Nach dem Scheitern in der Ukraine: Wo ist die Hintertür für die USA?
von Dagmar Henn
Gleich, wie sehr im Westen beschworen wird, dass die Ukraine siegen müsse – die Wahrscheinlichkeit, eine vollständige Niederlage abzuwenden, wird von Tag zu Tag geringer. Und vermeintliche westliche Wunderwaffen werden daran nichts ändern. Nicht nur, weil das gehypte HIMARS-System schon dem russischen Tornado-S-Raketenwerfer unterlegen ist. Auch nicht nur, weil die am besten ausgebildeten ukrainischen Truppen schon längst nicht mehr existieren und dortzulande inzwischen sogar Rentner mobilisiert werden. Die Tatsache, dass die frisch gelieferten westlichen Haubitzen beim Beschuss von Donezk eingesetzt werden, legt etwas ganz anderes nahe: dass die ukrainischen Vorräte an sowjetischer Munition endgültig zur Neige gehen.
Es könnte sogar sein, dass diese 2014 noch reichlich vorhandene Munition der Grund war, warum der Westen ausgerechnet die Ukraine zum Schlachtfeld erkoren hat. Denn wenn man ansieht, welche Mengen über acht Jahre hinweg verbraucht wurden, allein um die Zivilbevölkerung des Donbass zu quälen, wäre das mit westlicher Munition nicht möglich gewesen. Wie formulierte es das britische RUSI-Institut vor einigen Wochen? Die NATO könnte mit ihren Beständen zehn Tage lang gegen Russland Krieg führen. Es gab ja auch schon die Beschwerden seitens der USA, die Ukrainer würden eine ganze US-Jahresproduktion an Javelin-Panzerabwehrraketen in einem Monat verfeuern.
In der ganzen Zeit seit 2014 – und verstärkt noch einmal seit Beginn der russischen Militäroperation – wurde alles, was irgendwo in Europa oder andernorts an solcher Munition und den entsprechenden Geräten zu holen war, in die Ukraine gekarrt, um dort eingesetzt zu werden. Aber ein entscheidender Punkt fehlt natürlich – es gibt keine Produktion mehr. Damit ist es der Bestand in den Depots, der entscheidet, und irgendwann ist jedes Depot leer.
Man stelle sich das praktisch vor: Irgendwann, in absehbarer Zeit, ist einfach Schluss, weil die vom Westen gestützte Seite keine Munition mehr hat. Vielleicht reicht die für Kleinwaffen etwas länger, aber eine Armee ohne Artillerie? Was wäre das für eine Niederlage. Ein derart makabres Scheitern, eine solch demütigende Offenlegung von Schwäche, dass der Abzug aus Afghanistan im letzten Jahr dazu stünde wie ein Sturz vom Fahrrad gegen den Absturz einer Verkehrsmaschine.
Das geht natürlich nicht. Und schon gar nicht geht es in einer internationalen Atmosphäre, in der den Emissären der USA und der EU (Habeck wollen wir da noch nicht einmal mitzählen) bei ihren Anfragen, ob man nicht etwas LNG-Gas beziehen könne, regelmäßig die kalte Schulter gezeigt wird, wie auch jüngst dem US-Präsidenten Joe Biden in Saudi-Arabien. Oder wie Habeck in Katar und wie es auch Ursula von der Leyen in Nigeria ergehen wird, das ebenfalls lieber BRICS-Mitglied werden will. Wenn die einst absolute Macht des Westens jetzt schon so angeschlagen ist, wie würde das erst aussehen, wenn der Versuch, Russland zu schwächen, am Munitionsmangel scheitert? Der Wertewesten würde toben, und der Rest der Erdbevölkerung würde wohl bis zum Zwerchfellkrampf lachen.
Irgendwo müssen die USA also vorher noch eine Hintertür finden. Irgendwie raus aus der Ukraine und nicht mehr verantwortlich sein. Und irgendwo Punkte machen, damit die Demokraten bei den Zwischenwahlen irgendeine Chance haben. Es gibt eben auch noch die US-Innenpolitik, und da ist die augenblickliche Regierung nicht gerade beliebt. Mit einer solchen Klatsche, wie sie in der Ukraine droht, stünde das Wahlergebnis bereits fest. Die Rezession, die als Folge der Sanktionen beginnt, kommt jetzt noch dazu.
Den Weg der Vernunft hat sich diese Truppe spätestens bis Ende Februar selbst verbaut, und es tönt auch immer noch, man dürfe nicht "die weiße Fahne hissen" (Habeck) und "Putin darf nicht siegen." Das heißt, es ist mit dem jetzigen Personal unmöglich, einzulenken und mit der anderen Seite zu verhandeln. Daher bleiben nur noch ganz wenige Optionen.
Die Variante einer weiteren Eskalation besteht natürlich immer noch; aber auch dafür braucht es Munition. Diese Variante lautet, die von der Ukraine so großmäulig angekündigte Offensive findet unter Einbeziehung polnischer Truppen statt, um den Mangel an einigermaßen ausgebildetem Personal in der Ukraine zu ersetzen. Das ist zwar immer noch keine Option auf einen Sieg, aber vielleicht die Option, das ganze Problem – mit einem Schleifchen versehen – den polnischen Verbündeten in den Schoß zu werfen und sich selbst vom Acker zu machen.
