Dominoeffekt – Russische Armee bedient sich einer Schwachstelle an der Front
Von Andrei Igorew
Durchbruch bei Donezk
Der "heißeste" Brennpunkt bleibt immer noch der Donezker Frontabschnitt. Der größte Befestigte Raum des ukrainischen Militärs im Donbass existiert im Grunde nicht mehr. Alle drei seiner wichtigsten Bollwerke – Marjinka, Peski und Awdejewka – sind gefallen. Andrei Mordwitschew, der Kommandeur des russischen Truppenverbands Mitte, merkte an, dass Kiews Truppen mehr als zehn Kilometer zurückgedrängt wurden.
Das reicht allerdings noch nicht aus, um dem ukrainischen Militär die Möglichkeit zu nehmen, Donezk mit Artillerie anzugreifen. Nach ihrer Flucht aus Awdejewka rächen sich ukrainische Militärs, wie schon immer nach größeren Niederlagen, an der Zivilbevölkerung. In den jüngsten Tagen wird die Hauptstadt der DVR, insbesondere ihre zentralen Bezirke, besonders heftig beschossen. Es gibt Tote und Verwundete. Russlands Streitkräfte können dem nur ein Ende bereiten, wenn sie die Front weiter Richtung Westen verschieben.
Genau das tut die russische Armee. Am 26. Februar meldete das Verteidigungsministerium die Befreiung der kleinen Siedlung Lastotschkino am Westrand von Awdejewka. Durch diesen Ort verläuft die Straße, über die die ukrainische Garnison mit Munition, Lebensmittel und Medikamenten versorgt wurde. Dies ermöglichte, den Erfolg auszubauen, und schon am nächsten Tag nahmen russische Truppen die Siedlungen Sewernoje und Petrowskoje (ukrainischer Name Stepowoje) unter ihre Kontrolle.
Somit hat sich zum jetzigen Zeitpunkt die Front westlich von Awdejewka entlang der Linie Petrowskoje – Lastotschkino – Sewernoje – Wodjanoje stabilisiert. Die Vorhuten des Truppenverbands Mitte kämpfen an den Ortsrändern von Berdytschi, Orlowka und Tonenkoje, die an den Schlüsselstraßen nahe der Frontlinie liegen. Die Befreiung dieser Orte wird die Logistik des ukrainischen Militärs in der Region erheblich beeinträchtigen. Besonderes Augenmerk liegt auf Tonenkoje. Genau dort verstecken sich Artilleriemannschaften, die regelmäßig das Zentrum von Donezk unter Beschuss nehmen.
Zweifellos ist eines der spektakulärsten Ereignisse dieser Woche war die Zerstörung eines Panzers vom Typ M1A1 Abrams bei Berdytschi, der im Dienst der 47. Separaten Mechanisierten Brigade der ukrainischen Streitkräfte stand. Der Panzer wurde von Kämpfern der 15. Separaten Motschützen-Brigade mit einem Treffer von einer FPV-Drohne aus bewegungsunfähig gemacht und anschließend mit einem Granatwerferschuss ausgeschaltet. Somit verbuchte Russlands Armee eine Zerstörung von allen drei Spitzenexemplaren der westlichen Panzerproduktion: des US-amerikanischen Abrams, des deutschen Leopard 2 und des britischen Challenger 2.
Im Vorfeld von Ugledar
Südwestlich von Donezk rücken russische Truppen ebenfalls vor. Am 22. Februar bestätigte das Verteidigungsministerium offiziell die Befreiung der Siedlung Pobeda fünf Kilometer südlich von Marjinka. Nun stoßen die ersten Truppen zu Nowomichailowka und Konstantinowka vor. Weiter westliche wird Georgiewka heftig umkämpft. Ein Erfolg hier wird ermöglichen, einen wichtigen logistischen Knotenpunkt des ukrainischen Militärs, Kurachowo, zu erreichen.
