Meinung

Chinas Reaktion gegenüber den USA bezüglich der Ukraine ist aufschlussreich

China macht deutlich, dass die Art von Beziehungen, die von den USA angestrebt werden, nicht mehr tragfähig sind. Wenn die USA sich mit China einlassen wollen, dann weiß Peking einen sehr hohen Preis dafür anzusetzen. Die Situation um die Ukraine ist ein Beispiel dafür.
Chinas Reaktion gegenüber den USA bezüglich der Ukraine ist aufschlussreichQuelle: www.globallookpress.com © Björn Trotzki via imago-images.de

Ein Kommentar von Tom Fowdy

Am Mittwochabend der vergangenen Woche rief US-Außenminister Antony Blinken seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi an und hielt ihm einen Vortrag über das, was er als "russische Aggression" gegen die Ukraine bezeichnete. Der Appell an Peking war eine offensichtliche diplomatische Zirkusnummer mit dem Versuch, Moskau zu isolieren, da Washington anscheinend Angst vor der wachsenden strategischen Partnerschaft zwischen China und Russland entwickelt hat. Aber Außenminister Wang war von diesem unaufrichtigen Hilferuf nicht sonderlich beeindruckt.

Stattdessen lautete der Tenor in chinesischen Medienberichten, dass Wang die Ukraine aufforderte, das Minsker Protokoll zu befolgen, er sich zudem indirekt gegen die NATO-Erweiterung aussprach und in einer Reihe von Fragen die USA beschuldigte, sich vorsätzlich in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen. Zudem beschuldigte er die USA, die Olympischen Winterspiele zu untergraben und forderte, dass die Ein-China-Politik in der Frage um Taiwan respektiert werde. Am auffälligsten an Wangs Äußerungen war, dass er den USA vorwarf, seine China-Politik seit der Trump-Administration überhaupt nicht geändert zu haben. Weiter beschuldigte er Washington, die bilateralen Beziehungen weiterhin durch Feindseligkeit zu untergraben. Zusammenfassend war Wangs Reaktion auf den amerikanischen Aufruf eine kalte Zurückweisung der Forderungen Washingtons.

In den Beziehungen zu China versucht die Biden-Administration, "den eigenen Kuchen zu backen und ihn auch selber zu essen". Sie fährt auf zerstörerische Weise eine unerbittliche Feindseligkeit gegenüber Peking. Wenn aber ein geopolitisches Problem auftaucht, bei dem Washington die Unterstützung und den Dialog mit China benötigt, erwartet Washington eine Zusammenarbeit in gutem Glauben und ignoriert die Tatsache, dass das eigene Verhalten dies unmöglich macht. Irgendwie glaubt man im Weißen Haus, dass einige kurz gefasste Lippenbekenntnisse zu Themen wie Taiwan ausreichen, um sich Chinas Unterstützung zu sichern, obwohl die darauf folgenden politischen Schritte ohnehin eher zum Gegenteil neigen.

Diese Haltung der USA war besonders sichtbar bei der Übernahme Afghanistans durch die Taliban im vergangenen Jahr, sie liegt Washingtons Vorgehen gegenüber Nordkorea zugrunde und zeigt sich jetzt wieder in der Frage der Ukraine. Während China nicht dumm genug ist, den Dialog mit den USA rundheraus abzulehnen, ist die Sichtweise in Peking zunehmend von Frustration geprägt. Dort hat man das Benehmen der USA, in dem Peking als böswillig betrachtet wird, zunehmend satt, und man ist weniger bereit, Zugeständnisse zu machen, ohne selber dabei ein Schnäppchen zu machen.

Im November vergangenen Jahres hielt der chinesische Präsident Xi Jinping ein virtuelles Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden ab. Aus chinesischer Sicht sollte dieses Treffen die Beziehungen stabilisieren und die USA von der aggressiven Anti-Peking-Politik Donald Trumps abbringen. In der Praxis hat der Gipfel jedoch nichts dergleichen bewirkt. Bidens Reaktion auf dieses Treffen war, dass er zahlreiche chinesische Unternehmen auf eine schwarze Liste setzen ließ und seine Unterstützung für ein Gesetz bekundete, das alle Importe aus der chinesischen Provinz Xinjiang unter der Prämisse angeblicher Zwangsarbeit verbietet.