Dann gab es diese eigenartige Äußerung des US-Sicherheitsberaters Jake Sullivan auf einer Konferenz in Aspen, er mache sich Sorgen um Selenskijs Leben. Eine ganze Reihe von Kommentatoren (angefangen mit Gonzalo Lira) wertete das als Anzeichen US-amerikanischer Pläne, sich irgendwie der Person Selenskij zu entledigen. Dabei sind zwei Subvarianten denkbar. Die erste: Selenskij und das Oberkommando seiner Armee werden gleichzeitig beseitigt, das Ganze wird den Russen in die Schuhe geschoben, die Ukraine versinkt im Chaos, das die Russen dann aufräumen müssten, und die USA verabschieden sich unauffällig. Oder es gibt einen Putsch gegen Selenskij, der zwar von den USA orchestriert, aber auf die Russen geschoben wird, die daraus hervorgehende Junta wird für illegitim erklärt und die USA verabschieden sich.
Damit wäre zwar das Problem Ukraine etwas entschärft, aber das Problem bei den Zwischenwahlen in den USA noch immer nicht gelöst. Denn nicht nur Präsident Joe Biden, sondern auch alle in der möglichen Nachfolge hinter ihm Stehenden sind für die ganze Misere, die Rezession eingeschlossen, verantwortlich und retten die Demokratisch Partei nicht vor dem Desaster. Um bei den Zwischenwahlen eine Chance zu haben, müsste eigentlich eine völlig neue Mannschaft antreten.
Joe Biden in den Ruhestand zu schicken, ist eigentlich nicht schwer. Dafür müssten die US-Mainstreammedien nur drei, vier Tage lang die reichlich vorhandenen Videos abspulen, die seinen dementen Zustand erkennen lassen. Aber nach ihm gibt es ja noch zwei weitere Personen, die beide für diese Aufgabe untauglich sind – Kamala Harris und nach ihr, sollte man auch sie irgendwie loswerden können, noch Nancy Pelosi von den Demokraten als Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Die ist jedoch auch schon 82, von beeindruckender Korruption gezeichnet und mit Sicherheit nicht die geeignete Gestalt, um einen Neuanfang zu verkörpern.
Da kommen dann Spekulationen über ihre Reiseabsichten nach Taiwan ins Spiel. Die chinesischen Ankündigungen diesbezüglich waren mehr als deutlich; "wenn ihr Krieg wollt, könnt ihr Krieg haben" ist wohl eine treffende Zusammenfassung. Aber vielleicht gibt es Leute im außenpolitischen Sumpf Washingtons, die ja genau das wollen. Weil ein richtiger Krieg mit echter Beteiligung der USA die Wahlen noch einmal kippen könnte – vorausgesetzt, man tauscht die Gallionsfiguren. Mit Russland, soviel haben sie begriffen, wäre das keine gute Idee, aber vielleicht kann man doch noch mit China.
So sähe dafür ein mögliches Drehbuch aus: Pelosi fliegt nach Taiwan, die chinesische Luftverteidigung eskortiert Pelosi tatsächlich mit mehreren Kampfjets, die taiwanesische Luftabwehr beschießt sie, Pelosi kommt tragischerweise dabei ums Leben, die USA schicken eine Flugzeugträgergruppe und die chinesische Armee übernimmt Taiwan. Das Schicksal der Flugzeugträgergruppe kann man sich ausmalen. Damit befänden sich die USA im Kriegszustand und die Loyalität der US-Wähler wäre wieder gesichert.
Zynisch? Wenn man sich die Kriegsführung der ukrainischen Armee ansieht, die ihre Anweisungen aus Washington erhält, gibt es für diesen Zynismus keine Grenzen. Menschenleben haben für diese Spieler keinen Wert. Warum soll man nicht ein paar zehntausend Soldaten von Taiwan opfern, wenn man selbst mit hunderttausend Ukrainern kein Problem hat?
Auch der Zeitpunkt von Pelosis Reise würde gut passen. Anfang November sind die Wahlen, bis dahin müsste die ganze Inszenierung durch sein. Ein Rätsel ist mir nur, wie Kamala Harris entsorgt werden kann. Aber das ist zum Glück nicht mein Problem.
Eine Auseinandersetzung mit China wäre fast das einzige gezielt herbeizuführende Ereignis, das groß genug wäre, um tatsächlich wirksam vom Debakel in der Ukraine abzulenken. Eine Mehrheit im US-Establishment wäre bei diesem Vorgehen gesichert, und wenn man sich den europäischen Trupp betrachtet, die würden sicherlich auch dabei brav hinterherdackeln und die letzten Optionen auf einen für den Westen nicht katastrophalen Ausgang verbrennen. Denn die Folgen der Sanktionen gegen Russland werden angenehm und harmlos erscheinen im Vergleich zu einem Krieg mit China, auf welcher Ebene auch immer. Rezession, selbst eine Weltwirtschaftskrise wären dann Begriffe, die die Wirklichkeit nur noch ansatzweise zu fassen vermögen.
Aber die Spitze der Demokratischen Partei in den USA hätte ihre Position fürs erste gesichert. Man soll auch für kleine Dinge dankbar sein, Herr Scholz. Allerdings, wenn ich Nancy Pelosi wäre, würde ich nicht in dieses Flugzeug steigen. Außer, sie legt Wert auf ein pathosschwangeres Staatsbegräbnis und die immerwährende Spitzenposition auf der Liste "Suicide by cop".
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