Attacke auf israelischen Tanker eine Folge der Luftangriffe auf Syrien?
von Seyed Alireza Mousavi
Der mutmaßliche Drohnenangriff auf einen israelischen Öltanker im Indischen Ozean hat den Konflikt zwischen Israel und Iran erneut angeheizt. Der von der Firma Zodiac Maritime des israelischen Unternehmers Ejal Ofer betriebene Öltanker MT Mercer Street wurde am Donnerstagabend vor der Küste Omans mit Raketen angegriffen.
Das Schiff befand sich auf dem Weg vom tansanischen Daressalam nach Fudschaira in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Zwei Besatzungsmitglieder, ein britischer und ein rumänischer Staatsbürger, sollen dabei getötet worden sein. Inzwischen machten Israel, die USA und Großbritannien Iran für den Angriff verantwortlich. "Wir glauben, dass dieser Angriff vorsätzlich und gezielt war und eine klare Verletzung des internationalen Rechts durch Iran darstellt", erklärte der britische Außenminister Dominic Raab am Sonntag. Israels Premier Naftali Bennett sagte: "Ich möchte unmissverständlich klarstellen, dass Iran das Schiff angegriffen hat."
Das US-Militär erklärte, es gebe "klare" Hinweise darauf, dass die Angriffe mit Drohnen durchgeführt worden seien. US-Marinesoldaten, die nach einem Notruf der Besatzung des Öltankers zu Hilfe geeilt seien, sollen vor Ort "Belege" für den Anschlag gesehen haben, hieß es in einer Mitteilung der US-Armee. Dies bestätigte auch US-Außenminister Antony Blinken in seiner Erklärung. Iran weist die Vorwürfe scharf zurück. Die Anschuldigungen "des zionistischen Regimes" (Israel) seien "unbegründet", erklärte Außenamtssprecher Said Chatibsadeh am Sonntag auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. Zodiac Maritime teilte am Freitag mit, es gebe den Verdacht eines Vorfalls mit Piraten an Bord der MT Mercer Street.
Die israelische Zeitung Kan berichtete am Sonntag, Tel Aviv habe von Washington und London "grünes Licht" erhalten, um eine "Reaktion" auf den Angriff zu geben. Am Tag des Vorfalls meldete der iranische Staatssender Al-Alam unter Berufung auf "informierte regionale Kreise", der Angriff auf die MT Mercer Street sei eine Antwort auf einen jüngst erfolgten israelischen Luftangriff auf einen syrischen Flughafen gewesen, bei dem ein Mitglied der Iranischen Revolutionsgarde und möglicherweise auch ein Hisbollah-Funktionär getötet worden seien. Weitere Angaben machte der Sender nicht. Israel flog in den letzten zwei Wochen eine Reihe von Angriffen gegen Ziele in Syrien, wo iranische Militärberater und deren Verbündete stationiert sein sollen.
Seit 2019 nimmt Israel Schiffe ins Visier, die iranisches Öl durch das Östliche Mittelmeer und das Rote Meer transportieren. Tel Aviv wirft Teheran vor, schiitische Milizen im gesamten Nahen Osten zu finanzieren und zu bewaffnen. Iran reagierte auf die Angriffe, indem die Iranische Revolutionsgarde israelische Schiffe ins Visier nahm. Nach diesem Schlagabtausch eskalierte der Schattenkrieg zwischen Iran und Israel auf See.
Iran hatte in letzter Zeit mehrfach betont, dass das Land die Angriffe auf seine Verbündeten in Syrien nicht mehr akzeptieren und angemessen auf die israelische Aggression in der Region antworten werde. Unabhängig davon, ob Iran direkt oder durch dessen Verbündete in den jüngsten Angriff auf den israelischen Tanker involviert war – die schiitische Regionalmacht will Israel zu verstehen geben, dass Teheran nach dem stückweisen Abzug der US-Truppen aus der Region keine israelische Schiffe im Persischen Golf tolerieren werde. Israel beschloss unlängst die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain. Mitte Juli eröffneten die VAE ihre Botschaft in Tel Aviv. Hinter den Kulissen kooperieren Israel und die Emirate schon länger in Sicherheitsfragen.
Das russische Verteidigungsministerium gab kürzlich eine Erklärung zu den jüngsten israelischen Angriffen auf Syrien ab, die Hinweise auf eine Verschiebung der Strategie Moskaus hinsichtlich der völkerrechtwidrigen israelischen Angriffe gegen die syrische Souveränität enthielten. Den Berichten zufolge hat Russland bereits begonnen, die syrische Luftverteidigung deutlich zu verbessern, um Angriffe auf syrischem Territorium abzufangen.
Der ehemalige israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu flog seinerzeit alle paar Monate nach Moskau, um sich beim russischen Präsidenten Wladimir Putin Rückendeckung für Luftangriffe auf Ziele in Syrien zu holen. Russland, Iran und die Türkei verurteilten kürzlich gemeinsam die israelischen Angriffe als eine Verletzung der Souveränität Syriens und des humanitären Völkerrechts, was bei israelischen Journalisten für Aufregung sorgte. In einem Interview mit der Jerusalem Post Ende Dezember 2020 erklärte der russische Botschafter in Israel, Anatoli Viktorow, dass die destabilisierende Kraft im Nahen Osten nicht Iran, sondern Israel sei.
Auf der ersten Pressekonferenz nach seinem Wahlsieg sagte der neu gewählte iranische Präsident Ebrahim Raissi, dass sich die iranische Außenpolitik nicht mehr auf den Atomdeal beschränken werde. Außerdem lehnte Raissi ein Treffen mit US-Präsident Joe Biden strikt ab. Russland ist offenbar dabei, eine Strategie zu entwickeln, um die syrische Souveränität effizienter zu schützen. Die USA ziehen sich aus der Region zurück und wollen sich demnach auf die "Eindämmung Chinas" fokussieren. Die neuen geopolitischen Entwicklungen zeigen, dass der Rahmen für Israels außenpolitische Ambitionen im Nahen Osten immer enger wird.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Mehr zum Thema - Atomgespräche stocken bis zur Machtübergabe in Teheran: Wird Israel Atomanlagen Irans angreifen?
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.