Teuerster Kunst-Fake der Welt: Russischer Milliardär streitet mit einem Schweizer Kunsthändler
Der jetzige Prozess geht auf eine Zivilklage aus dem Jahr 2018 zurück, in der dem Auktionshaus vorgeworfen wird, "den größten Kunstbetrug der Geschichte maßgeblich unterstützt" zu haben. Die Fachzeitung The Art Newspaper erzählt:
"Rybolowlew soll für 38 Werke, die er zwischen den Jahren 2003 und 2014 über Kunsthändler Yves Bouvier erworben hat, mehr als 1 Milliarde US-Dollar zu viel gezahlt haben. Der Hauptvorwurf in der Klage lautet, dass Sotheby's Bouvier bei diesem Prozess unterstützt und begünstigt hat, indem es ihm Schätzungen und andere Informationen zur Verfügung gestellt hat, mit denen die Verkaufspreise bei mehreren Geschäften in die Höhe getrieben wurden."
Die vier fraglichen Werke sind "Christus als Salvator Mundi" (um 1500), der umstrittenerweise Leonardo da Vinci zugeschrieben wird und schließlich im November des Jahres 2017 bei Christie’s New York für einen Rekordpreis von 450,3 Millionen US-Dollar weiterverkauft wurde. Die anderen sind René Magrittes "Le Domaine d'Arnheim" (1938), Gustav Klimts Gemälde "Wasserschlangen II" (1907) und "Tête" von Amedeo Modigliani, so die Zeitung.
Um das Gemälde von dem angeblichen Leonardo da Vinci hat sich jahrelang ein wahrer internationaler Polit-Thriller abgespielt. Die Geschichte begann bereits im Jahr 2013, als Bouvier dem Russen mitteilte, er habe "Salvator Mundi" für 127,5 Millionen US-Dollar gekauft. Etwa ein Jahr später, im März des Jahres 2014, las Rybolowlew in der New York Times, dass ein dreiköpfiges Konsortium das Gemälde für 75–80 Millionen US-Dollar an Bouvier verkauft hatte, schreibt das Magazin Forbes und erzählt weiter:
"Als Rybolowlew von dem angeblichen Preisaufschlag erfuhr, leitete er eine Untersuchung ein, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. Rybolowlews Anwaltsteam behauptet, Bouvier habe bei dem Geschäft eine Provision von 2 Prozent erhalten, was bedeutet, dass er für das 80-Millionen-Dollar-Geschäft 1,6 Millionen US-Dollar hätte einstecken müssen, aber Bouvier verkaufte das Gemälde für 127,5 Millionen US-Dollar an Rybolowlew und machte allein mit diesem Gemälde einen Gewinn von 50 Millionen US-Dollar."
Nach jahrelangen Problemen und Rechtsstreitigkeiten wurde der russische Milliardär das Leonardo da Vinci zugeschriebene Gemälde schließlich los – und das für eine sagenhafte Summe, die um ein Vielfaches höher war als das, was er dafür bezahlt hatte. Wer es gekauft hat, wurde lange Zeit geheim gehalten, bis im Jahr 2019 der Informationsdienst Artnet berichtete, dass das vor 500 Jahren entstandene Gemälde auf der 134 Meter langen Superyacht Serene des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman aufbewahrt wird. Und da wurde klar, dass wohl ein großer Betrug mit dem Gemälde in Verbindung stand.
Denn nach und nach stellte sich heraus, dass das Gemälde, das von den größten britischen und amerikanischen Auktionshäusern als Sensation und "größte künstlerische Entdeckung der letzten 100 Jahre" bezeichnet und von mehreren Experten der Londoner Nationalgalerie als Leonardo da Vincis Werk bestätigt wurde, nicht von Leonardo stammt. Und möglicherweise nicht einmal vom Pinsel einer seiner Schüler. Und auch die Provenienz des Gemäldes erwies sich als mehr als fragwürdig – sodass es nun äußerst unklar ist, wie britische Experten und Mitarbeiter von Auktionshäusern eine solche Verantwortung übernehmen und dieses Werk zum "letzten Gemälde von Da Vinci" erklären konnten.
