwierig. In den vergangenen neun Jahren baute der Gegner diese Ortschaft zu einem ernstzunehmenden befestigten Raum aus. Daher wäre es eine logische Entscheidung, den Aufenthalt der ukrainischen Militärs auf dem besetzten Gebiet möglichst unangenehm zu gestalten", betont der Experte.
"Das ukrainische Militär versucht ständig, die Gruppierung von Awdejewka mit Nachschub zu versorgen. Je enger wir den Ring um Awdejewka schließen, desto schwieriger wird der Nachschub sein, und desto größer die ukrainischen Verluste. Mit dieser Taktik fügen wir dem Gegner im befestigten Raum den größtmöglichen Schaden hinzu. Damit werden Bedingungen erschaffen, unter denen es ungünstig wird, den Ort weiter zu verteidigen", sagt er.
"Es entsteht eine Lage, die gewisse Ähnlichkeiten zu Mariupol und Artjomowsk hat. Damals versuchten wir ebenfalls, auf Zeit zu spielen – und es funktionierte. Wir brauchen keinen großen Sturm. Wir handeln klüger. Früher oder später wird das ukrainische Militär gezwungen sein, diese Stellungen zu verlassen. Denn jeder weitere Tag der Verteidigung bringt ihnen mehr strategische Verluste als Vorteile", erklärt Onufrijenko.
Die Einnahme einer beliebigen beherrschenden Anhöhe ermöglicht es, deren Umland zu kontrollieren, sagt der Militärexperte Alexei Leonkow. Und weiter:
"Nun können wir das Feuer auf die Befestigungen von Awdejewka lenken. Sollten auf der Halde unsere Beobachtungsstellen untergebracht werden, werden Russlands Streitkräfte den Gegner effektiver angreifen und ihm größere Verluste beibringen können."
"Ebenso ist die Einnahme der Bergehalde für weitere Kämpfe wichtig. In Mariupol wurde der Beschuss auf den Gegner im Industriegebiet effektiver, nachdem eine ähnliche Anhöhe eingenommen worden war. Es ist noch zu früh, über den weiteren Verlauf der Kämpfe um Awdejewka zu sprechen, doch die Kontrolle über dieses Objekt wird helfen, den Gegner vor Ort zu schwächen", fasst Leonkow zusammen.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.
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