Ist Deutschland bereit für den Blackout?
von Elem Raznochintsky
Einst wurde ein Blackout als feuchter Fiebertraum in der Prepper-Szene und unter Panikmachern beschwichtigend abgewiesen, heute ist solch ein Ausbleiben oder zumindest die extreme Einschränkung der Strom-, Wasser- und Grundversorgung nun schon seit einiger Zeit vorsichtig zum Thema der Mainstream-Berichterstattung avanciert.
Nur die jüngsten Chroniken und deren Kausalketten, die mögliche künftige Blackouts erklären können, werden nicht klar, eher sogar verschleiert dargestellt.
Die neueste Fehlannahme ist, Russland werde infolge seiner militärischen Sonderoperation in der Ukraine direkt und alleinig schuld sein, falls es in Zukunft in Deutschland oder der EU zu großen Ausfällen käme. Eingehende Betrachtung zeigt, dass entsprechende Ankündigungen und Warnungen sowie Hinweise auf Systemschwächen und Unzulänglichkeiten der jüngsten Eskalation des Ukrainekrieges weit vorausgingen. Das Fundament war also längst gelegt, wohingegen die militärische Operation Russlands in der Ukraine ein weiterer starker – vielleicht entscheidender – Katalysator ist, der das Fass hierzulande zum Überlaufen bringen könnte.
Am 2. Oktober letzten Jahres fand in Nordrhein-Westfalen ein sogenannter "Katastrophenschutztag" statt. Organisiert vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, wurde zu diesem Projekttag keine Mühe gescheut, interessierten Bürgern verschiedene Empfehlungen und Strategien zu vermitteln, wie man sich bei einem totalen und länger andauernden Stromausfall verhalten und organisieren soll. Dazu gehörte auch, wie man bei einem vollständigen Ausfall für Licht, Wärme und Zugang zu unverzichtbaren Wassermengen sorgt. Wie es aber erst zu solcher Bedrohung durch Blackouts kommen konnte, wenn man gleichzeitig den stetigen technologischen Fortschritt der westlichen Zivilisation in Betracht zieht, wurde dort nicht erörtert.
Des Weiteren verfasste Anfang 2021 der Versicherungsverband GDV ein Fazit, in dem es heißt, dass Deutschland auf einen flächendeckenden Stromausfall nicht vorbereitet sei. In der Analyse der Versicherungen wird an Fälle aus der Vergangenheit erinnert, um mögliche Szenarien der Zukunft zu kontextualisieren.
Mit jedem neuen Tag, der vergeht, ist die Frage um die Aufrechterhaltung einer langfristigen Energieversorgung in der Bundesrepublik alles andere als geklärt.
Katar soll laut Reuters wohl kürzlich die von der deutschen Regierung gestellte Bedingung, das in Katar eingekaufte Flüssigerdgas (zu höheren Preisen, versteht sich) innerhalb der Europäischen Union (EU) weiter verhökern zu dürfen, abgelehnt haben. Das wäre aus Erfahrung eine den Deutschen extrem angenehme Nebenbedingung, die seinerzeit auch Gazprom Deutschland nicht gestatten wollte, der dann unter Druck aber doch stattgegeben wurde.
Bei den Entscheidern in Katar könnte sich diese Verhandlungsstrategie als schwieriger erweisen, da Deutschland in Katar mit anderen Kunden um die Energieträger konkurriert. Es gibt nur begrenzte "Sitzplätze", aber Katar hat dabei die Wahl, die Deutschen eher nicht. Falls es nicht zu einer Einigung kommen sollte, gehen der Bundesregierung die Optionen für Lieferalternativen in rasanter Geschwindigkeit aus, wohingegen Katar sich imstande sehen kann, mit einem umgänglicheren Kunden als Deutschland Verträge abzuschließen.
Seit dem 11. Mai 2022 hat die Ukraine ihre Übergabestation "Sochranowka" an der Gaspipeline "Sojus" geschlossen.
Der Druck auf Deutschland wächst weiter, auch wenn sich das Bundesministerium des Inneren unbeeindruckt zeigt und behauptet, dass die Versorgungssicherheit im Land weiterhin gewährleistet sei. Die Zufuhr des russischen Erdgases über die Ukraine in die EU beträgt 25 Prozent der Gesamtexporte aus Russland.
Dennoch, die nicht genehmigte, neueste Gaspipeline "Nord Stream 2" wird in Anbetracht jüngster Ereignisse somit für die deutsche Regierung wieder etwas verlockender, zumal Polen in letzter Zeit zu einer diplomatischen Zumutung für Moskau herangewachsen ist. Entscheidet man sich in Warschau also, das Volumen der Gaspipeline "Jamal" zu drosseln, so könnte Deutschland in akute Bedrängnis geraten, die anzuerkennen man sogar im Bundesinnenministerium beginnen müsste.