Als das Gemälde dann im Louvre im Jahr 2019 ausgestellt werden sollte, kam es fast zu einem politischen Skandal. Forbes erzählt:
"Mehrere anonyme hochrangige Beamte in der Regierung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron behaupten … dass das Angebot des saudischen Prinzen, das Gemälde dem Louvre für eine Ausstellung im Jahr 2019 zu leihen, an bestimmte Bedingungen geknüpft war. Mohammed bin Salman soll darauf bestanden haben, dass der Louvre den 'Salvator Mundi' neben der 'Mona Lisa' ausstellt und es als '100 Prozent Leonardo da Vinci-Werk' präsentiert.
Die letzte Entscheidung wurde dann von Präsident Emmanuel Macron getroffen, der beschloss, den Forderungen des Prinzen nicht zuzustimmen, weshalb das Gemälde nie in der Ausstellung gezeigt wurde. Der Vorfall löste Berichten zufolge einen kleinen diplomatischen Konflikt zwischen Frankreich und Saudi-Arabien aus."
Übrigens, bevor Dmitry Rybolowlew das Gemälde, das angeblich von Da Vinci stammt, kaufte, boten die britischen Eigentümer dem russischen Puschkin-Museum den Kauf an. Jedoch weigerte es sich, genau wie auch viele andere große internationale Museen, das Gemälde zu kaufen – gerade wegen der Zweifel an der Urheberschaft.
Nun behauptet der Rybolowlew-Familientrust, dass Dokumente in seinem Besitz Informationen enthalten, die auf eine Mitwirkung des Auktionshauses Sotheby's am Betrug hinweisen, da dieses den Verkauf des Da Vinci-Gemäldes an Bouvier vermittelte, bevor es an Rybolowlew weiterverkauft wurde.
Der russische Milliardär Dmitri Rybolowlew, der auch in der Forbes-Liste zu finden ist, hat sich selbst schon mehrfach auf der Anklagebank wiedergefunden, sowohl in Russland als auch in Europa. Der aus Perm stammende Arzt wurde unmittelbar nach der Perestroika reich, wechselte den Beruf und ließ sich zunächst im Bankwesen und dann in der Produktion und dem Verkauf von Kalidüngemitteln nieder. Sein Vermögen stammte hauptsächlich aus dem Erlös des Verkaufs der russischen Düngemittelholding Uralkalij. Nach dem Verkauf von Uralkalij zog Rybolowlew nach Monaco und kaufte fast sofort den dortigen Fußballverein gleichen Namens. Die Zeitung Wedomosti schrieb über ihn:
"Es gab eine Zeit, in der man Dmitri Rybolowlew in Monaco mit einem König verwechseln konnte: Er wurde von bis zu fünf Leibwächtern verfolgt – mehr als der Monarch, Fürst Albert II., selbst, schrieb die New York Times. Manchmal saß der Fürst mit Rybolowlew in einer luxuriösen Loge im Stadion Louis II., um Spiele des in russischem Besitz befindlichen monegassischen Fußballclubs zu sehen. Rybolowlew war auch bei der Taufe von Alberts Zwillingen im Jahr 2015 dabei."
Was jedoch die Kunstobjekte betrifft, so erwies sich ihr Kauf und anschließender Verkauf für den Milliardär fast immer als unrentabel. In der Regel verkaufte er Stücke aus seiner Sammlung mit einem enormen Abschlag oder konnte sie gar nicht verkaufen. So konnte beispielsweise das Gemälde "Der Abschied Christi von seiner Mutter" von El Greco nicht einmal mit einem Abschlag von 88 Prozent verkauft werden, wie die Zeitschrift Forbes anmerkte. Das Magazin schrieb:
"Insgesamt, wie von Forbes berechnet, brachten Transaktionen über den Kauf und Weiterverkauf von Kunstwerken Rybolowlew einen Verlust von 13,8 Millionen US-Dollar. Bei dieser Berechnung wurde berücksichtigt, dass Auktionshäuser im Durchschnitt eine Provision von 12 Prozent des Verkaufspreises verlangen.
Rybolowlews Sammlung umfasste insgesamt 38 Werke, für die er nach eigenen Schätzungen etwa 2 Milliarden US-Dollar ausgab."
Geholfen hat dem Milliardär bei der Gemäldesammlung ausgerechnet der Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier, den Rybolowlew nun – gleichzeitig mit dem Auktionshaus Sotheby's – zur Verantwortung zu ziehen versucht. In einem Punkt sind sich viele Experten jedoch einig: Der Prozess gegen das Auktionshaus dürfte für den russischen Milliardär nicht darauf abzielen, die für Kunstwerke ausgegebenen Gelder zurückzubekommen. Sein Motiv kann ein ganz anderes sein.
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