Kurachowos Befreiung würde die Versorgungslinien der ukrainischen Garnison von Ugledar durchschneiden. Die Stadt blieb bisher uneinnehmbar. Sie liegt auf einer Anhöhe, und es ist unmöglich, sich ihr unbemerkt zu nähern. Ugledar muss umzingelt werden, sodass das ukrainische Militär zu einem Rückzug gezwungen wird. Im Grunde ist dies eine Wiederholung des Szenarios von Awdejewka und Artjomowsk.
Auch am Frontabschnitt Süddonezk, wo es nach der ruhmlosen ukrainischen Sommer- und Herbstoffensive vergleichsweise ruhig war, intensivierten sich die Kämpfe. Dem ukrainischen Militär gelang es durch die Einnahme einiger Dörfer, den sogenannten Wremewka-Vorsprung an der Grenze zwischen der DVR und dem Gebiet Saporoschje abzuschneiden. Drei komplette Brigaden von Kiews Truppen wurden am Dreieck Nowodonezkoje – Nowomajorskoje – Krementschik aufgehalten und von der russischen Verteidigung aufgerieben. Nun versuchen Russlands Streitkräfte, den Wremewka-Vorsprung zurückzuerobern und rücken zunehmend in Richtung Staromajorskoje, Blagodatnoje, Uroschainoje und Pretschistowka vor.
Ohne große Änderungen
Am Frontabschnitt Saporoschje gibt es keine größeren Änderungen. Russische Verbände stoßen mit Unterstützung der Artillerie von Westen und Süden aus zum Dorf Rabotino vor, das im Herbst von der Ukraine unter großen Verlusten besetzt wurde. Nordwestlich von Werbowoje zeichnen sich ebenfalls Erfolge ab. Das Hauptziel hier ist, die verlorenen Stellungen zurückzugewinnen und Orechow zu erreichen. Diese Stadt ist ein wichtiger Transport- und Eisenbahnknoten, der die Logistik des ukrainischen Militärs an diesem Frontabschnitt unterstützt. Kiew verlegt hierher Reserven aus Saporoschje.
Bei Cherson sind russische Artillerie- und Luftstreitkräfte dabei, den kleinen ukrainischen Brückenkopf bei Krynki zu zerstören, wohin das ukrainische Kommando noch immer Verstärkungen über den Dnjepr verlegt. Die hier verbliebenen ukrainischen Truppen könnten mit schweren Angriffen der Infanterie und mit Unterstützung von Panzern in den Fluss gedrängt werden, doch das russische Verteidigungsministerium schont sein Personal, denn das ukrainische Militär setzt vom höheren rechten Dnjepr-Ufer aus aktiv Kamikaze-Drohnen und Artillerie ein. Das Kiewer Regime "entsorgt" indessen seine Soldaten weiterhin an dem kleinen Stückchen Land ohne jegliche Perspektiven.
Am Frontabschnitt Lugansk finden heftige Begegnungskämpfe im Forstmassiv von Serebrjanka südlich von Dibrowa statt. Russlands Armee greift entlang der Linie Terny – Jampolowka – Torskoje an, um die Wasserspeicherkette am linken Ufer des Flusses Scherebez zu erreichen. Das Hauptziel an diesem Abschnitt ist die Stadt Krasny Liman. Weiter nördlich geht das langsame Vorrücken nach Kupjansk weiter – gekämpft wird bei Sinkowka im Nordwesten der Stadt. Gelingt es, das ukrainische Militär über den Fluss Oskol zu verdrängen, wird es einen wichtigen Eisenbahnknoten verlieren.
Eine Analyse der Frontlage führt zu dem Schluss, dass Russlands Streitkräfte endlich eine Schwachstelle des ukrainischen Militärs gefunden haben, und zwar am Frontabschnitt Donezk bei Awdejewka. In der zweiten Februarhälfte wurden hier gleich mehrere wichtige Orte befreit. Weitere werden voraussichtlich in Kürze folgen. Das ukrainische Militär wird hierher Verstärkungen von anderen Frontabschnitten verlegen müssen, was seinerseits die Möglichkeiten eines Durchbruchs an anderen Orten erhöhen wird.
Übersetzt aus dem Russischen. Ersterscheinung bei RIA Nowosti.
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