Diese chaotische und heuchlerische Herangehensweise der US-Diplomatie bedeutet, dass Peking ein gutwilliges Engagement mit den USA nun zunehmend als Zeitverschwendung betrachtet. Wenn die Vereinigten Staaten von China etwas wollen, dann müssen diese Forderungen davon abhängig gemacht werden, dass sie die Kerninteressen Chinas respektieren, anstatt diese zu untergraben. Daher nutzte Wang die Gelegenheit in der Ukraine-Frage, um sich gegenüber Blinken über eine Reihe von Themen zu äußern, die nicht auf seiner Tagesordnung standen. Wang versuchte effektiv, jede vorausgesetzte Berücksichtigung der amerikanischen Position an Bedingungen zu knüpfen, einschließlich der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und Taiwan.

Es sollte auch klar sein, dass China nicht zulassen wird, dass ein Keil in die Beziehungen zu Russland getrieben wird, da sich beide Länder als Antagonisten der USA betrachten. Wang prangerte die "Mentalität des Kalten Krieges" in der Ukraine-Frage an und erklärte, dass "die regionale Sicherheit nicht durch die Stärkung oder gar den Ausbau von Militärblöcken garantiert werden kann".

Während dieser Diskurs normalerweise der Haltung gegenüber China vorbehalten ist, wurde er von Wang direkt auf Russland bezogen, insbesondere auf den seit langem bestehenden westlichen Diskurs eines bedrohlichen russischen Staates, der angeblich darauf brennt, Europa militärisch zu erobern. Während Peking kaum mehr tun wird, als auf Stabilität und Frieden zu drängen, wurde Kiew dennoch aufgefordert, das Minsker Protokoll zu befolgen – dem Abkommen von 2014, das eine Beendigung der Kämpfe in der Donbass-Region vorsieht.

Dies, kombiniert mit dem Kommentar über die Ablehnung von "Militärblöcken", zeigt, dass China in dieser Angelegenheit nicht unparteiisch, sondern Moskau zugeneigt ist. Dies ist ein klares Indiz dafür, dass China selbst indirekt eine Osterweiterung der NATO ablehnt. Mit dem Anruf in Peking konnte Blinken keines seiner Ziele erreichen und es zeigt, wie die USA damit hadern, gleichzeitig mit Moskau und Peking umgehen zu müssen. Diese Verschiebung spiegelt Chinas neue außenpolitische Ausrichtung wider, bei der es die Bereitschaft zeigt, Staaten, die mit Washington in Schwierigkeiten geraten, mehr Unterstützung zukommen zu lassen. Neben anderen etwa wie Syrien, Nordkorea, Kuba, Eritrea und Iran.

Allein dieses Telefongespräch zeigt, wie sich China in bestimmten geopolitischen Fragen von einer bereitwilligen, vorsichtigen und unterwürfigen Haltung gegenüber den USA zu einer sorgfältigen, aber klaren Betonung deren eigener Präferenzen hin entwickelt hat.

Die USA können nicht ihren Kuchen backen und ihn auch selber essen. Sie können von China bei Themen wie der Ukraine keine Kooperation erwarten, während man gleichzeitig Peking aggressiv konfrontiert. China macht deutlich, dass diese Art von Beziehung nicht mehr tragfähig ist. Wenn die USA sich mit China einlassen wollen, setzt Peking einen sehr hohen Preis dafür an. Die Angelegenheit rund um die Ukraine ist nur ein Beispiel dafür.

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Übersetzt aus dem Englischen.

Tom Fowdy ist ein britischer Autor und Analytiker für Politik und internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Ostasien. Er twittert unter @Tom_Fowdy.

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