Trotz des sich täglich zuspitzenden Energiestreits der EU mit Russland und der Ungewissheit über eine Einigung mit Katar, hält die deutsche Regierung bisher auch an den Schließungsplänen für deutsche Kraftwerke fest.
So können zwar Bündnis 90/Die Grünen ihre chimärenartige Doppelrolle harmonisieren, sowohl als Partei der vermeintlichen Umweltschützer als auch als historische Kriegstreiber und Russland-Hetzer.
"Grüne" Energieversorgung führt zum Kollaps
Die "grüne Wende" der Energiepolitik ist de facto für die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Stromausfällen verantwortlich. Stromversorgung aus sogenannten nachhaltigen Energiequellen ist extrem anfällig für Schwankungen der Verfügbarkeit, Unterbrechungen und Ausfälle, was zu Unregelmäßigkeit und Unstetigkeit führt. Insbesondere, wenn klassische Stromerzeugung aus Kohle oder Atomenergie, die bisher im Hintergrund als Backup weiter ratterten, erst einmal vollkommen abgeschaltet oder demontiert sein werden.
Diese Befindlichkeiten werden aber vorerst dem mündigen Bürger vorenthalten und sollen so lange wie möglich nicht als kausale Verbindung miteinander gebracht werden können. Andernfalls müssten die heißersehnten "Klimaziele" gegen die Wand gefahren werden.
Hier als Beispiel ein weiterer Schritt in diese Richtung: Auch Deutschlands drittgrößtem Kraftwerk bei Jänschwalde droht somit die Schließung. Hier steht eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im Vordergrund, und zwar wegen unverhältnismäßig erhöhter Wasserentnahme durch das Kraftwerk. Ob auch sonst das Braunkohlekraftwerk von der allgemeinen Energiepolitik der "Dekarbonisierung" vorerst verschont geblieben wäre, bleibt unklar. Eher wird die Klage, da sie kompatibel ist mit dem gegenwärtig herrschenden politischen Sentiment, höchstwahrscheinlich Erfolg haben. Der Konzernbetriebsrat des Kraftwerkes warnte davor, dass mit einer Schließung die "gesicherte Stromerzeugung reduziert" werde.
Soviel zu den möglichen Ursprüngen eines Blackouts durch die "grüne" Energiewende. Hingegen schwärmte Professor Klaus Schwab als moralische Autoritätsfigur des Westens noch von einem anderen Grund für kommende Blackouts, nämlich von durch Hacker, Terrorakte oder sogenannte "Feindstaaten" vollzogene Cyberattacken auf die essenzielle Infrastruktur. Die wurden in Schwabs Simulation namens "Cyber Polygon" bereits mehrmals prominent geübt und erprobt.
Energiepolitik-Fahrplan bleibt
Bis Ende 2022 soll das letzte deutsche Kernkraftwerk geschlossen werden. In Anbetracht der jetzigen Krisenlage muss man an der kollektiven Vernunft dafür verantwortlicher deutscher Politiker arg zweifeln, hier besonders an den drei Parteien, die die "Ampel"-Koalition auf ihrem kleinsten gemeinsamen Nenner gebildet haben. Aber Merkels CDU hat seit dem Fukushima-Vorfall im Jahre 2010 in der letzten Dekade dem Nachhaltigkeits-Narrativ selbstverständlich auch reichlich Brennholz in den Ofen geschleudert. Dass man stattdessen (untern anderem) auf extrem unzuverlässige – und wie sich herausstellt, die Tier- und Insektenwelt stark schädigende – Windenergie setzt, mutet grob fahrlässig an.
Dagegen geht China als weltweit zweitgrößte Wirtschaftskraft einen eigenen Weg: in der Wüstenstadt Wuwei zum Beispiel soll bis zum Jahr 2030 ein neuartiger Thorium-Flüssigsalz-Kernreaktor in Betrieb genommen werden. Dem sollen später 30 weitere folgen, ganz zu schweigen von all den Kernkraftwerken, die bereits verlässlich in China arbeiten und eine konstante, stabile Stromversorgung sichern.
Der österreichische Politiker Christian Drobits (SPÖ) alarmierte die deutschsprachige Öffentlichkeit im Oktober 2021 mit folgenden Worten:
"Ein Blackout ist keine Verschwörungstheorie, sondern könnte jederzeit passieren. Dann droht Chaos. Die Bevölkerung ist den schwerwiegenden Folgen eines Blackouts vollkommen ausgeliefert, das Internet funktioniert auch nicht."
Diese Warnung sollte genauso für die Bevölkerung Deutschlands gelten.
Ein wichtiger Landsmann von Drobits, der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge Herbert Saurugg, äußerte sich im Herbst 2021 zu den bereits laut gewordenen deutschen Plänen über die Schließung aller Kohle- und Atomkraftwerke im Nachbarland folgendermaßen:
"Mir bereitet vor allem die Situation in Deutschland Sorgen. Was dort geplant ist, könnte bewirken, dass wir an unserer technischen Grenzen stoßen."
