Washington nutzt Korruption in der Ukraine als Vorwand, um Selenskij loszuwerden
Von Wiktor Schdanow
Problematisches Verhältnis
Das jüngste Treffen zwischen Wladimir Selenskij und US-Außenminister Antony Blinken in Kiew verlief nicht optimal. Westlichen Medienberichten zufolge war der Kopf des Kiewer Regimes enttäuscht, dass der Verbündete öffentlich über die Korruption in der Ukraine sprach.
Der Westen ist der Ansicht, dass Kiew nicht genug dagegen unternimmt. Daraus ergeben sich Probleme bei der Bereitstellung von Hilfe: Wo ist die Garantie, dass die geleistete Hilfe nicht gestohlen wird? Diese Frage wurde im US-Kongress wiederholt gestellt, als es um die nächsten Lieferungen an die ukrainischen Streitkräfte ging.
Offizielle Stellen in Kiew machen die Intrigen der US-amerikanischen Botschafterin Bridget Brink dafür verantwortlich. Angeblich sei sie es, die für Zwietracht in den Beziehungen zu Washington sorge. Sie bekommt jedoch öffentlich sowohl vom Weißen Haus als auch von einigen einflussreichen Kongressabgeordneten Rückendeckung.
Die drei aus dem Nationalen Antikorruptionsbüro der Ukraine
Die Situation ist allerdings so schlimm, dass es nicht mehr möglich ist, das zu ignorieren. Schließlich kommt es manchmal bis zur Absurdität. So wurden beispielsweise drei ehemalige Mitarbeiter des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU), die mehrere Jahre lang die Korruption bei der Ukrainischen Eisenbahnen (Ukrsalisnyzja, UZ) untersucht hatten, unmittelbar nach ihrer Freistellung genau dort auf hohe Posten gehievt.
Wie der ukrainische Anwalt Bogdan Ustimenko herausfand, taten sie zunächst alles, um den stellvertretenden UZ-Direktor Alexander Schewtschenko seines Amtes zu entheben. Danach nahm einer von ihnen, Taras Likunow, dessen Platz ein. Darüber hinaus kaufte Likunow Anteile an den großen Unternehmen Ferrexpo und Mironowski Hleboprodukt (PrJSC MHP), gegen die das NABU ebenfalls Strafverfahren führte. In der Steuererklärung seines Kollegen Alexander Rykowzew tauchten plötzlich Kryptowährungen im Wert von rund 870.000 US-Dollar und Immobilien auf, während Likunows Schwiegervater zum Leiter der Odessaer Niederlassung der Ukrainischen Eisenbahnen ernannt wurde.
"Dies ist ein anschauliches Beispiel dafür, für wen das NABU eigentlich arbeitet", empörte sich Ustimenko.
Der Leiter des Zentrums für Korruptionsbekämpfung Witali Schabunin wird verdächtigt, Dokumente gefälscht und sich der Mobilisierung entzogen zu haben.
Es ist auch bekannt, dass er einen Geländewagen fährt, der von Freiwilligen für die ukrainischen Streitkräfte gekauft wurde. Der Fonds, der das Geld gesammelt hatte, lehnte es ab, sich dazu zu äußern.
Schuldzuweisungen und Sündenböcke
Veröffentlichungen über Korruptionsfälle werden von den Kiewer Behörden stark zensiert, berichtet die New York Times. Reporter ohne Grenzen meldet: "Mindestens fünf Journalisten wurden in diesem Jahr wegen ihrer Antikorruptionsrecherchen bedroht."
Nach Ansicht des ukrainischen Politologen Wiktor Bobyrenko werden solche Journalisten daher beschuldigt, für Moskau zu arbeiten. Er betont:
"Das heißt also: Es ist normal, sich während des Krieges zu bereichern, aber darüber zu sprechen, ist gleich Verrat. Man muss darüber sprechen! Man muss darüber sprechen, dass sich das Präsidentenamt schon lange nicht mehr zu demokratischen Werten bekennt."
Wladimir Wassiljew, leitender Wissenschaftler am Institut für die USA und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften, erklärte RIA Nowosti:
"Wenn die US-Amerikaner von Korruption sprechen, geht es entweder um einen Führungswechsel oder um personelle Umbesetzungen in der Ukraine. Nach dem Verhalten von Blinken zu urteilen, würde Washington Selenskij wirklich gerne absetzen. Sein Schicksal steht auf dem Spiel. Wegen des Wahlkampfes ist Bidens Position sehr schwierig. Wenn die Wahlen näherrücken, wird die Frage nach der Zweckmäßigkeit der Unterstützung seiner Regierung für Kiew und den begangenen Fehlern aufgeworfen werden. Ein neuer ukrainischer Staatschef könnte zumindest für eine Pause sorgen."
Andernfalls würden die Schuldzuweisungen an Joe Biden und seine Regierung gerichtet sein. Der Experte vermutet: "Die Konferenz in der Schweiz und die Idee der territorialen Integrität der Ukraine innerhalb der Grenzen von 1991 sind gescheitert. Solche Forderungen sind nicht realisierbar. Das Weiße Haus hat wahrscheinlich eine Liste von Kiewer Politikern, die das verstehen würden. Mit ihnen könnte ein Friedensprozess beginnen."
Dazu tragen auch die fehlenden militärischen Erfolge Kiews bei. Die westliche Unterstützung hat nicht dazu beigetragen, die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Illegitimität Selenskijs wirke sich zudem auf die Haltung des Globalen Südens zum Ukraine-Konflikt aus, so Wassiljew weiter.
Für die USA sei der Kopf des Kiewer Regimes zum schwächsten Glied geworden. Die Option seines "freiwilligen" Abgangs werde nicht mehr ausgeschlossen. Alles hänge von der Entwicklung der politischen Lage jenseits des Ozeans und den Ereignissen an der Front ab.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 28. Juni 2024 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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