Saurugg behauptet weiter, dass ein "baldiger Blackout realistisch ist" und Europa dann stillstehen würde.
Spekulationen
Sofern die maßgeblichen Politiker in Berlin nicht sehr bald das politische Ruder dramatisch herumreißen, wird ein durch Blackouts angetriebener Kollaps in Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Wie aber die Zeit danach aussehen wird, ist etwas schwerer zu erfassen. Sicherlich wird es eine extrem chaotische Übergangszeit geben, in der die Menschen unter anderem auch von Hungersnöten geplagt, aber auch mit neuen politischen Chancen und Möglichkeiten beschenkt sein könnten. Lahmgelegte Versorgungsketten werden vor allem die urbanisierten Regionen, also die Stadtbevölkerung, treffen.
Niemand kann behaupten, dass die bisherige anti-intuitive und – empirisch nachgewiesen – unvernünftige Energiepolitik lediglich auf unprofessioneller Dummheit derer fußt, die im Ergebnis vom September 2021 in ihre Ämter berufen wurden. Der mutmaßliche Vorsatz, der hier bereits beim zweiten, genaueren Blick zu erkennen ist, kann nur kalkuliert und beabsichtigt sein.
Nach dem Kollaps in Europa, besonders aber in der EU, könnte es das erwähnte China sein, das dann zum Wiederaufbau – zum "Great Reset" – auf den alten Kontinent eingeladen werden könnte. So würde die asiatische Infrastruktur, die von Anfang an klar als die vernünftigere, effizientere, langfristigere und innovativere galt, installiert werden können. Das käme aber beileibe nicht umsonst zustande. Es versteht sich fast von selbst, dass auch das gesellschaftliche System der chinesischen Volksrepublik in Europa, wohl oder übel, flächendeckend implementiert werden würde. Etwas, was in "normalen" Zeiten eines post-aufklärerischen Europas, das noch hauptsächlich auf Individualität und Hedonismus pocht, fast unmöglich gewesen wäre oder zumindest noch ein weiteres, halbes Jahrhundert in Anspruch genommen hätte.
Einer aus der Asche eines Blackouts empor gehobenen, raschen "Vierten Industriellen Revolution" mit der Digitalisierung und Überwachung aller menschlichen Lebensbereiche stünde nichts im Wege.
Sogar während der ersten Coronakrise (2020–2022) ging es noch all den Projektleitern des World Economic Forum allzu schleppend voran – mit der Aushebelung der Grundrechte, Negierung der Unverletzlichkeit des Körpers, Digitalisierung aller menschlichen Räume und der Schaffung des überwachten "gläsernen Bürgers".
Es sei nochmals unterstrichen, dass diese Energieversorgungskrise nicht nur nicht "wegen des Ukrainekrieges" ausgelöst wurde, sondern sich vielmehr schon viele Monate, wenn nicht sogar Jahre im Vorlauf anbahnte.
Neuer Cocktail: Zweite Pandemie mit "ohne Strom"?
Wer also denkt, dass die letzten mehr als zwei Jahre der Coronakrise der Höhepunkt des Erträglichen gewesen seien, sollte sich das Ganze noch mit einem weiteren, düsteren Detail ergänzt vorstellen: nämlich diesmal all das auch noch ohne Strom. Es hätte sich um ein wahres Chaos gehandelt, über das man eine neue – welche auch immer – Ordnung hätte überstülpen können.
Selbst wenn ein Ausfall der Stromerzeugungsinfrastruktur von nur 24 bis 72 Stunden stattfinden würde, wäre das verheerend für die Müllentsorgung, die medizinische Versorgung, den Kreislauf der Wasseraufbereitung sowie den öffentlichen Transport und so vieles mehr. Altersheime würde es demnach wohl am ehesten treffen, dicht gefolgt von herkömmlichen Privathaushalten, ganz zu schweigen von jeglicher Art der öffentlichen Einrichtungen. Selbst Krankenhäuser und polizeiliche Infrastruktur mit Notstromversorgung hätten diese Verlängerung ihrer Handlungsfähigkeit nur für kurze Zeit. Weniger stark betroffen wäre hier der militärisch-industrielle Komplex, der sicherlich gut mit Notfall-Stromgeneratoren ausgestattet ist, um das robuste Skelett der Staatlichkeit und deren Exekutive im Notfall länger zu bewahren.
Vorkehrungen in eigener Verantwortung – soweit es die eigenen Ressourcen erlauben – für solch einen Blackout zu treffen, um zumindest einen Plan A und B zu schmieden, könnte sich bald als ausgezeichnete Idee entpuppen.
Ansonsten trifft der Aphorismus des deutschen Journalisten und Philosophen Manfred Hinrich zu "Planlosigkeit erreicht spielend Ziele – anderer".
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